Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

unterirdischen Schätze und des Reichthums, fährt auf einem mit vier weissen Pferden bespannten Wagen oder reitet auf einem weissen Pferde; der Mondsgott Schandra auf einem Wagen mit zwei weissen Rossen. In Griechenland war bei Männern und Frauen bei den mantelartigen Kleidern, bei den Ueberwürfen oder Epiblemata die weisse Farbe die vorherrschende; die frühern Archeologen hatten sogar die Behauptung aufgestellt, dass in Griechenland die weisse Farbe die allgemein übliche gewesen sei, buntfarbige Gewänder dagegen als ein Zeichen leichtfertiger Sitten gegolten haben.1) In der deutschen Mythologie wird der Gegensatz von Licht und Finsterniss, der zarathustrische oder uralte indogermanische Gegensatz von Licht und Finsterniss durch die dem Niördr und Odhin vermählte Skadi, d. i. die theils weisse und theils schwarze Elster, die Tochter der Nacht, ausgedrückt, welche sich als die Nacht und der Winter mit dem Lichtgotte verbindet, aber im ewigen Wechsel sich wieder von ihm trennt und die einstens ganz weiss, wie Ahriman, werden muss. Die weisse und schwarze Elster (pica) ist das Sinnbild der gegenwärtigen, vom Gegensatze getragenen Weltperiode und wird dereinstens die Elster ganz weiss, so ist das Böse und das Nächtliche, die Schlange des Ahriman und der Eva, in der Welt überwunden und es beginnt eine neue Zeitperiode ohne die Wiederkehr der Nacht im ewig ungestörten Lichte; dann hat Skadi dem von ihr allein gewünschten Baldur, dem Gott des ewigen Lichtes sich vermählt, - sie ist eingegangen in den ewigen Osten.2) - Das Stirnzeichen Oder tilaka der Crivaishnava, der durch Ramanuga im Anfange des zwölften Jahrhunderts im südlichen Indien oder im Dekhan gestifteten Religionssekte, durch welches bekanntlich sich die Religionssekten von einander unterscheiden, besteht in zwei senkrechten weissen Linien, die von dem Haare nach jedem Auge gezogen sind; durch eine wagrechte Linie werden sie über der Nase verbunden; in der Mitte be-

1) Guhl und Koner, a. a. O., S. 180 ff.
2) Menzel, Odin, S. 32 ff.

unterirdischen Schätze und des Reichthums, fährt auf einem mit vier weissen Pferden bespannten Wagen oder reitet auf einem weissen Pferde; der Mondsgott Schandra auf einem Wagen mit zwei weissen Rossen. In Griechenland war bei Männern und Frauen bei den mantelartigen Kleidern, bei den Ueberwürfen oder Epiblemata die weisse Farbe die vorherrschende; die frühern Archeologen hatten sogar die Behauptung aufgestellt, dass in Griechenland die weisse Farbe die allgemein übliche gewesen sei, buntfarbige Gewänder dagegen als ein Zeichen leichtfertiger Sitten gegolten haben.1) In der deutschen Mythologie wird der Gegensatz von Licht und Finsterniss, der zarathustrische oder uralte indogermanische Gegensatz von Licht und Finsterniss durch die dem Niördr und Odhin vermählte Skadi, d. i. die theils weisse und theils schwarze Elster, die Tochter der Nacht, ausgedrückt, welche sich als die Nacht und der Winter mit dem Lichtgotte verbindet, aber im ewigen Wechsel sich wieder von ihm trennt und die einstens ganz weiss, wie Ahriman, werden muss. Die weisse und schwarze Elster (pica) ist das Sinnbild der gegenwärtigen, vom Gegensatze getragenen Weltperiode und wird dereinstens die Elster ganz weiss, so ist das Böse und das Nächtliche, die Schlange des Ahriman und der Eva, in der Welt überwunden und es beginnt eine neue Zeitperiode ohne die Wiederkehr der Nacht im ewig ungestörten Lichte; dann hat Skadi dem von ihr allein gewünschten Baldur, dem Gott des ewigen Lichtes sich vermählt, – sie ist eingegangen in den ewigen Osten.2) – Das Stirnzeichen Oder tilaka der Çrivaishnava, der durch Râmânuga im Anfange des zwölften Jahrhunderts im südlichen Indien oder im Dekhan gestifteten Religionssekte, durch welches bekanntlich sich die Religionssekten von einander unterscheiden, besteht in zwei senkrechten weissen Linien, die von dem Haare nach jedem Auge gezogen sind; durch eine wagrechte Linie werden sie über der Nase verbunden; in der Mitte be-

