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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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werden auch, sich mit einander vermählend, auf Oumbildern das weibliche Urwasser und das männliche oder zeugende Urfeuer dargestellt.1) In einer vierfachen Strahlenkrone schwebt auch der bewegende Urgeist (Narajena) über dem Urgewässer.2) Auf das von der dreigeschwänzten, die vier Wedas im Maule habenden Weltkuh getragene und von der Ewigkeitsschlange umschlungene Weltviereck strömt das dreigetheilie Urschöpfungswort nieder und in dem Weltvierecke erhebt sich wieder das gleichseitige Feuerdreieck mit dem Fünfecke (Müller, Taf. II. Fig. 17). Selbst die himmlischen Apsaras oder Tänzer werden vierbändig gedacht.3) Der vierhändige Agni steht mit drei Beinen auf einem feuerumloderten Dreifusse.4)

Nach der maurerischen Sprache drückt diese Vierzahl die Allgemeinheit des Lichtes und der Wahrheit, des Gottglaubens und der göttlichen Liebe, - das Allumfassende der Gottheit und der Menschheit, - nach Schiller das Umschlingen der Millionen aus. Die vier Seiten der orientirten christlichen Kirchen und heidnischen Tempel können nunmehr den vier Evangelien und vier Veden u. s. f. ganz gleichgestellt werden; von allen Seiten strömen die Gläubigen zur Verehrung und Anbetung Gottes nach der Kirche und zu dem Tempel zusammen und tragen wieder von hier nach allen Seiten den Geist und das Wort, den Glauben und den Segen Gottes. Wie die Ströme die dürstenden Länder und Fluren, von den Bergen herabströmend, erhalten, ernähren und erquicken: so nähret, erhält und segnet das dem Himmel entstammende göttliche Licht und Wort, die Gnade und die Liebe Gottes die Menschheit, die Menschen und die Völker. In der germanischen Weltkuh Audhumbla (nasser Reichthum) ist dieser Gedanke besonders schön und einfach ausgesprochen, indem aus ihrem Euter vier Milchströme (Licht- und Lebensströme) fliessen sollen, wovon sich der Riese Ymir (die Urmenschheit) nährt.5) Diese germanische Weltkuh ist

1) Müller, Taf. II. Fig. 17.
2) Müller, Taf. II. Fig. 14.
3) Müller, Taf. II. Fig. 124.
4) Müller, Taf. II. Fig. 140
5) Simrock, Mythol., S. 16; Menzel, Odin, S. 9.

werden auch, sich mit einander vermählend, auf Oumbildern das weibliche Urwasser und das männliche oder zeugende Urfeuer dargestellt.1) In einer vierfachen Strahlenkrone schwebt auch der bewegende Urgeist (Narajena) über dem Urgewässer.2) Auf das von der dreigeschwänzten, die vier Wedas im Maule habenden Weltkuh getragene und von der Ewigkeitsschlange umschlungene Weltviereck strömt das dreigetheilie Urschöpfungswort nieder und in dem Weltvierecke erhebt sich wieder das gleichseitige Feuerdreieck mit dem Fünfecke (Müller, Taf. II. Fig. 17). Selbst die himmlischen Apsaras oder Tänzer werden vierbändig gedacht.3) Der vierhändige Agni steht mit drei Beinen auf einem feuerumloderten Dreifusse.4)

Nach der maurerischen Sprache drückt diese Vierzahl die Allgemeinheit des Lichtes und der Wahrheit, des Gottglaubens und der göttlichen Liebe, – das Allumfassende der Gottheit und der Menschheit, – nach Schiller das Umschlingen der Millionen aus. Die vier Seiten der orientirten christlichen Kirchen und heidnischen Tempel können nunmehr den vier Evangelien und vier Veden u. s. f. ganz gleichgestellt werden; von allen Seiten strömen die Gläubigen zur Verehrung und Anbetung Gottes nach der Kirche und zu dem Tempel zusammen und tragen wieder von hier nach allen Seiten den Geist und das Wort, den Glauben und den Segen Gottes. Wie die Ströme die dürstenden Länder und Fluren, von den Bergen herabströmend, erhalten, ernähren und erquicken: so nähret, erhält und segnet das dem Himmel entstammende göttliche Licht und Wort, die Gnade und die Liebe Gottes die Menschheit, die Menschen und die Völker. In der germanischen Weltkuh Audhumbla (nasser Reichthum) ist dieser Gedanke besonders schön und einfach ausgesprochen, indem aus ihrem Euter vier Milchströme (Licht- und Lebensströme) fliessen sollen, wovon sich der Riese Ymir (die Urmenschheit) nährt.5) Diese germanische Weltkuh ist

1) Müller, Taf. II. Fig. 17.
2) Müller, Taf. II. Fig. 14.
3) Müller, Taf. II. Fig. 124.
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[512/0532] werden auch, sich mit einander vermählend, auf Oumbildern das weibliche Urwasser und das männliche oder zeugende Urfeuer dargestellt. 1) In einer vierfachen Strahlenkrone schwebt auch der bewegende Urgeist (Narajena) über dem Urgewässer. 2) Auf das von der dreigeschwänzten, die vier Wedas im Maule habenden Weltkuh getragene und von der Ewigkeitsschlange umschlungene Weltviereck strömt das dreigetheilie Urschöpfungswort nieder und in dem Weltvierecke erhebt sich wieder das gleichseitige Feuerdreieck mit dem Fünfecke (Müller, Taf. II. Fig. 17). Selbst die himmlischen Apsaras oder Tänzer werden vierbändig gedacht. 3) Der vierhändige Agni steht mit drei Beinen auf einem feuerumloderten Dreifusse. 4) Nach der maurerischen Sprache drückt diese Vierzahl die Allgemeinheit des Lichtes und der Wahrheit, des Gottglaubens und der göttlichen Liebe, – das Allumfassende der Gottheit und der Menschheit, – nach Schiller das Umschlingen der Millionen aus. Die vier Seiten der orientirten christlichen Kirchen und heidnischen Tempel können nunmehr den vier Evangelien und vier Veden u. s. f. ganz gleichgestellt werden; von allen Seiten strömen die Gläubigen zur Verehrung und Anbetung Gottes nach der Kirche und zu dem Tempel zusammen und tragen wieder von hier nach allen Seiten den Geist und das Wort, den Glauben und den Segen Gottes. Wie die Ströme die dürstenden Länder und Fluren, von den Bergen herabströmend, erhalten, ernähren und erquicken: so nähret, erhält und segnet das dem Himmel entstammende göttliche Licht und Wort, die Gnade und die Liebe Gottes die Menschheit, die Menschen und die Völker. In der germanischen Weltkuh Audhumbla (nasser Reichthum) ist dieser Gedanke besonders schön und einfach ausgesprochen, indem aus ihrem Euter vier Milchströme (Licht- und Lebensströme) fliessen sollen, wovon sich der Riese Ymir (die Urmenschheit) nährt. 5) Diese germanische Weltkuh ist 1) Müller, Taf. II. Fig. 17. 2) Müller, Taf. II. Fig. 14. 3) Müller, Taf. II. Fig. 124. 4) Müller, Taf. II. Fig. 140 5) Simrock, Mythol., S. 16; Menzel, Odin, S. 9.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 512. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/532>, abgerufen am 28.05.2024.