Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.zunft und einer aus der Bäckerzunft aufgenommen werden sollten.1) - Auch gibt in bischöflichen Städten sich zuweilen, wie z. B. zu Osnabrüek,2) die von der Gewalt des Bischofs und des Stiftes losringende und nach Einrichtung eines eigenen städtischen Wesens strebende Bürgerschaft dadurch zu erkennen, dass sie sich ihre eigene Kirche (ecclesia forensis) neben den bischöflichen oder Stiftskirchen, an Glanz zugleich mit diesen wetteifernd, erbaute. Schon im 12ten Jahrh. begann die Bürgerschaft auf dem Marktplatze zu Osnabrück den erst romanischen und dann unter den Einflüssen des von Cöln aus wirkenden Kunstgeistes gothisch umgewandelten Bau der Marienkirche, so dass sie das freie städtische Gemeinwesen und das Langhaus ihrer gothischen Kirche im Anfange des 14ten Jahrh. gleichmässig und gleichzeitig vollendete. Rechnet man noch die damit Hand in Hand gehende Befestigung der Stadt und die Wehrhaftmachung der Bürgerschaft hinzu, wie die Bürgerschaft zu Osnabrück im J. 1280 von Kaiser Rudolf I. ein Privilegium de munienda civitate erhielt, entwirft sich das lebendigste und klarste Bild von der Verbindung, in welche die Städte und die Baukunst besonders seit dem 13ten Jahrh. traten. Osnabrück schloss sich in derselben Zeit höchst wahrscheinlich dem kölnischen Städtebund (Hansa) und der kölnischen Kunst an; das politische Band wurde oft zugleich zum künstlerischen. Der gothische Chor der Marienkirche zu Osnabrück gehört dem Anfange des 15ten Jahrh., der Zeit noch höherer Blüthe der mächtigen Stadt an. Auch Sybel, Entstehung des deutschen Königthums, Frankfurt a. M. 1844, S. 157 ff., anerkennt bezüglich der Ausbildung monarchischer Verfassungen bei den Westgothen, Franken und Angelsachsen in den vormals römischen Provinzen, dass, sobald diese Völkerstämme die Idee, das Bild, die Vorstellung des Staates gefasst hatten und dessen Einrichtung oder Nachahmung versuchten, Alles nothwendig ein römisches Gepräge zuerst er- 1) Danz, V. S. 48. 2) Abeken, die St. Marienkirche zu Osnabrück, Osnabrück 1842, und derselbe im Tüb. Kunstblatt für 1843, Nr. 17 ff.
zunft und einer aus der Bäckerzunft aufgenommen werden sollten.1) – Auch gibt in bischöflichen Städten sich zuweilen, wie z. B. zu Osnabrüek,2) die von der Gewalt des Bischofs und des Stiftes losringende und nach Einrichtung eines eigenen städtischen Wesens strebende Bürgerschaft dadurch zu erkennen, dass sie sich ihre eigene Kirche (ecclesia forensis) neben den bischöflichen oder Stiftskirchen, an Glanz zugleich mit diesen wetteifernd, erbaute. Schon im 12ten Jahrh. begann die Bürgerschaft auf dem Marktplatze zu Osnabrück den erst romanischen und dann unter den Einflüssen des von Cöln aus wirkenden Kunstgeistes gothisch umgewandelten Bau der Marienkirche, so dass sie das freie städtische Gemeinwesen und das Langhaus ihrer gothischen Kirche im Anfange des 14ten Jahrh. gleichmässig und gleichzeitig vollendete. Rechnet man noch die damit Hand in Hand gehende Befestigung der Stadt und die Wehrhaftmachung der Bürgerschaft hinzu, wie die Bürgerschaft zu Osnabrück im J. 1280 von Kaiser Rudolf I. ein Privilegium de munienda civitate erhielt, entwirft sich das lebendigste und klarste Bild von der Verbindung, in welche die Städte und die Baukunst besonders seit dem 13ten Jahrh. traten. Osnabrück schloss sich in derselben Zeit höchst wahrscheinlich dem kölnischen Städtebund (Hansa) und der kölnischen Kunst an; das politische Band wurde oft zugleich zum künstlerischen. Der gothische Chor der Marienkirche zu Osnabrück gehört dem Anfange des 15ten Jahrh., der Zeit noch höherer Blüthe der mächtigen Stadt an. Auch Sybel, Entstehung des deutschen Königthums, Frankfurt a. M. 1844, S. 157 ff., anerkennt bezüglich der Ausbildung monarchischer Verfassungen bei den Westgothen, Franken und Angelsachsen in den vormals römischen Provinzen, dass, sobald diese Völkerstämme die Idee, das Bild, die Vorstellung des Staates gefasst hatten und dessen Einrichtung oder Nachahmung versuchten, Alles nothwendig ein römisches Gepräge zuerst er- 1) Danz, V. S. 48. 2) Abeken, die St. Marienkirche zu Osnabrück, Osnabrück 1842, und derselbe im Tüb. Kunstblatt für 1843, Nr. 17 ff.
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zunft und einer aus der Bäckerzunft aufgenommen werden sollten. 1) – Auch gibt in bischöflichen Städten sich zuweilen, wie z. B. zu Osnabrüek, 2) die von der Gewalt des Bischofs und des Stiftes losringende und nach Einrichtung eines eigenen städtischen Wesens strebende Bürgerschaft dadurch zu erkennen, dass sie sich ihre eigene Kirche (ecclesia forensis) neben den bischöflichen oder Stiftskirchen, an Glanz zugleich mit diesen wetteifernd, erbaute. Schon im 12ten Jahrh. begann die Bürgerschaft auf dem Marktplatze zu Osnabrück den erst romanischen und dann unter den Einflüssen des von Cöln aus wirkenden Kunstgeistes gothisch umgewandelten Bau der Marienkirche, so dass sie das freie städtische Gemeinwesen und das Langhaus ihrer gothischen Kirche im Anfange des 14ten Jahrh. gleichmässig und gleichzeitig vollendete. Rechnet man noch die damit Hand in Hand gehende Befestigung der Stadt und die Wehrhaftmachung der Bürgerschaft hinzu, wie die Bürgerschaft zu Osnabrück im J. 1280 von Kaiser Rudolf I. ein Privilegium de munienda civitate erhielt, entwirft sich das lebendigste und klarste Bild von der Verbindung, in welche die Städte und die Baukunst besonders seit dem 13ten Jahrh. traten. Osnabrück schloss sich in derselben Zeit höchst wahrscheinlich dem kölnischen Städtebund (Hansa) und der kölnischen Kunst an; das politische Band wurde oft zugleich zum künstlerischen. Der gothische Chor der Marienkirche zu Osnabrück gehört dem Anfange des 15ten Jahrh., der Zeit noch höherer Blüthe der mächtigen Stadt an.
Auch Sybel, Entstehung des deutschen Königthums, Frankfurt a. M. 1844, S. 157 ff., anerkennt bezüglich der Ausbildung monarchischer Verfassungen bei den Westgothen, Franken und Angelsachsen in den vormals römischen Provinzen, dass, sobald diese Völkerstämme die Idee, das Bild, die Vorstellung des Staates gefasst hatten und dessen Einrichtung oder Nachahmung versuchten, Alles nothwendig ein römisches Gepräge zuerst er-
1) Danz, V. S. 48.
2) Abeken, die St. Marienkirche zu Osnabrück, Osnabrück 1842, und derselbe im Tüb. Kunstblatt für 1843, Nr. 17 ff.
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Zitationshilfe: | Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/508>, abgerufen am 16.07.2024. |