Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

beiten und zu kämpfen.1) Absehend von allen etwa noch zu erhebenden Einwendungen, möchte wesentlich gegen den Manichäismus einzuwenden sein, dass er mit der menschlichen Natur und menschlichen Bestimmung im Widerspruche stehe, und im Grunde nur mit der Vernichtung des menschlichen Geschlechtes und dieser Welt durchgeführt werden könnte. Die strenge Lehre Manei's verbietet die Tödtung und Beschädigung eines jeden lebenden Wesens wegen der darin enthaltenen Lichttheile und ebenso die Erzeugung und Vermehrung der Lichtwesen, damit das in der Welt vorhandene Licht nicht noch mehr getheilt und der Materie, dem Satan eine grössere Herrschaft werde; aber dieses Gebot vermag der Mensch allein durch die Vernichtung seiner selbst und seines Geschlechtes zu erfüllen. Dass nach einer Stelle in den Acta disputationis (bei Flügel, S. 288) nur 7 Auserwählte, septem electi, welche zugleich an die 7 Erzengel der Iezidis erinnern,2) gewesen sein sollen, ist gewiss dahin zu verstehen, dass unter den Eingeweihten von einem obersten Siebenercollegium, von 7 Priesterfürsten oder Auserwählten, von 7 Höchstgeweihten,3) die Herrschaft und Leitung geführt worden sei, wie überhaupt die Drei-, Fünf- und Siebenzahl, so wie die Vier- und Zwölfzahl in den verschiedensten Anwendungen bei den Manichäern vorkommen. Auch Athen hatte ein Collegium von 7 Nomophylakes oder Gesetzeswächtern.4) In einer Höhle an der äussersten deutschen Meeresküste schlafen 7 Männer mit unversehrten Kleidern und nicht verwesendem Leibe, welche der Tracht nach Römer zu sein scheinen; dereinst sollen sie vielleicht auferstehen und den heidnischen Völkern die heilige Lehre verkünden.5) Auch ist die aus Indien stammende Geschichte von den 7 weisen Meistern hier zu berühren, welche in fast alle orientalischen Sprachen übersetzt ist. Eine griechische Bearbeitung gehört dem 11ten Jahrh. an, eine

1) Flügel, S, 285, Anm. 215 und 216.
2) Meissner, Layard's populärer Bericht, S. 129.
3) Vergl. Symbolik, II. S. 397 ff.
4) Schoemann, I. S. 143.
5) Grimm, deutsche Sagen, II. Nr. 392.

beiten und zu kämpfen.1) Absehend von allen etwa noch zu erhebenden Einwendungen, möchte wesentlich gegen den Manichäismus einzuwenden sein, dass er mit der menschlichen Natur und menschlichen Bestimmung im Widerspruche stehe, und im Grunde nur mit der Vernichtung des menschlichen Geschlechtes und dieser Welt durchgeführt werden könnte. Die strenge Lehre Mânî’s verbietet die Tödtung und Beschädigung eines jeden lebenden Wesens wegen der darin enthaltenen Lichttheile und ebenso die Erzeugung und Vermehrung der Lichtwesen, damit das in der Welt vorhandene Licht nicht noch mehr getheilt und der Materie, dem Satan eine grössere Herrschaft werde; aber dieses Gebot vermag der Mensch allein durch die Vernichtung seiner selbst und seines Geschlechtes zu erfüllen. Dass nach einer Stelle in den Acta disputationis (bei Flügel, S. 288) nur 7 Auserwählte, septem electi, welche zugleich an die 7 Erzengel der Iezidis erinnern,2) gewesen sein sollen, ist gewiss dahin zu verstehen, dass unter den Eingeweihten von einem obersten Siebenercollegium, von 7 Priesterfürsten oder Auserwählten, von 7 Höchstgeweihten,3) die Herrschaft und Leitung geführt worden sei, wie überhaupt die Drei-, Fünf- und Siebenzahl, so wie die Vier- und Zwölfzahl in den verschiedensten Anwendungen bei den Manichäern vorkommen. Auch Athen hatte ein Collegium von 7 Nomophylakes oder Gesetzeswächtern.4) In einer Höhle an der äussersten deutschen Meeresküste schlafen 7 Männer mit unversehrten Kleidern und nicht verwesendem Leibe, welche der Tracht nach Römer zu sein scheinen; dereinst sollen sie vielleicht auferstehen und den heidnischen Völkern die heilige Lehre verkünden.5) Auch ist die aus Indien stammende Geschichte von den 7 weisen Meistern hier zu berühren, welche in fast alle orientalischen Sprachen übersetzt ist. Eine griechische Bearbeitung gehört dem 11ten Jahrh. an, eine

