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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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Museum, V. Jahrgang, 12tes Heft, IV. Aufsatz von der alten Sitte der Engadiner erzählt, dass einem Unschuldigangeklagten bei seiner öffentlichen Lossprechung von einem jungen Mädchen eine Rose, die Unschuldsrose genannt, übergeben worden sei, welche Sitte jetzt aufgehört habe. Diese Unschuldsrose ist aber auch nur eine Lebensrose, denn in das Leben geht ein, wer frei und rein von Schuld und Fehle ist. So darf im letzten Blumenschmuck des Maurersarges auch der Glaube und die Hoffnung erblidkt werden, dass den Abgestorbenen. keine schwere Schuld beflecke und drücke und ihm den Weg und Eingang in den himmlischen Blumen- und Rosengarten verschliesse; so streuten mit siebenfachen Händen auch die Aegypter dem Verstorbenen Blumen auf den letzten Weg; selbst das Grab noch decken die Blumen und nur Blumen und Blumenkränze können wir den Abgeschiedenen darbringen. "Schlafe sanft im Blüthengrabe, im Rosenbette!" ist der stets sich erneuernde Nachruf der Ueberlebenden. Die in die Eleusinien Eingeweihten glaubten, dass die Seligen dort in einem Myrthenhaine weilen, und trugen daher schon hier als Symbole ihres Glaubens an ein ewiges Leben, als Symbol der Einweihung Myrthenkränze,1) wie auch damit die Todten und die Gräber geschmückt wurden. Die Pythagoräer verordneten sterbend, ihren Körper in Myrthen, Oliven und Pappelzweige einzuhüllen; dieser letztere Baum und die Weide bildeten, wie man glaubte, die heiligen Haine der Persephone, nahe bei den Ufern des Styx und des Cocytus. Diejenigen, welche fromm gelebt hatten, lebten auch in der Unterwelt auf Wiesen, prangend in purpurnen Rosen, weshalb auch mit Rosen und andern Blumen von dieser Farbe, ebenso mit Safran die Gräber bestreut wurden.2) Die eleusinischen Weihen, die durch sie geweckten Gesinnungen und Thaten, sollten der Weg in das ewige Myrthen- und Rosenland sein und wie sich der Zeit ihrer Feier nach die kleinen zu den grossen Eleusinien oder Mysterien gleich der Saat zur Ernte, der Früh-

1) Sainte-Croix, a. a. O., S. 170 und 171.
2) Sainte-Croix, S. 173 oben.

Museum, V. Jahrgang, 12tes Heft, IV. Aufsatz von der alten Sitte der Engadiner erzählt, dass einem Unschuldigangeklagten bei seiner öffentlichen Lossprechung von einem jungen Mädchen eine Rose, die Unschuldsrose genannt, übergeben worden sei, welche Sitte jetzt aufgehört habe. Diese Unschuldsrose ist aber auch nur eine Lebensrose, denn in das Leben geht ein, wer frei und rein von Schuld und Fehle ist. So darf im letzten Blumenschmuck des Maurersarges auch der Glaube und die Hoffnung erblidkt werden, dass den Abgestorbenen. keine schwere Schuld beflecke und drücke und ihm den Weg und Eingang in den himmlischen Blumen- und Rosengarten verschliesse; so streuten mit siebenfachen Händen auch die Aegypter dem Verstorbenen Blumen auf den letzten Weg; selbst das Grab noch decken die Blumen und nur Blumen und Blumenkränze können wir den Abgeschiedenen darbringen. „Schlafe sanft im Blüthengrabe, im Rosenbette!“ ist der stets sich erneuernde Nachruf der Ueberlebenden. Die in die Eleusinien Eingeweihten glaubten, dass die Seligen dort in einem Myrthenhaine weilen, und trugen daher schon hier als Symbole ihres Glaubens an ein ewiges Leben, als Symbol der Einweihung Myrthenkränze,1) wie auch damit die Todten und die Gräber geschmückt wurden. Die Pythagoräer verordneten sterbend, ihren Körper in Myrthen, Oliven und Pappelzweige einzuhüllen; dieser letztere Baum und die Weide bildeten, wie man glaubte, die heiligen Haine der Persephone, nahe bei den Ufern des Styx und des Cocytus. Diejenigen, welche fromm gelebt hatten, lebten auch in der Unterwelt auf Wiesen, prangend in purpurnen Rosen, weshalb auch mit Rosen und andern Blumen von dieser Farbe, ebenso mit Safran die Gräber bestreut wurden.2) Die eleusinischen Weihen, die durch sie geweckten Gesinnungen und Thaten, sollten der Weg in das ewige Myrthen- und Rosenland sein und wie sich der Zeit ihrer Feier nach die kleinen zu den grossen Eleusinien oder Mysterien gleich der Saat zur Ernte, der Früh-

1) Sainte-Croix, a. a. O., S. 170 und 171.
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[43/0063] Museum, V. Jahrgang, 12tes Heft, IV. Aufsatz von der alten Sitte der Engadiner erzählt, dass einem Unschuldigangeklagten bei seiner öffentlichen Lossprechung von einem jungen Mädchen eine Rose, die Unschuldsrose genannt, übergeben worden sei, welche Sitte jetzt aufgehört habe. Diese Unschuldsrose ist aber auch nur eine Lebensrose, denn in das Leben geht ein, wer frei und rein von Schuld und Fehle ist. So darf im letzten Blumenschmuck des Maurersarges auch der Glaube und die Hoffnung erblidkt werden, dass den Abgestorbenen. keine schwere Schuld beflecke und drücke und ihm den Weg und Eingang in den himmlischen Blumen- und Rosengarten verschliesse; so streuten mit siebenfachen Händen auch die Aegypter dem Verstorbenen Blumen auf den letzten Weg; selbst das Grab noch decken die Blumen und nur Blumen und Blumenkränze können wir den Abgeschiedenen darbringen. „Schlafe sanft im Blüthengrabe, im Rosenbette!“ ist der stets sich erneuernde Nachruf der Ueberlebenden. Die in die Eleusinien Eingeweihten glaubten, dass die Seligen dort in einem Myrthenhaine weilen, und trugen daher schon hier als Symbole ihres Glaubens an ein ewiges Leben, als Symbol der Einweihung Myrthenkränze, 1) wie auch damit die Todten und die Gräber geschmückt wurden. Die Pythagoräer verordneten sterbend, ihren Körper in Myrthen, Oliven und Pappelzweige einzuhüllen; dieser letztere Baum und die Weide bildeten, wie man glaubte, die heiligen Haine der Persephone, nahe bei den Ufern des Styx und des Cocytus. Diejenigen, welche fromm gelebt hatten, lebten auch in der Unterwelt auf Wiesen, prangend in purpurnen Rosen, weshalb auch mit Rosen und andern Blumen von dieser Farbe, ebenso mit Safran die Gräber bestreut wurden. 2) Die eleusinischen Weihen, die durch sie geweckten Gesinnungen und Thaten, sollten der Weg in das ewige Myrthen- und Rosenland sein und wie sich der Zeit ihrer Feier nach die kleinen zu den grossen Eleusinien oder Mysterien gleich der Saat zur Ernte, der Früh- 1) Sainte-Croix, a. a. O., S. 170 und 171. 2) Sainte-Croix, S. 173 oben.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/63>, abgerufen am 12.05.2024.