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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

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Arbeiten annahm, wo er zu arbeiten fand. Er hielt sich selbst zu dieser Gesellschaft, half neue Arbeiter aufnehmen, sorgte, dass sie immer viel Arbeit hatten, und war der Erste in Britannien, der dieses that. Sein Tod musste für die Gesellschaft betrübt sein; denn da der Kaiser erfahren hatte, dass er heimlich ein Christ geworden war, wurde er, wie Johannes, als Bekenner der Wahrheit hingerichtet, und wurde so der erste Märtyrer in Britannien, wie Jener der Erste unter den Christen. Die Verfolgung nahm überhand und die Kunst lag nun darnieder, bis der Kaiser Constantius ihr wieder emporhalf, und unter seinem Sohne, dem Kaiser Constantinus, die christliche Religion aufblühete; wo dann einige Gotteshäuser und grosse Gebäude nach der römischen Baukunst aufgebauet wurden." - Beim unbefangenen und ersten Ueberlesen dieser und anderer Stellen kann allerdings nicht in Widerspruch gesetzt werden, dass die ganze Haltung und Fassung der Stelle sehr moderne Anklänge1) habe und fast allzu auffallend die römischen Einrichtungen in Britannien am Ende des 3ten Jahrh. den Einrichtungen des 17ten und 18ten Jahrh. gleichstelle, so dass die Zweifel des Br. Kloss an der Aechtheit der Yorker Urkunde in der vorliegenden Gestalt keine leichtsinnige und unverzeihlich waren: aber den Zweifeln steht wohl überwiegend entgegen, dass jedenfalls die Urkunde nicht von den Bauleuten, sondern für sie und nach ihren mündlichen Mittheilungen von einem gebildeten und im Style gewandten Geistlichen verfaset ist, da im J. 926 die Schreibkunst und die eigentliche Gelehrtenschrift sich noch im ausschliesslichen Besitze der Geistlichen befand. Wenigstens die spätern Bauhütten hatten einen eigenen Geistlichen, Caplan, zur Besorung ihres Gottesdienstes und ihrer Schreibereien. Sodann könnte auch die ursprüngliche Urkunde im Laufe der Jahrhunderte mit den Zeiten überarbeitet und erweitert worden sein. Die Yorker Urkunde oder auch die Yorker Urkunden, Urkunden ganz gleich-

1) Dahin gehört besonders auch die augustische Baukunst, der augustische Styl der Yorker Urkunde (vergl. Krause, II. 1. S. 81), welche Vitruvius wieder eingeführt haben soll.

Arbeiten annahm, wo er zu arbeiten fand. Er hielt sich selbst zu dieser Gesellschaft, half neue Arbeiter aufnehmen, sorgte, dass sie immer viel Arbeit hatten, und war der Erste in Britannien, der dieses that. Sein Tod musste für die Gesellschaft betrübt sein; denn da der Kaiser erfahren hatte, dass er heimlich ein Christ geworden war, wurde er, wie Johannes, als Bekenner der Wahrheit hingerichtet, und wurde so der erste Märtyrer in Britannien, wie Jener der Erste unter den Christen. Die Verfolgung nahm überhand und die Kunst lag nun darnieder, bis der Kaiser Constantius ihr wieder emporhalf, und unter seinem Sohne, dem Kaiser Constantinus, die christliche Religion aufblühete; wo dann einige Gotteshäuser und grosse Gebäude nach der römischen Baukunst aufgebauet wurden.“ – Beim unbefangenen und ersten Ueberlesen dieser und anderer Stellen kann allerdings nicht in Widerspruch gesetzt werden, dass die ganze Haltung und Fassung der Stelle sehr moderne Anklänge1) habe und fast allzu auffallend die römischen Einrichtungen in Britannien am Ende des 3ten Jahrh. den Einrichtungen des 17ten und 18ten Jahrh. gleichstelle, so dass die Zweifel des Br. Kloss an der Aechtheit der Yorker Urkunde in der vorliegenden Gestalt keine leichtsinnige und unverzeihlich waren: aber den Zweifeln steht wohl überwiegend entgegen, dass jedenfalls die Urkunde nicht von den Bauleuten, sondern für sie und nach ihren mündlichen Mittheilungen von einem gebildeten und im Style gewandten Geistlichen verfaset ist, da im J. 926 die Schreibkunst und die eigentliche Gelehrtenschrift sich noch im ausschliesslichen Besitze der Geistlichen befand. Wenigstens die spätern Bauhütten hatten einen eigenen Geistlichen, Caplan, zur Besorung ihres Gottesdienstes und ihrer Schreibereien. Sodann könnte auch die ursprüngliche Urkunde im Laufe der Jahrhunderte mit den Zeiten überarbeitet und erweitert worden sein. Die Yorker Urkunde oder auch die Yorker Urkunden, Urkunden ganz gleich-

