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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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ordnet; der siebente und oberste Kopf trug einen grossen runden Hut, wohl als Symbol der verhüllenden Winterwolken. Alle sieben Köpfe des Rugewit haben einen Bart, während die vier Köpfe des Swantewit bartlos sind, dieser daher die Jahresjugend, jener das Jahresalter bezeichnet. Dem Rugewit soll die Schwalbe geheiligt gewesen sein, was nur ausdrücken könnte, dass Rugewit zum Swantewit werde, wenn die Schwalben zurückkehren.

Die drei Aepfel der Hesperiden, welche Herakles von dem Baume des Lebens entweder selbst pflückt oder auch durch den Atlas pflücken lässt,1) sind nur ein anderes und wahrscheinlich ursprünglich orientalisches Bild der drei Wintermonate, welche Herakles im Grabe schläft, oder des Scheiterhaufens, auf dem er sich selbst verbrennt, um als der unsterbliche Sonnen- und Naturgott verjüngt wieder zu erstehen. Den drei Aepfeln der Hesperiden würden also auch die drei ungetreuen Gesellen, die drei Tage des Grabes des Hiram gleichstehen. Das Holen der fetten Rinderheerden des dreileibigen und dreiköpfigen Riesen Gerynoeus oder Geryon von den Fluren des abendlichen Okeanos, wo auch der Garten der Hesperiden liegt, durch Herakles2) - ist in aller Hinsicht mit dem Holen der Aepfel gleichbedeutend; in den Rinderheerden, den Wolken, des erschlagenen Riesen und in den Aepfeln holte Herakles sich die Kraft des neu zu beginnenden Lebensjahres. Creuzer, Symbolik, II. S. 220, deutet die drei Aepfel des Herakles auf die drei alten Jahreszeiten des Frühlings, Sommers und Winters. Die Dreizahl der Aepfel ergibt sich aus der Neunzahl der Dienstjahre des Herakles und den neun treuen Gesellen des Hiram. Die drei Aepfel, welche Herakles aus dem Göttergarten geraubt hatte, müssen dahin zurückgebracht werden, damit Herakles sie stets von neuem rauben und mit ihnen sich siegreich verjüngen könne. Derselbe Gedanke wird bei Herakles dadurch ausgedrückt, dass ihn die Haut des nemeischen Löwen unverwundbar macht,3) und bei Hiram, dass ihn die drei

1) Preller, griech. Mythol., II. S. 149 ff.
2) Preller, a. a. O., II. S. 142 ff.
3) Preller, a. a. O., II. S. 130.

ordnet; der siebente und oberste Kopf trug einen grossen runden Hut, wohl als Symbol der verhüllenden Winterwolken. Alle sieben Köpfe des Rugewit haben einen Bart, während die vier Köpfe des Swantewit bartlos sind, dieser daher die Jahresjugend, jener das Jahresalter bezeichnet. Dem Rugewit soll die Schwalbe geheiligt gewesen sein, was nur ausdrücken könnte, dass Rugewit zum Swantewit werde, wenn die Schwalben zurückkehren.

Die drei Aepfel der Hesperiden, welche Herakles von dem Baume des Lebens entweder selbst pflückt oder auch durch den Atlas pflücken lässt,1) sind nur ein anderes und wahrscheinlich ursprünglich orientalisches Bild der drei Wintermonate, welche Herakles im Grabe schläft, oder des Scheiterhaufens, auf dem er sich selbst verbrennt, um als der unsterbliche Sonnen- und Naturgott verjüngt wieder zu erstehen. Den drei Aepfeln der Hesperiden würden also auch die drei ungetreuen Gesellen, die drei Tage des Grabes des Hiram gleichstehen. Das Holen der fetten Rinderheerden des dreileibigen und dreiköpfigen Riesen Gerynoeus oder Geryon von den Fluren des abendlichen Okeanos, wo auch der Garten der Hesperiden liegt, durch Herakles2) - ist in aller Hinsicht mit dem Holen der Aepfel gleichbedeutend; in den Rinderheerden, den Wolken, des erschlagenen Riesen und in den Aepfeln holte Herakles sich die Kraft des neu zu beginnenden Lebensjahres. Creuzer, Symbolik, II. S. 220, deutet die drei Aepfel des Herakles auf die drei alten Jahreszeiten des Frühlings, Sommers und Winters. Die Dreizahl der Aepfel ergibt sich aus der Neunzahl der Dienstjahre des Herakles und den neun treuen Gesellen des Hiram. Die drei Aepfel, welche Herakles aus dem Göttergarten geraubt hatte, müssen dahin zurückgebracht werden, damit Herakles sie stets von neuem rauben und mit ihnen sich siegreich verjüngen könne. Derselbe Gedanke wird bei Herakles dadurch ausgedrückt, dass ihn die Haut des nemeischen Löwen unverwundbar macht,3) und bei Hiram, dass ihn die drei

1) Preller, griech. Mythol., II. S. 149 ff.
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[662/0682] ordnet; der siebente und oberste Kopf trug einen grossen runden Hut, wohl als Symbol der verhüllenden Winterwolken. Alle sieben Köpfe des Rugewit haben einen Bart, während die vier Köpfe des Swantewit bartlos sind, dieser daher die Jahresjugend, jener das Jahresalter bezeichnet. Dem Rugewit soll die Schwalbe geheiligt gewesen sein, was nur ausdrücken könnte, dass Rugewit zum Swantewit werde, wenn die Schwalben zurückkehren. Die drei Aepfel der Hesperiden, welche Herakles von dem Baume des Lebens entweder selbst pflückt oder auch durch den Atlas pflücken lässt, 1) sind nur ein anderes und wahrscheinlich ursprünglich orientalisches Bild der drei Wintermonate, welche Herakles im Grabe schläft, oder des Scheiterhaufens, auf dem er sich selbst verbrennt, um als der unsterbliche Sonnen- und Naturgott verjüngt wieder zu erstehen. Den drei Aepfeln der Hesperiden würden also auch die drei ungetreuen Gesellen, die drei Tage des Grabes des Hiram gleichstehen. Das Holen der fetten Rinderheerden des dreileibigen und dreiköpfigen Riesen Gerynoeus oder Geryon von den Fluren des abendlichen Okeanos, wo auch der Garten der Hesperiden liegt, durch Herakles 2) - ist in aller Hinsicht mit dem Holen der Aepfel gleichbedeutend; in den Rinderheerden, den Wolken, des erschlagenen Riesen und in den Aepfeln holte Herakles sich die Kraft des neu zu beginnenden Lebensjahres. Creuzer, Symbolik, II. S. 220, deutet die drei Aepfel des Herakles auf die drei alten Jahreszeiten des Frühlings, Sommers und Winters. Die Dreizahl der Aepfel ergibt sich aus der Neunzahl der Dienstjahre des Herakles und den neun treuen Gesellen des Hiram. Die drei Aepfel, welche Herakles aus dem Göttergarten geraubt hatte, müssen dahin zurückgebracht werden, damit Herakles sie stets von neuem rauben und mit ihnen sich siegreich verjüngen könne. Derselbe Gedanke wird bei Herakles dadurch ausgedrückt, dass ihn die Haut des nemeischen Löwen unverwundbar macht, 3) und bei Hiram, dass ihn die drei 1) Preller, griech. Mythol., II. S. 149 ff. 2) Preller, a. a. O., II. S. 142 ff. 3) Preller, a. a. O., II. S. 130.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 662. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/682>, abgerufen am 19.05.2024.