Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

durch den lebendigen Mund des Volkes, der Bauleute. - Ebenso ist als hierher gehörig zu betrachten der einzige Sohn einer Wittwe, welcher in einer durch Hocker veröffentlichten Eifelsage erscheint, mit drei Böcken reitet und an einem ihm um den Leib gebundenen seidenen Faden in das Wasser von Thorr hinabgelassen wird, um für diesen aus einer Kiste, - in der Erde den goldenen (Sonnen-) Becher mit andern Schätzen in der Mitternachtsstunde zu holen, d. h. Thorr selbst befreiet mit dem Blitze die in den Winterwolken eingeschlossene goldene Sonne.1) Beachtenswerth ist, dass der Sohn der Wittwe sich drei Mal oder bei drei Personen um den Weg nach seiner Heimath erkundigt, ehe er Jemanden, den Uralten, den Urgrossvater (Atli2)) findet, der ihm denselben zeigt und ihn auf drei Böcken gegen Mitternacht in die Heimath bringt. Der Ring, den der Uralte dem Sohne der Wittwe an den Finger steckt, um den auf der Kiste liegenden zottigen Hund mit glühenden Augen zu berühren und zu vertreiben, ist ein anderes zauberndes Symbol des Blitzes, des seidenen Fadens oder vielleicht auch der Sonne selbst. Der Jüngling, nachdem er den goldenen Becher geholt und gebracht, trifft seine Mutter beim Frühstücke (im Frühling) und wird im Handel (im Sommer und Herbst) ein reicher Mann. Noch ein bedeutungsvoller Zug der Sage ist, dass der Jüngling beim Heraustritte aus der unterirdischen und schätzebergenden Höhle auf der Schwelle durch die zuschlagende eiserne Thüre an der Ferse verwundet wird, indem schon die Stunde abgelaufen ist, um die Schätze zu holen; doch der Uralte heilt schnell die verwundete Ferse. Diese Verwundung der Ferse, an welcher der Sonnengott wohl gleich dem Achilleus allein verwundbar war gewesen, vertritt die Stelle des Todes, welchen der Sonnengott im Winter und durch diesen erleidet.

Auf Thorr als den den Blitz und die Frühlingssonne wiederbringenden Gott weist noch ein anderer deutscher Volksgebrauch hin, welcher in Westphalen als ein Ueber-

1) Wolf, Zeitschrift I. S. 317.
2) Mannhardt, germ. Mythen, S. 121; oben I. S. 249.

durch den lebendigen Mund des Volkes, der Bauleute. – Ebenso ist als hierher gehörig zu betrachten der einzige Sohn einer Wittwe, welcher in einer durch Hocker veröffentlichten Eifelsage erscheint, mit drei Böcken reitet und an einem ihm um den Leib gebundenen seidenen Faden in das Wasser von Thôrr hinabgelassen wird, um für diesen aus einer Kiste, – in der Erde den goldenen (Sonnen-) Becher mit andern Schätzen in der Mitternachtsstunde zu holen, d. h. Thôrr selbst befreiet mit dem Blitze die in den Winterwolken eingeschlossene goldene Sonne.1) Beachtenswerth ist, dass der Sohn der Wittwe sich drei Mal oder bei drei Personen um den Weg nach seiner Heimath erkundigt, ehe er Jemanden, den Uralten, den Urgrossvater (Atli2)) findet, der ihm denselben zeigt und ihn auf drei Böcken gegen Mitternacht in die Heimath bringt. Der Ring, den der Uralte dem Sohne der Wittwe an den Finger steckt, um den auf der Kiste liegenden zottigen Hund mit glühenden Augen zu berühren und zu vertreiben, ist ein anderes zauberndes Symbol des Blitzes, des seidenen Fadens oder vielleicht auch der Sonne selbst. Der Jüngling, nachdem er den goldenen Becher geholt und gebracht, trifft seine Mutter beim Frühstücke (im Frühling) und wird im Handel (im Sommer und Herbst) ein reicher Mann. Noch ein bedeutungsvoller Zug der Sage ist, dass der Jüngling beim Heraustritte aus der unterirdischen und schätzebergenden Höhle auf der Schwelle durch die zuschlagende eiserne Thüre an der Ferse verwundet wird, indem schon die Stunde abgelaufen ist, um die Schätze zu holen; doch der Uralte heilt schnell die verwundete Ferse. Diese Verwundung der Ferse, an welcher der Sonnengott wohl gleich dem Achilleus allein verwundbar war gewesen, vertritt die Stelle des Todes, welchen der Sonnengott im Winter und durch diesen erleidet.

