Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht selten im Kampf und Streit mit den Meistern standen wegen des verlangten höheren Lohnes oder wegen sonstiger Beschwerden über erlittene Unbilden. Das eigentliche Bauhüttenleben, die werktägige Steinmetzkunst und Maurerei musste überhaupt sich ändern und erlöschen, sobald in den einzelnen Ländern und Gegenden die grossen Kirchenbauten nach den Zeiten der Reformation hier früher und dort später erloschen. Das Entstehen der Freimaurerei, wenn auf dem Gebiete der menschlichen Geschichte derartige Vermuthungen erlaubt sind, wäre wohl niemals erfolgt und es wären auch die Bauzünfte und Baubrüderschaften gleich allen üblichen ähnlichen Verbindungen in dem weiten Grabe der Zeiten spurlos untergegangen, wenn nicht der grosse Brand von London im Jahr 1666 noch einmal die schon fast abgestorbenen Bauhütten oder Baulogen zu London in das Leben zurückgerufen hätte, aus den Trümmern welches neuen letzten und ausser ordentlichen Lebens sodann in London die eigentlichen Freimaurerlogen hervorgingen und übrig blieben. Es liegt hierin zugleich ein gewichtiger geschichtlicher Fingerzeig, dass die Entwickelung und Geschichte der Freimaurerei und der Bauverbindungen überhaupt nicht von der Bau kunst getrennt werden dürfe und beide innigst zusammenhängen.

Noch eine andere Bemerkung über die Benützung der unberufene and unbegründete Werk von Fallou, dem noch dazu eine zweite Ausgabe buchhändlerisch angelogen wurde, sich insofern ein gewisses Ansehen verschaffen, als diesen ungeschichtlichen Geschichtschreiber nun die Geschichtsforscher des gleichen Geistes und der gleichen Tiefe als Gewährsmann anrufen. Nomina odiosa, sed nova sunt! Um eine Probe der klassischen Geschichtschreibung von Fallou zu geben, so sagt er S. 147 von den Handwerkern: "Soviel nun ihr geselliges Leben als Gildengenossen überhaupt betrifft, so lag ihnen das Schema zu ihrer Verfassung in allgemeinen Umrissen bereits vor. Denn Gilden bestanden schon in Deutschland, ehe man noch an Handwerksgilden dachte. Es gab bereits eine Ritterzunft, deren Ursprung schon in den Gefolgschaften der germanischen Fürsten zu suchen ist; es gab bereits eine Schützengilde, die Schutzwehr der neuen Städte, und dass es schon zu Karls des Grossen Zeit, noch vor Begründung der Städte, eine Menge sogenannter Eidverbrüderungen (conjurationes) gab, geht daraus hervor, dass er im Jahr 779 - solche Verbindungen verbot."

nicht selten im Kampf und Streit mit den Meistern standen wegen des verlangten höheren Lohnes oder wegen sonstiger Beschwerden über erlittene Unbilden. Das eigentliche Bauhüttenleben, die werktägige Steinmetzkunst und Maurerei musste überhaupt sich ändern und erlöschen, sobald in den einzelnen Ländern und Gegenden die grossen Kirchenbauten nach den Zeiten der Reformation hier früher und dort später erloschen. Das Entstehen der Freimaurerei, wenn auf dem Gebiete der menschlichen Geschichte derartige Vermuthungen erlaubt sind, wäre wohl niemals erfolgt und es wären auch die Bauzünfte und Baubrüderschaften gleich allen üblichen ähnlichen Verbindungen in dem weiten Grabe der Zeiten spurlos untergegangen, wenn nicht der grosse Brand von London im Jahr 1666 noch einmal die schon fast abgestorbenen Bauhütten oder Baulogen zu London in das Leben zurückgerufen hätte, aus den Trümmern welches neuen letzten und ausser ordentlichen Lebens sodann in London die eigentlichen Freimaurerlogen hervorgingen und übrig blieben. Es liegt hierin zugleich ein gewichtiger geschichtlicher Fingerzeig, dass die Entwickelung und Geschichte der Freimaurerei und der Bauverbindungen überhaupt nicht von der Bau kunst getrennt werden dürfe und beide innigst zusammenhängen.

