Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.Sagen, dass er aus einem Adlernest dem Salomo zugekommen sei, und dieser, der ihn im Siegelring trug, mit seiner Hülfe sich das Verständniss aller Dinge erwarb und die Dämonen sich dienstbar machte; auch sei auf diesem Steine der Grundriss des Tempels erschienen.1) - In noch nähere Beziehung traten der maurerische salomonische Tempel und der Graltempel dadurch, dass in beiden Sagenkreisen der Mensch einem Tempel Gottes verglichen, - durch Aufnahme Gottes, d. h. des göttlichen Lebens und Strebens, der Mensch selbst zu einem Tempel Gottes wird, - der Mensch durch die höchste Reinheit und Tugend sich zur würdigen Wohnung, zum Tempel oder zur Wohnung Gottes vorbereiten und einrichten musste, wenn er wirklich in dem Abendmahle den Leib Christi essen und sein Blut trinken sollte. Wie die Aufnahme unter die Gralsritter oder Templeisen bedingt war durch die Sittenreinheit und das siegreiche Kämpfen gegen alle irdische Neigungen und Genüsse, ebenso isst den Leib des Herrn und trinkt sein Blut, wird zur Wohnung, zum gotterfüllten Tempel Gottes, nur wer göttlich denkt, redet und thut.2) Die Gralssage sagt: "Willst du die rechte Weisheit haben, so sei wie ein Chor im Tempel Gottes, darinnen zehn Balsamlichter brennen, das Bild der zehn Gebote. - Der Tempel hat drei Pforten, mannichfach und reich verziert: die eine ist der rechte Glaube, die andere die Keuschheit, die dritte die Demuth mit der wahren Liebe." An den Kelch und die Schlange des ewigen Lebens reiht sich am Himmel nachbarlich an, die Jungfrau, die jungfräuliche oder unverletzliche, die keusche Gerechtigkeit und die suum cuique zuwägende Waage (virgo libraque, wie es in dem bekannten, die 12 Sternbilder aufzählenden Verse der Jesuiten heisst).3) Die Gerechtigkeit ist die genaue Waage selbst und gewogen, gerecht gerichtet wird, was der Mensch gethan und gesäet hat. Deshalb 1) Lang, S. 103; oben S. 37 (die Karlssage). 2) Vergl. Lang, S. 262. 3) Vergl. Goeschel, zerstreute Blätter aus den Hand- und Hülfsacten eines Juristen, II., (Schleusingen 1835) S. 386 ff.
Sagen, dass er aus einem Adlernest dem Salomo zugekommen sei, und dieser, der ihn im Siegelring trug, mit seiner Hülfe sich das Verständniss aller Dinge erwarb und die Dämonen sich dienstbar machte; auch sei auf diesem Steine der Grundriss des Tempels erschienen.1) – In noch nähere Beziehung traten der maurerische salomonische Tempel und der Graltempel dadurch, dass in beiden Sagenkreisen der Mensch einem Tempel Gottes verglichen, – durch Aufnahme Gottes, d. h. des göttlichen Lebens und Strebens, der Mensch selbst zu einem Tempel Gottes wird, – der Mensch durch die höchste Reinheit und Tugend sich zur würdigen Wohnung, zum Tempel oder zur Wohnung Gottes vorbereiten und einrichten musste, wenn er wirklich in dem Abendmahle den Leib Christi essen und sein Blut trinken sollte. Wie die Aufnahme unter die Gralsritter oder Templeisen bedingt war durch die Sittenreinheit und das siegreiche Kämpfen gegen alle irdische Neigungen und Genüsse, ebenso isst den Leib des Herrn und trinkt sein Blut, wird zur Wohnung, zum gotterfüllten Tempel Gottes, nur wer göttlich denkt, redet und thut.2) Die Gralssage sagt: „Willst du die rechte Weisheit haben, so sei wie ein Chor im Tempel Gottes, darinnen zehn Balsamlichter brennen, das Bild der zehn Gebote. – Der Tempel hat drei Pforten, mannichfach und reich verziert: die eine ist der rechte Glaube, die andere die Keuschheit, die dritte die Demuth mit der wahren Liebe.“ An den Kelch und die Schlange des ewigen Lebens reiht sich am Himmel nachbarlich an, die Jungfrau, die jungfräuliche oder unverletzliche, die keusche Gerechtigkeit und die suum cuique zuwägende Waage (virgo libraque, wie es in dem bekannten, die 12 Sternbilder aufzählenden Verse der Jesuiten heisst).3) Die Gerechtigkeit ist die genaue Waage selbst und gewogen, gerecht gerichtet wird, was der Mensch gethan und gesäet hat. Deshalb 1) Lang, S. 103; oben S. 37 (die Karlssage). 2) Vergl. Lang, S. 262. 3) Vergl. Goeschel, zerstreute Blätter aus den Hand- und Hülfsacten eines Juristen, II., (Schleusingen 1835) S. 386 ff.
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Sagen, dass er aus einem Adlernest dem Salomo zugekommen sei, und dieser, der ihn im Siegelring trug, mit seiner Hülfe sich das Verständniss aller Dinge erwarb und die Dämonen sich dienstbar machte; auch sei auf diesem Steine der Grundriss des Tempels erschienen. 1) – In noch nähere Beziehung traten der maurerische salomonische Tempel und der Graltempel dadurch, dass in beiden Sagenkreisen der Mensch einem Tempel Gottes verglichen, – durch Aufnahme Gottes, d. h. des göttlichen Lebens und Strebens, der Mensch selbst zu einem Tempel Gottes wird, – der Mensch durch die höchste Reinheit und Tugend sich zur würdigen Wohnung, zum Tempel oder zur Wohnung Gottes vorbereiten und einrichten musste, wenn er wirklich in dem Abendmahle den Leib Christi essen und sein Blut trinken sollte. Wie die Aufnahme unter die Gralsritter oder Templeisen bedingt war durch die Sittenreinheit und das siegreiche Kämpfen gegen alle irdische Neigungen und Genüsse, ebenso isst den Leib des Herrn und trinkt sein Blut, wird zur Wohnung, zum gotterfüllten Tempel Gottes, nur wer göttlich denkt, redet und thut. 2) Die Gralssage sagt: „Willst du die rechte Weisheit haben, so sei wie ein Chor im Tempel Gottes, darinnen zehn Balsamlichter brennen, das Bild der zehn Gebote. – Der Tempel hat drei Pforten, mannichfach und reich verziert: die eine ist der rechte Glaube, die andere die Keuschheit, die dritte die Demuth mit der wahren Liebe.“
An den Kelch und die Schlange des ewigen Lebens reiht sich am Himmel nachbarlich an, die Jungfrau, die jungfräuliche oder unverletzliche, die keusche Gerechtigkeit und die suum cuique zuwägende Waage (virgo libraque, wie es in dem bekannten, die 12 Sternbilder aufzählenden Verse der Jesuiten heisst). 3) Die Gerechtigkeit ist die genaue Waage selbst und gewogen, gerecht gerichtet wird, was der Mensch gethan und gesäet hat. Deshalb
1) Lang, S. 103; oben S. 37 (die Karlssage).
2) Vergl. Lang, S. 262.
3) Vergl. Goeschel, zerstreute Blätter aus den Hand- und Hülfsacten eines Juristen, II., (Schleusingen 1835) S. 386 ff.
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