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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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zugleich die asiatische Kuh (die Aphrodite, die Erde), welche liebend ein Kalb säugt, und die in so vielen Gestalten und bei so vielen Völkern erscheinende Mutter (Maria, Lakschmi, Isis, Demeter u. s. w.) mit dem säugenden Kinde, - die Urmutter Erde, besonders die ägyptische Mouth, kopt. Mautho, und die eleusinische Demeter und Persephone mammosa nach Lucretius.1) Daher ist auch die säugende und nährende Kuh das älteste Symbol der mütterlichen Erd- und Mondgöttin, wie umgekehrt der Stier des zeugenden Hinnnels- und Sonnengottes, welcher Kuh und welchem Stiere unter den Vögeln die Taube und der Adler verwandt sind. Bei den Mysterienprocessionen des Isis wurde auch von einem Priester ein wie eine Brust gestaltetes Gefäss getragen, aus welchem Milch floss.2) In der mehr ethischen christlichen Symbolik wird der Hirsch schon frühe als das Symbol der christlichen Sehnsucht gebraucht mit Beziehung auf die Worte des Psalms: "Wie der Hirsch ruft nach frischem Wasser, so schreit meine Seele zu dir." - Um die Erhabenheit, grössere Wahrheit und Reinheit der Lehre und des Lichtes, welches mit Christus in die Welt gekommen, im Gegensatze zu den alten heidnischen Göttern und Religionen symbolisch anzudeuten, wird gesagt, dass der neu erschienene Christus das Wasser in Wein verwandelt habe. Deshalb wird nach deutschen Volkssagen zur Zeit der Wintersonnenwende, nordisch jul (das Rad), um Mitternacht in der Geburtsstunde der neuen Sonne und des Christkindleins alles Wasser in Wein verwandelt. "In der Nacht der Weihen" ruft ein Knabe der Sage, "wird alles Wasser Wein."3)3) Ein neues und anderes, ein höheres Leben beginnt, wenn Christus, die neue Sonne, geboren wird, den Tod. überwindet und stirbt. Ueberhaupt ist die alte heidnische heilige Julzeit mit allen

1) Sainte-Croix, S. 124.
2) Sainte-Croix, a. a. O., S. 315. Den Spiegeln, welche bei diesen Processionen gleichfalls von Einigen herumgetragen wurden, legt Sainte-Croix unrichtig die Bestimmung bei, dass die Göttin darin Diejenigen habe sollen sehen können, welche ihr nachfolgten. Nach Sainte-Croix, S. 319, soll der in die Mysterien der Isis Eingeweihte 12 Kleidungsstücke getragen haben.
3) Menzel, Odin S. 44; Rochholz, Schweizersagen, I. S. 337.
3) Menzel, Odin S. 44; Rochholz, Schweizersagen, I. S. 337.

zugleich die asiatische Kuh (die Aphrodite, die Erde), welche liebend ein Kalb säugt, und die in so vielen Gestalten und bei so vielen Völkern erscheinende Mutter (Maria, Lakschmi, Isis, Demeter u. s. w.) mit dem säugenden Kinde, – die Urmutter Erde, besonders die ägyptische Mouth, kopt. Mautho, und die eleusinische Demeter und Persephone mammosa nach Lucretius.1) Daher ist auch die säugende und nährende Kuh das älteste Symbol der mütterlichen Erd- und Mondgöttin, wie umgekehrt der Stier des zeugenden Hinnnels- und Sonnengottes, welcher Kuh und welchem Stiere unter den Vögeln die Taube und der Adler verwandt sind. Bei den Mysterienprocessionen des Isis wurde auch von einem Priester ein wie eine Brust gestaltetes Gefäss getragen, aus welchem Milch floss.2) In der mehr ethischen christlichen Symbolik wird der Hirsch schon frühe als das Symbol der christlichen Sehnsucht gebraucht mit Beziehung auf die Worte des Psalms: „Wie der Hirsch ruft nach frischem Wasser, so schreit meine Seele zu dir.“ – Um die Erhabenheit, grössere Wahrheit und Reinheit der Lehre und des Lichtes, welches mit Christus in die Welt gekommen, im Gegensatze zu den alten heidnischen Göttern und Religionen symbolisch anzudeuten, wird gesagt, dass der neu erschienene Christus das Wasser in Wein verwandelt habe. Deshalb wird nach deutschen Volkssagen zur Zeit der Wintersonnenwende, nordisch jul (das Rad), um Mitternacht in der Geburtsstunde der neuen Sonne und des Christkindleins alles Wasser in Wein verwandelt. „In der Nacht der Weihen“ ruft ein Knabe der Sage, „wird alles Wasser Wein.“3)3) Ein neues und anderes, ein höheres Leben beginnt, wenn Christus, die neue Sonne, geboren wird, den Tod. überwindet und stirbt. Ueberhaupt ist die alte heidnische heilige Julzeit mit allen