Noch eine andere Bemerkung über die Benützung der unberufene and unbegründete Werk von Fallou, dem noch dazu eine zweite Ausgabe buchhändlerisch angelogen wurde, sich insofern ein gewisses Ansehen verschaffen, als diesen ungeschichtlichen Geschichtschreiber nun die Geschichtsforscher des gleichen Geistes und der gleichen Tiefe als Gewährsmann anrufen. Nomina odiosa, sed nova sunt! Um eine Probe der klassischen Geschichtschreibung von Fallou zu geben, so sagt er S. 147 von den Handwerkern: „Soviel nun ihr geselliges Leben als Gildengenossen überhaupt betrifft, so lag ihnen das Schema zu ihrer Verfassung in allgemeinen Umrissen bereits vor. Denn Gilden bestanden schon in Deutschland, ehe man noch an Handwerksgilden dachte. Es gab bereits eine Ritterzunft, deren Ursprung schon in den Gefolgschaften der germanischen Fürsten zu suchen ist; es gab bereits eine Schützengilde, die Schutzwehr der neuen Städte, und dass es schon zu Karls des Grossen Zeit, noch vor Begründung der Städte, eine Menge sogenannter Eidverbrüderungen (conjurationes) gab, geht daraus hervor, dass er im Jahr 779 – solche Verbindungen verbot.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0325" n="305"/>
nicht selten im Kampf und Streit mit den Meistern standen wegen des verlangten höheren Lohnes oder wegen sonstiger Beschwerden über erlittene Unbilden. Das eigentliche Bauhüttenleben, die werktägige Steinmetzkunst und Maurerei musste überhaupt sich ändern und erlöschen, sobald in den einzelnen Ländern und Gegenden die grossen
 Kirchenbauten nach den Zeiten der Reformation hier früher und dort später erloschen. Das Entstehen der Freimaurerei, wenn auf dem Gebiete der menschlichen Geschichte derartige Vermuthungen erlaubt sind, wäre wohl niemals erfolgt und es wären auch die Bauzünfte und Baubrüderschaften gleich allen üblichen ähnlichen Verbindungen in dem weiten Grabe der Zeiten spurlos untergegangen, wenn nicht der grosse Brand von London im Jahr 1666 noch einmal die schon fast abgestorbenen Bauhütten oder
 Baulogen zu London in das Leben zurückgerufen hätte,
 aus den Trümmern welches neuen letzten und ausser
 ordentlichen Lebens sodann in London die eigentlichen
 Freimaurerlogen hervorgingen und übrig blieben. Es liegt hierin zugleich ein gewichtiger geschichtlicher Fingerzeig, dass die Entwickelung und Geschichte der Freimaurerei und der Bauverbindungen überhaupt nicht von der Bau kunst getrennt werden dürfe und beide innigst zusammenhängen.
 </p>
        <p>
 Noch eine andere Bemerkung über die Benützung der
 unberufene and unbegründete Werk von Fallou, dem noch dazu eine zweite Ausgabe buchhändlerisch angelogen wurde, sich insofern ein gewisses Ansehen verschaffen, als diesen ungeschichtlichen Geschichtschreiber nun die Geschichtsforscher des gleichen Geistes und der gleichen Tiefe als Gewährsmann anrufen. Nomina odiosa, sed nova
 sunt! Um eine Probe der klassischen Geschichtschreibung von Fallou zu geben, so sagt er S. 147 von den Handwerkern: &#x201E;Soviel nun ihr
 geselliges Leben als <hi rendition="#g">Gildengenossen</hi> überhaupt betrifft, so lag ihnen das <hi rendition="#g">Schema</hi> zu ihrer Verfassung in <hi rendition="#g">allgemeinen</hi> Umrissen bereits vor. Denn Gilden bestanden schon in Deutschland, ehe man noch an Handwerksgilden dachte. <hi rendition="#g">Es gab bereits eine Ritterzunft</hi>, deren Ursprung schon in den Gefolgschaften der germanischen Fürsten zu suchen ist; es gab bereits <hi rendition="#g">eine Schützengilde</hi>, die Schutzwehr der neuen Städte, und dass es schon zu Karls des Grossen Zeit, noch vor Begründung der Städte, eine Menge sogenannter Eidverbrüderungen (conjurationes) gab, geht daraus hervor, dass er im Jahr 779 &#x2013; solche Verbindungen verbot.&#x201C; </p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[305/0325] nicht selten im Kampf und Streit mit den Meistern standen wegen des verlangten höheren Lohnes oder wegen sonstiger Beschwerden über erlittene Unbilden. Das eigentliche Bauhüttenleben, die werktägige Steinmetzkunst und Maurerei musste überhaupt sich ändern und erlöschen, sobald in den einzelnen Ländern und Gegenden die grossen Kirchenbauten nach den Zeiten der Reformation hier früher und dort später erloschen. Das Entstehen der Freimaurerei, wenn auf dem Gebiete der menschlichen Geschichte derartige Vermuthungen erlaubt sind, wäre wohl niemals erfolgt und es wären auch die Bauzünfte und Baubrüderschaften gleich allen üblichen ähnlichen Verbindungen in dem weiten Grabe der Zeiten spurlos untergegangen, wenn nicht der grosse Brand von London im Jahr 1666 noch einmal die schon fast abgestorbenen Bauhütten oder Baulogen zu London in das Leben zurückgerufen hätte, aus den Trümmern welches neuen letzten und ausser ordentlichen Lebens sodann in London die eigentlichen Freimaurerlogen hervorgingen und übrig blieben. Es liegt hierin zugleich ein gewichtiger geschichtlicher Fingerzeig, dass die Entwickelung und Geschichte der Freimaurerei und der Bauverbindungen überhaupt nicht von der Bau kunst getrennt werden dürfe und beide innigst zusammenhängen. Noch eine andere Bemerkung über die Benützung der unberufene and unbegründete Werk von Fallou, dem noch dazu eine zweite Ausgabe buchhändlerisch angelogen wurde, sich insofern ein gewisses Ansehen verschaffen, als diesen ungeschichtlichen Geschichtschreiber nun die Geschichtsforscher des gleichen Geistes und der gleichen Tiefe als Gewährsmann anrufen. Nomina odiosa, sed nova sunt! Um eine Probe der klassischen Geschichtschreibung von Fallou zu geben, so sagt er S. 147 von den Handwerkern: „Soviel nun ihr geselliges Leben als Gildengenossen überhaupt betrifft, so lag ihnen das Schema zu ihrer Verfassung in allgemeinen Umrissen bereits vor. Denn Gilden bestanden schon in Deutschland, ehe man noch an Handwerksgilden dachte. Es gab bereits eine Ritterzunft, deren Ursprung schon in den Gefolgschaften der germanischen Fürsten zu suchen ist; es gab bereits eine Schützengilde, die Schutzwehr der neuen Städte, und dass es schon zu Karls des Grossen Zeit, noch vor Begründung der Städte, eine Menge sogenannter Eidverbrüderungen (conjurationes) gab, geht daraus hervor, dass er im Jahr 779 – solche Verbindungen verbot.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/325
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/325>, abgerufen am 22.11.2024.