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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

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bactos clientesque habet." Die Ambacti und Clientes sind keine eigentliche servi oder ministri, wie Kraner zu dieser Stelle meint, denn sonst würde Cäsar sie also und nicht Ambacti und Clientes genannt haben; gerade, dass Cäsar die Benennung servi oder ministri vermeidet, beweist ihre Unzulässigkeit. Es war wohl zunächst eine freie Genossenschaft, eine freiwillige Gefolgenschaft, ein Bund, eine blosse Clientschaft, welche die Gallier ambactos nannten. wie auch Grimm im Wörterbuch, I. S. 280, es auffasst und vor ihm besonders Marchantius und Besold, I. S. 35, Nr. 55, auffassten. Cäsar berichtet, VI. 12, vor seiner Ankunft in Gallien haben die Haedui das grösste Ansehen (summam auctoritatem) besessen, magnae eorum erant clientelae, Germanos atque Ariovistum sibi adjunxerunt eosque ad se magnis jacturis pollicitationibusque perduxerant. Die Sequaner zwangen aber die Anhänger der Haeduer, das Bündniss und die Freundschaft aufzugeben und ihnen Treue zu schwören und durch Geisseln zu verbürgen. Aber dennoch war es kein Unterthanenverhältniss, weshalb Cäsar wohl überlegt nur sag: ut magnain partem clientium ab Haeduis ad se traducerent. Hiermit ist zugleich das halb gezwungene, halb freiwillige Verhältniss der Handwerksverbindungen bezeichnet; in ihren besseren Zeiten wählten sie (die Aemter) ihre Beamten, ihre Meister, ihre Vierer (da bei den grössern Zünften gewöhnlich 4 Obermeister sind) selbst.1) Da Amt auch die Verwaltung des Gottesdienstes, besonders die Messe genannt wurde2) und amten auch gleichbedeutend ist mit dem Singen des Hochamtes,3) könnte die Benennung der Zünfte als Aemter auch eine gewisse Beziehung auf ihren gemeinsamen Gottesdienst haben und gleichbedeutend mit Bruderschaft sein; indessen ist in den Aemtern wohl mehr die dienstliche, die hofrechtliche Seite festgehalten und die Aemter waren ursprünglieber die zum Hofdienste verpflichteten Handwerksgenossen-

1) Ortloff, Recht der Handwerker, §. 19.
2) Benecke, mhd. Wörterb., unter ambahte; Grimm, Wörterbuch, unter Amt.
3) Schmid, schwäb. Wörterb., unter amten.

bactos clientesque habet.“ Die Ambacti und Clientes sind keine eigentliche servi oder ministri, wie Kraner zu dieser Stelle meint, denn sonst würde Cäsar sie also und nicht Ambacti und Clientes genannt haben; gerade, dass Cäsar die Benennung servi oder ministri vermeidet, beweist ihre Unzulässigkeit. Es war wohl zunächst eine freie Genossenschaft, eine freiwillige Gefolgenschaft, ein Bund, eine blosse Clientschaft, welche die Gallier ambactos nannten. wie auch Grimm im Wörterbuch, I. S. 280, es auffasst und vor ihm besonders Marchantius und Besold, I. S. 35, Nr. 55, auffassten. Cäsar berichtet, VI. 12, vor seiner Ankunft in Gallien haben die Haedui das grösste Ansehen (summam auctoritatem) besessen, magnae eorum erant clientelae, Germanos atque Ariovistum sibi adjunxerunt eosque ad se magnis jacturis pollicitationibusque perduxerant. Die Sequaner zwangen aber die Anhänger der Haeduer, das Bündniss und die Freundschaft aufzugeben und ihnen Treue zu schwören und durch Geisseln zu verbürgen. Aber dennoch war es kein Unterthanenverhältniss, weshalb Cäsar wohl überlegt nur sag: ut magnain partem clientium ab Haeduis ad se traducerent. Hiermit ist zugleich das halb gezwungene, halb freiwillige Verhältniss der Handwerksverbindungen bezeichnet; in ihren besseren Zeiten wählten sie (die Aemter) ihre Beamten, ihre Meister, ihre Vierer (da bei den grössern Zünften gewöhnlich 4 Obermeister sind) selbst.1) Da Amt auch die Verwaltung des Gottesdienstes, besonders die Messe genannt wurde2) und amten auch gleichbedeutend ist mit dem Singen des Hochamtes,3) könnte die Benennung der Zünfte als Aemter auch eine gewisse Beziehung auf ihren gemeinsamen Gottesdienst haben und gleichbedeutend mit Bruderschaft sein; indessen ist in den Aemtern wohl mehr die dienstliche, die hofrechtliche Seite festgehalten und die Aemter waren ursprünglieber die zum Hofdienste verpflichteten Handwerksgenossen-

1) Ortloff, Recht der Handwerker, §. 19.
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[483/0503] bactos clientesque habet.“ Die Ambacti und Clientes sind keine eigentliche servi oder ministri, wie Kraner zu dieser Stelle meint, denn sonst würde Cäsar sie also und nicht Ambacti und Clientes genannt haben; gerade, dass Cäsar die Benennung servi oder ministri vermeidet, beweist ihre Unzulässigkeit. Es war wohl zunächst eine freie Genossenschaft, eine freiwillige Gefolgenschaft, ein Bund, eine blosse Clientschaft, welche die Gallier ambactos nannten. wie auch Grimm im Wörterbuch, I. S. 280, es auffasst und vor ihm besonders Marchantius und Besold, I. S. 35, Nr. 55, auffassten. Cäsar berichtet, VI. 12, vor seiner Ankunft in Gallien haben die Haedui das grösste Ansehen (summam auctoritatem) besessen, magnae eorum erant clientelae, Germanos atque Ariovistum sibi adjunxerunt eosque ad se magnis jacturis pollicitationibusque perduxerant. Die Sequaner zwangen aber die Anhänger der Haeduer, das Bündniss und die Freundschaft aufzugeben und ihnen Treue zu schwören und durch Geisseln zu verbürgen. Aber dennoch war es kein Unterthanenverhältniss, weshalb Cäsar wohl überlegt nur sag: ut magnain partem clientium ab Haeduis ad se traducerent. Hiermit ist zugleich das halb gezwungene, halb freiwillige Verhältniss der Handwerksverbindungen bezeichnet; in ihren besseren Zeiten wählten sie (die Aemter) ihre Beamten, ihre Meister, ihre Vierer (da bei den grössern Zünften gewöhnlich 4 Obermeister sind) selbst. 1) Da Amt auch die Verwaltung des Gottesdienstes, besonders die Messe genannt wurde 2) und amten auch gleichbedeutend ist mit dem Singen des Hochamtes, 3) könnte die Benennung der Zünfte als Aemter auch eine gewisse Beziehung auf ihren gemeinsamen Gottesdienst haben und gleichbedeutend mit Bruderschaft sein; indessen ist in den Aemtern wohl mehr die dienstliche, die hofrechtliche Seite festgehalten und die Aemter waren ursprünglieber die zum Hofdienste verpflichteten Handwerksgenossen- 1) Ortloff, Recht der Handwerker, §. 19. 2) Benecke, mhd. Wörterb., unter ambahte; Grimm, Wörterbuch, unter Amt. 3) Schmid, schwäb. Wörterb., unter amten.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/503>, abgerufen am 22.11.2024.