1) Guhl und Koner, a. a. O., S. 180 ff.
2) Menzel, Odin, S. 32 ff.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0569" n="549"/>
unterirdischen Schätze und des Reichthums, fährt auf einem mit vier weissen Pferden bespannten Wagen oder reitet auf einem weissen Pferde; der Mondsgott Schandra auf einem Wagen mit zwei weissen Rossen. In Griechenland war bei Männern und Frauen bei den mantelartigen Kleidern, bei den Ueberwürfen oder Epiblemata die <hi rendition="#g">weisse</hi> Farbe die vorherrschende; die frühern Archeologen hatten sogar die Behauptung aufgestellt, dass in Griechenland die weisse Farbe die allgemein übliche gewesen sei, buntfarbige Gewänder dagegen als ein Zeichen leichtfertiger Sitten gegolten haben.<note place="foot" n="1)">Guhl und Koner, a. a. O., S. 180 ff.<lb/></note> In der deutschen Mythologie wird der Gegensatz von Licht und Finsterniss, der zarathustrische oder uralte indogermanische Gegensatz von Licht und Finsterniss durch die dem Niördr und Odhin vermählte Skadi, d. i. die theils weisse und theils schwarze Elster, die Tochter der Nacht, ausgedrückt, welche sich als die Nacht und der Winter mit dem Lichtgotte verbindet, aber im ewigen Wechsel sich wieder von ihm trennt und die einstens ganz weiss, wie Ahriman, werden muss. Die weisse und schwarze Elster (pica) ist das Sinnbild der gegenwärtigen, vom Gegensatze getragenen Weltperiode und wird dereinstens die Elster ganz weiss, so ist das Böse und das Nächtliche, die Schlange des Ahriman und der Eva, in der Welt überwunden und es beginnt eine neue Zeitperiode ohne die Wiederkehr der Nacht im ewig ungestörten Lichte; dann hat Skadi dem von ihr allein gewünschten Baldur, dem Gott des ewigen Lichtes sich vermählt, &#x2013; sie ist eingegangen in den ewigen Osten.<note place="foot" n="2)">Menzel, Odin, S. 32 ff.<lb/></note> &#x2013; Das Stirnzeichen Oder tilaka der Çrivaishnava, der durch Râmânuga im Anfange des zwölften Jahrhunderts im südlichen Indien oder im Dekhan gestifteten Religionssekte, durch welches bekanntlich sich die Religionssekten von einander unterscheiden, besteht in zwei senkrechten weissen Linien, die von dem Haare nach jedem Auge gezogen sind; durch eine wagrechte Linie werden sie über der Nase verbunden; in der Mitte be-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[549/0569] unterirdischen Schätze und des Reichthums, fährt auf einem mit vier weissen Pferden bespannten Wagen oder reitet auf einem weissen Pferde; der Mondsgott Schandra auf einem Wagen mit zwei weissen Rossen. In Griechenland war bei Männern und Frauen bei den mantelartigen Kleidern, bei den Ueberwürfen oder Epiblemata die weisse Farbe die vorherrschende; die frühern Archeologen hatten sogar die Behauptung aufgestellt, dass in Griechenland die weisse Farbe die allgemein übliche gewesen sei, buntfarbige Gewänder dagegen als ein Zeichen leichtfertiger Sitten gegolten haben. 1) In der deutschen Mythologie wird der Gegensatz von Licht und Finsterniss, der zarathustrische oder uralte indogermanische Gegensatz von Licht und Finsterniss durch die dem Niördr und Odhin vermählte Skadi, d. i. die theils weisse und theils schwarze Elster, die Tochter der Nacht, ausgedrückt, welche sich als die Nacht und der Winter mit dem Lichtgotte verbindet, aber im ewigen Wechsel sich wieder von ihm trennt und die einstens ganz weiss, wie Ahriman, werden muss. Die weisse und schwarze Elster (pica) ist das Sinnbild der gegenwärtigen, vom Gegensatze getragenen Weltperiode und wird dereinstens die Elster ganz weiss, so ist das Böse und das Nächtliche, die Schlange des Ahriman und der Eva, in der Welt überwunden und es beginnt eine neue Zeitperiode ohne die Wiederkehr der Nacht im ewig ungestörten Lichte; dann hat Skadi dem von ihr allein gewünschten Baldur, dem Gott des ewigen Lichtes sich vermählt, – sie ist eingegangen in den ewigen Osten. 2) – Das Stirnzeichen Oder tilaka der Çrivaishnava, der durch Râmânuga im Anfange des zwölften Jahrhunderts im südlichen Indien oder im Dekhan gestifteten Religionssekte, durch welches bekanntlich sich die Religionssekten von einander unterscheiden, besteht in zwei senkrechten weissen Linien, die von dem Haare nach jedem Auge gezogen sind; durch eine wagrechte Linie werden sie über der Nase verbunden; in der Mitte be- 1) Guhl und Koner, a. a. O., S. 180 ff. 2) Menzel, Odin, S. 32 ff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/569
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 549. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/569>, abgerufen am 22.11.2024.