1) Flügel, S, 285, Anm. 215 und 216.
2) Meissner, Layard’s populärer Bericht, S. 129.
3) Vergl. Symbolik, II. S. 397 ff.
4) Schoemann, I. S. 143.
5) Grimm, deutsche Sagen, II. Nr. 392.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0401" n="381"/>
beiten und zu kämpfen.<note place="foot" n="1)">Flügel, S, 285, Anm. 215 und 216.<lb/></note> Absehend von allen etwa noch zu erhebenden Einwendungen, möchte wesentlich gegen den Manichäismus einzuwenden sein, dass er mit der menschlichen Natur und menschlichen Bestimmung im Widerspruche stehe, und im Grunde nur mit der Vernichtung des menschlichen Geschlechtes und dieser Welt durchgeführt werden könnte. Die strenge Lehre Mânî&#x2019;s verbietet die Tödtung und Beschädigung eines jeden lebenden Wesens wegen der darin enthaltenen Lichttheile und ebenso die Erzeugung und Vermehrung der Lichtwesen, damit das in der Welt vorhandene Licht nicht noch mehr getheilt und der Materie, dem Satan eine grössere Herrschaft werde; aber dieses Gebot vermag der Mensch allein durch die Vernichtung seiner selbst und seines Geschlechtes zu erfüllen. Dass nach einer Stelle in den Acta disputationis (bei Flügel, S. 288) nur 7 Auserwählte, septem electi, welche zugleich an die 7 Erzengel der Iezidis erinnern,<note place="foot" n="2)">Meissner, Layard&#x2019;s populärer Bericht, S. 129.<lb/></note> gewesen sein sollen, ist gewiss dahin zu verstehen, dass <hi rendition="#g">unter den Eingeweihten</hi> von einem obersten Siebenercollegium, von 7 Priesterfürsten oder Auserwählten, von 7 Höchstgeweihten,<note place="foot" n="3)">Vergl. Symbolik, II. S. 397 ff.<lb/></note> die Herrschaft und Leitung geführt worden sei, wie überhaupt die Drei-, Fünf- und Siebenzahl, so wie die Vier- und Zwölfzahl in den verschiedensten Anwendungen bei den Manichäern vorkommen. Auch Athen hatte ein Collegium von 7 Nomophylakes oder Gesetzeswächtern.<note place="foot" n="4)">Schoemann, I. S. 143.<lb/></note> In einer Höhle an der äussersten deutschen Meeresküste schlafen 7 Männer mit unversehrten Kleidern und nicht verwesendem Leibe, welche der Tracht nach Römer zu sein scheinen; dereinst sollen sie vielleicht auferstehen und den heidnischen Völkern die heilige Lehre verkünden.<note place="foot" n="5)">Grimm, deutsche Sagen, II. Nr. 392.</note> Auch ist die aus Indien stammende Geschichte von den 7 weisen Meistern hier zu berühren, welche in fast alle orientalischen Sprachen übersetzt ist. Eine griechische Bearbeitung gehört dem 11ten Jahrh. an, eine
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[381/0401] beiten und zu kämpfen. 1) Absehend von allen etwa noch zu erhebenden Einwendungen, möchte wesentlich gegen den Manichäismus einzuwenden sein, dass er mit der menschlichen Natur und menschlichen Bestimmung im Widerspruche stehe, und im Grunde nur mit der Vernichtung des menschlichen Geschlechtes und dieser Welt durchgeführt werden könnte. Die strenge Lehre Mânî’s verbietet die Tödtung und Beschädigung eines jeden lebenden Wesens wegen der darin enthaltenen Lichttheile und ebenso die Erzeugung und Vermehrung der Lichtwesen, damit das in der Welt vorhandene Licht nicht noch mehr getheilt und der Materie, dem Satan eine grössere Herrschaft werde; aber dieses Gebot vermag der Mensch allein durch die Vernichtung seiner selbst und seines Geschlechtes zu erfüllen. Dass nach einer Stelle in den Acta disputationis (bei Flügel, S. 288) nur 7 Auserwählte, septem electi, welche zugleich an die 7 Erzengel der Iezidis erinnern, 2) gewesen sein sollen, ist gewiss dahin zu verstehen, dass unter den Eingeweihten von einem obersten Siebenercollegium, von 7 Priesterfürsten oder Auserwählten, von 7 Höchstgeweihten, 3) die Herrschaft und Leitung geführt worden sei, wie überhaupt die Drei-, Fünf- und Siebenzahl, so wie die Vier- und Zwölfzahl in den verschiedensten Anwendungen bei den Manichäern vorkommen. Auch Athen hatte ein Collegium von 7 Nomophylakes oder Gesetzeswächtern. 4) In einer Höhle an der äussersten deutschen Meeresküste schlafen 7 Männer mit unversehrten Kleidern und nicht verwesendem Leibe, welche der Tracht nach Römer zu sein scheinen; dereinst sollen sie vielleicht auferstehen und den heidnischen Völkern die heilige Lehre verkünden. 5) Auch ist die aus Indien stammende Geschichte von den 7 weisen Meistern hier zu berühren, welche in fast alle orientalischen Sprachen übersetzt ist. Eine griechische Bearbeitung gehört dem 11ten Jahrh. an, eine 1) Flügel, S, 285, Anm. 215 und 216. 2) Meissner, Layard’s populärer Bericht, S. 129. 3) Vergl. Symbolik, II. S. 397 ff. 4) Schoemann, I. S. 143. 5) Grimm, deutsche Sagen, II. Nr. 392.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/401
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/401>, abgerufen am 23.11.2024.