Auf Thôrr als den den Blitz und die Frühlingssonne wiederbringenden Gott weist noch ein anderer deutscher Volksgebrauch hin, welcher in Westphalen als ein Ueber-

1) Wolf, Zeitschrift I. S. 317.
2) Mannhardt, germ. Mythen, S. 121; oben I. S. 249.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0804" n="784"/>
durch den lebendigen <hi rendition="#g">Mund</hi> des Volkes, der Bauleute. &#x2013; Ebenso ist als hierher gehörig zu betrachten <hi rendition="#b">der einzige Sohn einer Wittwe</hi>, welcher in einer durch Hocker veröffentlichten Eifelsage erscheint, mit <hi rendition="#g">drei Böcken</hi> reitet und an einem ihm um den Leib gebundenen seidenen Faden in das Wasser von Thôrr hinabgelassen wird, um für diesen aus einer Kiste, &#x2013; in der Erde den goldenen (Sonnen-) Becher mit andern Schätzen in der Mitternachtsstunde zu holen, d. h. Thôrr selbst befreiet mit dem Blitze die in den Winterwolken eingeschlossene goldene Sonne.<note place="foot" n="1)">Wolf, Zeitschrift I. S. 317.<lb/></note> Beachtenswerth ist, dass der Sohn der Wittwe sich drei Mal oder bei drei Personen um den Weg nach seiner Heimath erkundigt, ehe er Jemanden, den Uralten, den Urgrossvater (Atli<note place="foot" n="2)">Mannhardt, germ. Mythen, S. 121; oben I. S. 249.<lb/></note>) findet, der ihm denselben zeigt und ihn auf drei Böcken gegen Mitternacht in die Heimath bringt. Der Ring, den der Uralte dem Sohne der Wittwe an den Finger steckt, um den auf der Kiste liegenden zottigen Hund mit glühenden Augen zu berühren und zu vertreiben, ist ein anderes zauberndes Symbol des Blitzes, des seidenen Fadens oder vielleicht auch der Sonne selbst. Der Jüngling, nachdem er den goldenen Becher geholt und gebracht, trifft seine Mutter beim Frühstücke (im Frühling) und wird im Handel (im Sommer und Herbst) ein reicher Mann. Noch ein bedeutungsvoller Zug der Sage ist, dass der Jüngling beim Heraustritte aus der unterirdischen und schätzebergenden Höhle auf der Schwelle durch die zuschlagende eiserne Thüre an der Ferse verwundet wird, indem schon die Stunde abgelaufen ist, um die Schätze zu holen; doch der Uralte heilt schnell die verwundete Ferse. Diese Verwundung <hi rendition="#g">der Ferse</hi>, an welcher der Sonnengott wohl gleich dem Achilleus allein verwundbar war gewesen, vertritt die Stelle des Todes, welchen der Sonnengott im Winter und durch diesen erleidet.</p>
        <p>
 Auf Thôrr als den den Blitz und die Frühlingssonne wiederbringenden Gott weist noch ein anderer deutscher Volksgebrauch hin, welcher in Westphalen als ein Ueber-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[784/0804] durch den lebendigen Mund des Volkes, der Bauleute. – Ebenso ist als hierher gehörig zu betrachten der einzige Sohn einer Wittwe, welcher in einer durch Hocker veröffentlichten Eifelsage erscheint, mit drei Böcken reitet und an einem ihm um den Leib gebundenen seidenen Faden in das Wasser von Thôrr hinabgelassen wird, um für diesen aus einer Kiste, – in der Erde den goldenen (Sonnen-) Becher mit andern Schätzen in der Mitternachtsstunde zu holen, d. h. Thôrr selbst befreiet mit dem Blitze die in den Winterwolken eingeschlossene goldene Sonne. 1) Beachtenswerth ist, dass der Sohn der Wittwe sich drei Mal oder bei drei Personen um den Weg nach seiner Heimath erkundigt, ehe er Jemanden, den Uralten, den Urgrossvater (Atli 2)) findet, der ihm denselben zeigt und ihn auf drei Böcken gegen Mitternacht in die Heimath bringt. Der Ring, den der Uralte dem Sohne der Wittwe an den Finger steckt, um den auf der Kiste liegenden zottigen Hund mit glühenden Augen zu berühren und zu vertreiben, ist ein anderes zauberndes Symbol des Blitzes, des seidenen Fadens oder vielleicht auch der Sonne selbst. Der Jüngling, nachdem er den goldenen Becher geholt und gebracht, trifft seine Mutter beim Frühstücke (im Frühling) und wird im Handel (im Sommer und Herbst) ein reicher Mann. Noch ein bedeutungsvoller Zug der Sage ist, dass der Jüngling beim Heraustritte aus der unterirdischen und schätzebergenden Höhle auf der Schwelle durch die zuschlagende eiserne Thüre an der Ferse verwundet wird, indem schon die Stunde abgelaufen ist, um die Schätze zu holen; doch der Uralte heilt schnell die verwundete Ferse. Diese Verwundung der Ferse, an welcher der Sonnengott wohl gleich dem Achilleus allein verwundbar war gewesen, vertritt die Stelle des Todes, welchen der Sonnengott im Winter und durch diesen erleidet. Auf Thôrr als den den Blitz und die Frühlingssonne wiederbringenden Gott weist noch ein anderer deutscher Volksgebrauch hin, welcher in Westphalen als ein Ueber- 1) Wolf, Zeitschrift I. S. 317. 2) Mannhardt, germ. Mythen, S. 121; oben I. S. 249.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/804
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 784. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/804>, abgerufen am 27.11.2024.