1) Sainte-Croix, S. 124.
2) Sainte-Croix, a. a. O., S. 315. Den Spiegeln, welche bei diesen Processionen gleichfalls von Einigen herumgetragen wurden, legt Sainte-Croix unrichtig die Bestimmung bei, dass die Göttin darin Diejenigen habe sollen sehen können, welche ihr nachfolgten. Nach Sainte-Croix, S. 319, soll der in die Mysterien der Isis Eingeweihte 12 Kleidungsstücke getragen haben.
3) Menzel, Odin S. 44; Rochholz, Schweizersagen, I. S. 337.
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[513/0533] zugleich die asiatische Kuh (die Aphrodite, die Erde), welche liebend ein Kalb säugt, und die in so vielen Gestalten und bei so vielen Völkern erscheinende Mutter (Maria, Lakschmi, Isis, Demeter u. s. w.) mit dem säugenden Kinde, – die Urmutter Erde, besonders die ägyptische Mouth, kopt. Mautho, und die eleusinische Demeter und Persephone mammosa nach Lucretius. 1) Daher ist auch die säugende und nährende Kuh das älteste Symbol der mütterlichen Erd- und Mondgöttin, wie umgekehrt der Stier des zeugenden Hinnnels- und Sonnengottes, welcher Kuh und welchem Stiere unter den Vögeln die Taube und der Adler verwandt sind. Bei den Mysterienprocessionen des Isis wurde auch von einem Priester ein wie eine Brust gestaltetes Gefäss getragen, aus welchem Milch floss. 2) In der mehr ethischen christlichen Symbolik wird der Hirsch schon frühe als das Symbol der christlichen Sehnsucht gebraucht mit Beziehung auf die Worte des Psalms: „Wie der Hirsch ruft nach frischem Wasser, so schreit meine Seele zu dir.“ – Um die Erhabenheit, grössere Wahrheit und Reinheit der Lehre und des Lichtes, welches mit Christus in die Welt gekommen, im Gegensatze zu den alten heidnischen Göttern und Religionen symbolisch anzudeuten, wird gesagt, dass der neu erschienene Christus das Wasser in Wein verwandelt habe. Deshalb wird nach deutschen Volkssagen zur Zeit der Wintersonnenwende, nordisch jul (das Rad), um Mitternacht in der Geburtsstunde der neuen Sonne und des Christkindleins alles Wasser in Wein verwandelt. „In der Nacht der Weihen“ ruft ein Knabe der Sage, „wird alles Wasser Wein.“ 3) 3) Ein neues und anderes, ein höheres Leben beginnt, wenn Christus, die neue Sonne, geboren wird, den Tod. überwindet und stirbt. Ueberhaupt ist die alte heidnische heilige Julzeit mit allen 1) Sainte-Croix, S. 124. 2) Sainte-Croix, a. a. O., S. 315. Den Spiegeln, welche bei diesen Processionen gleichfalls von Einigen herumgetragen wurden, legt Sainte-Croix unrichtig die Bestimmung bei, dass die Göttin darin Diejenigen habe sollen sehen können, welche ihr nachfolgten. Nach Sainte-Croix, S. 319, soll der in die Mysterien der Isis Eingeweihte 12 Kleidungsstücke getragen haben. 3) Menzel, Odin S. 44; Rochholz, Schweizersagen, I. S. 337. 3) Menzel, Odin S. 44; Rochholz, Schweizersagen, I. S. 337.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 513. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/533>, abgerufen am 01.09.2024.