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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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des Einen Gottes durch die Völker und die Menschen; einstens wird nur Eine Sprache, Eine Religion, Eine Kirche und Loge sein, weil nur Ein Gott ist und sein kann; wenn alle Menschen und alle Völker Eine Sprache reden, Ein Gebet boten, Einen Gott glauben und nennen, Eine vereinigte Kirche und Loge des einzigen Gottes bilden, dann ist auf Erden der Messias erschienen, welchen die jüdischen Propheten verkündet haben und mit Recht die Juden noch erwarten. In der Einen Sprache und Einen Kirche wird der Eine Gott dereinst die ganze und Eine Menschheit umfassen. Die Sprache ist der Hauch (hebr. rouach1)) und das Wort Gottes, welches aus der menschlichen Seele und dem menschlichen Geiste lebendig hervorströmt und diese selbst ist; die menschlichen Sprachen sind die geistigen Winde, die Geister, welche die Menschheit durchwehen, und daher nannte Pythagoras die Worte nach Diogenes Laertius, VIII. 30, die Sturmwinde, die Rauche der Seele ([fremdsprachliches Material]). Mit der Sprache und durch dieselbe wird der Mensch zum Mitgliede seines Volkes und der Menschheit aufgenommen, erhält einen Glauben und ein Wissen, ein Herz und einen Geist, - eine Geschichte oder Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Ueber die Gesinnung oder das Herz, womit gebetet werden solle, darf wohl eine Stelle aus dem Lehrgedichte Mesnewi des oben schon berührten Dschelaleddin Rumi mitgetheilt werden.

Da nun gleichfalls unsrer Lüst' Geruch aufsteigt,
Hilft's dem Sünder nichts, wenn er die Sünd' verschweigt.
Wie der Zwiebel Stank durch alle Worte dringt,
Also auch die Lust durch jede Handlung stinkt.
Dann auch nur fürwahr ist Gott Gebeten feind,
Wenn im graden Beten krummes Herz erscheint.
Ist das Wort krumm und das Herz recht, Freunde wisst!
Solche Krümm' Gott lieber als Gradheit ist.
Der Gebetsausrufer B'lal trotz aller Müh'
Hei! stets beim Gebetsausruf statt Bhai schrie.
Die Gemeind' drauf klagend zum Propheten geht
Unser Glaub' mit solchem Stammeln nicht besteht.

1) Bibliotheque universelle, a. a. O., S. 10.

des Einen Gottes durch die Völker und die Menschen; einstens wird nur Eine Sprache, Eine Religion, Eine Kirche und Loge sein, weil nur Ein Gott ist und sein kann; wenn alle Menschen und alle Völker Eine Sprache reden, Ein Gebet boten, Einen Gott glauben und nennen, Eine vereinigte Kirche und Loge des einzigen Gottes bilden, dann ist auf Erden der Messias erschienen, welchen die jüdischen Propheten verkündet haben und mit Recht die Juden noch erwarten. In der Einen Sprache und Einen Kirche wird der Eine Gott dereinst die ganze und Eine Menschheit umfassen. Die Sprache ist der Hauch (hebr. rouach1)) und das Wort Gottes, welches aus der menschlichen Seele und dem menschlichen Geiste lebendig hervorströmt und diese selbst ist; die menschlichen Sprachen sind die geistigen Winde, die Geister, welche die Menschheit durchwehen, und daher nannte Pythagoras die Worte nach Diogenes Laertius, VIII. 30, die Sturmwinde, die Rauche der Seele ([fremdsprachliches Material]). Mit der Sprache und durch dieselbe wird der Mensch zum Mitgliede seines Volkes und der Menschheit aufgenommen, erhält einen Glauben und ein Wissen, ein Herz und einen Geist, – eine Geschichte oder Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Ueber die Gesinnung oder das Herz, womit gebetet werden solle, darf wohl eine Stelle aus dem Lehrgedichte Mesnewi des oben schon berührten Dschelaleddin Rumi mitgetheilt werden.

Da nun gleichfalls unsrer Lüst’ Geruch aufsteigt,
Hilft’s dem Sünder nichts, wenn er die Sünd’ verschweigt.
Wie der Zwiebel Stank durch alle Worte dringt,
Also auch die Lust durch jede Handlung stinkt.
Dann auch nur fürwahr ist Gott Gebeten feind,
Wenn im graden Beten krummes Herz erscheint.
Ist das Wort krumm und das Herz recht, Freunde wisst!
Solche Krümm’ Gott lieber als Gradheit ist.
Der Gebetsausrufer B’lal trotz aller Müh’
Hei! stets beim Gebetsausruf statt Bhai schrie.
Die Gemeind’ drauf klagend zum Propheten geht
Unser Glaub’ mit solchem Stammeln nicht besteht.

1) Bibliothèque universelle, a. a. O., S. 10.
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[103/0123] des Einen Gottes durch die Völker und die Menschen; einstens wird nur Eine Sprache, Eine Religion, Eine Kirche und Loge sein, weil nur Ein Gott ist und sein kann; wenn alle Menschen und alle Völker Eine Sprache reden, Ein Gebet boten, Einen Gott glauben und nennen, Eine vereinigte Kirche und Loge des einzigen Gottes bilden, dann ist auf Erden der Messias erschienen, welchen die jüdischen Propheten verkündet haben und mit Recht die Juden noch erwarten. In der Einen Sprache und Einen Kirche wird der Eine Gott dereinst die ganze und Eine Menschheit umfassen. Die Sprache ist der Hauch (hebr. rouach 1)) und das Wort Gottes, welches aus der menschlichen Seele und dem menschlichen Geiste lebendig hervorströmt und diese selbst ist; die menschlichen Sprachen sind die geistigen Winde, die Geister, welche die Menschheit durchwehen, und daher nannte Pythagoras die Worte nach Diogenes Laertius, VIII. 30, die Sturmwinde, die Rauche der Seele (_ ). Mit der Sprache und durch dieselbe wird der Mensch zum Mitgliede seines Volkes und der Menschheit aufgenommen, erhält einen Glauben und ein Wissen, ein Herz und einen Geist, – eine Geschichte oder Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ueber die Gesinnung oder das Herz, womit gebetet werden solle, darf wohl eine Stelle aus dem Lehrgedichte Mesnewi des oben schon berührten Dschelaleddin Rumi mitgetheilt werden. Da nun gleichfalls unsrer Lüst’ Geruch aufsteigt, Hilft’s dem Sünder nichts, wenn er die Sünd’ verschweigt. Wie der Zwiebel Stank durch alle Worte dringt, Also auch die Lust durch jede Handlung stinkt. Dann auch nur fürwahr ist Gott Gebeten feind, Wenn im graden Beten krummes Herz erscheint. Ist das Wort krumm und das Herz recht, Freunde wisst! Solche Krümm’ Gott lieber als Gradheit ist. Der Gebetsausrufer B’lal trotz aller Müh’ Hei! stets beim Gebetsausruf statt Bhai schrie. Die Gemeind’ drauf klagend zum Propheten geht Unser Glaub’ mit solchem Stammeln nicht besteht. 1) Bibliothèque universelle, a. a. O., S. 10.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/123>, abgerufen am 12.05.2024.