1) Dahin gehört besonders auch die augustische Baukunst, der augustische Styl der Yorker Urkunde (vergl. Krause, II. 1. S. 81), welche Vitruvius wieder eingeführt haben soll.
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Arbeiten annahm, wo er zu arbeiten fand. Er hielt sich selbst zu dieser Gesellschaft, half neue Arbeiter aufnehmen, sorgte, dass sie immer viel Arbeit hatten, und war der Erste in Britannien, der dieses that. Sein Tod musste für die Gesellschaft betrübt sein; denn da der Kaiser erfahren hatte, dass er heimlich ein Christ geworden war, wurde er, wie <hi rendition="#b">Johannes</hi>, als Bekenner der Wahrheit hingerichtet, und wurde so der erste Märtyrer in Britannien, wie Jener der Erste unter den Christen. Die Verfolgung nahm überhand und die Kunst lag nun darnieder, bis der Kaiser Constantius ihr wieder emporhalf, und unter seinem Sohne, dem Kaiser Constantinus, die christliche Religion aufblühete; wo dann einige Gotteshäuser und grosse Gebäude nach der <hi rendition="#g">römischen</hi> Baukunst aufgebauet wurden.&#x201C; &#x2013; Beim unbefangenen und ersten Ueberlesen dieser und anderer Stellen kann allerdings nicht in Widerspruch gesetzt werden, dass die ganze Haltung und Fassung der Stelle sehr moderne Anklänge<note place="foot" n="1)">Dahin gehört besonders auch die <hi rendition="#g">augustische</hi> Baukunst, der <hi rendition="#g">augustische</hi> Styl der Yorker Urkunde (vergl. Krause, II. 1. S. 81), welche Vitruvius wieder eingeführt haben soll.</note> habe und fast allzu auffallend die römischen Einrichtungen in Britannien am Ende des 3ten Jahrh. den Einrichtungen des 17ten und 18ten Jahrh. gleichstelle, so dass die Zweifel des Br. Kloss an der Aechtheit der Yorker Urkunde in der vorliegenden Gestalt keine leichtsinnige und unverzeihlich waren: aber den Zweifeln steht wohl überwiegend entgegen, dass jedenfalls die Urkunde nicht von den Bauleuten, sondern für sie und nach ihren mündlichen Mittheilungen von einem gebildeten und im Style gewandten Geistlichen verfaset ist, da im J. 926 die Schreibkunst und die eigentliche Gelehrtenschrift sich noch im ausschliesslichen Besitze der Geistlichen befand. Wenigstens die spätern Bauhütten hatten einen eigenen Geistlichen, Caplan, zur Besorung ihres Gottesdienstes <hi rendition="#g">und</hi> ihrer Schreibereien. Sodann könnte auch die ursprüngliche Urkunde im Laufe der Jahrhunderte mit den Zeiten überarbeitet und erweitert worden sein. Die Yorker Urkunde oder auch die Yorker Urkunden, Urkunden ganz gleich-
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[183/0203] Arbeiten annahm, wo er zu arbeiten fand. Er hielt sich selbst zu dieser Gesellschaft, half neue Arbeiter aufnehmen, sorgte, dass sie immer viel Arbeit hatten, und war der Erste in Britannien, der dieses that. Sein Tod musste für die Gesellschaft betrübt sein; denn da der Kaiser erfahren hatte, dass er heimlich ein Christ geworden war, wurde er, wie Johannes, als Bekenner der Wahrheit hingerichtet, und wurde so der erste Märtyrer in Britannien, wie Jener der Erste unter den Christen. Die Verfolgung nahm überhand und die Kunst lag nun darnieder, bis der Kaiser Constantius ihr wieder emporhalf, und unter seinem Sohne, dem Kaiser Constantinus, die christliche Religion aufblühete; wo dann einige Gotteshäuser und grosse Gebäude nach der römischen Baukunst aufgebauet wurden.“ – Beim unbefangenen und ersten Ueberlesen dieser und anderer Stellen kann allerdings nicht in Widerspruch gesetzt werden, dass die ganze Haltung und Fassung der Stelle sehr moderne Anklänge 1) habe und fast allzu auffallend die römischen Einrichtungen in Britannien am Ende des 3ten Jahrh. den Einrichtungen des 17ten und 18ten Jahrh. gleichstelle, so dass die Zweifel des Br. Kloss an der Aechtheit der Yorker Urkunde in der vorliegenden Gestalt keine leichtsinnige und unverzeihlich waren: aber den Zweifeln steht wohl überwiegend entgegen, dass jedenfalls die Urkunde nicht von den Bauleuten, sondern für sie und nach ihren mündlichen Mittheilungen von einem gebildeten und im Style gewandten Geistlichen verfaset ist, da im J. 926 die Schreibkunst und die eigentliche Gelehrtenschrift sich noch im ausschliesslichen Besitze der Geistlichen befand. Wenigstens die spätern Bauhütten hatten einen eigenen Geistlichen, Caplan, zur Besorung ihres Gottesdienstes und ihrer Schreibereien. Sodann könnte auch die ursprüngliche Urkunde im Laufe der Jahrhunderte mit den Zeiten überarbeitet und erweitert worden sein. Die Yorker Urkunde oder auch die Yorker Urkunden, Urkunden ganz gleich- 1) Dahin gehört besonders auch die augustische Baukunst, der augustische Styl der Yorker Urkunde (vergl. Krause, II. 1. S. 81), welche Vitruvius wieder eingeführt haben soll.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/203>, abgerufen am 28.11.2024.