Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

(wie bei den Parsen und den Indern) mit drei Zipfeln, die das Hauptzeichen der Mannheit und der Fähigkeit zu allen Aemtern und Würden im Kriege und Frieden war. Der Erbprinz allein erhielt noch eine rothe Kopfbinde umgebunden und ebenso einen Speer und eine Streitaxt mit den Worten: "Für die Schlechten." Auch die atheniensischen Jünglinge wurden gleich den germanischen durch Ueberreichung von Schild und Speer wehrhaft gemacht. Die apollinische Jünglingsweihe erfolgte durch Aufstecken eines Zweiges immergrünen Lorbeers zum Zeichen der von den Jünglingen zu erstrebenden immer frischen Lebens- und Seelenkraft.

Indem der Maurerlehrling vor seinem ersten Eintritte in die Loge, in den Tempel Gottes gleichfalls symbolisch die Schuhe ablegen muss, soll er erinnert werden, dass er den heiligen Boden rein und demüthig zu betreten habe. Eben deshalb soll er auch seine Kleinodien, sein. Geld u. s. w. ablegen, um gleichsam nackt und arm vor Gott zu erscheinen und ermahnt zu werden, dass der Mensch alle äussere Güter und Gaben der Güte und Gnade Gottes verdanke. Schon Cieero hatte es eingeschärft,1) den Göttern nur nach Ablegung der Schätze, des Geldes und der Kleinodien zu nahen. Daher war es an dem vorerwähnten Hofe des mexikanischen Königs Montezuma auch nicht erlaubt, vor dem Fürsten in einem prächtigen Anzuge zu erscheinen. An die Naktheit undArmuth, in welcher der Maurerlehrling dem Tempel des ewigen Lichtes nahen soll, reihen sich die weissen Handschuhe und die weisse Schürze des Lehrlings, denn sie sind das Symbol, dass er allein mit reinen Händen, reinem Körper und reinen Kleidern dem Tempel und dem Altare Gottes nahen solle; diese körperliche Reinheit selbst bedeutet aber nur wieder die Seelenreinheit, - die Reinheit des Herzens, des Geistes und der That, durch welche einzig das Reich und der Himmel Gottes, das ewige Licht errungen werden kann. Die Weihe des Maurerlehrlings ist gleich den alten Weihen, namentlich den eleusinischen und den Mithraweihen,2) und

1) De legibus II, 8, 10: "Ad divos adeunto caste, pietatem adhibento, opes amovento: qui secus fascit, deus ipse vindex erit."
2) Windischmann, Mithra, S. 70.

(wie bei den Parsen und den Indern) mit drei Zipfeln, die das Hauptzeichen der Mannheit und der Fähigkeit zu allen Aemtern und Würden im Kriege und Frieden war. Der Erbprinz allein erhielt noch eine rothe Kopfbinde umgebunden und ebenso einen Speer und eine Streitaxt mit den Worten: „Für die Schlechten.“ Auch die atheniensischen Jünglinge wurden gleich den germanischen durch Ueberreichung von Schild und Speer wehrhaft gemacht. Die apollinische Jünglingsweihe erfolgte durch Aufstecken eines Zweiges immergrünen Lorbeers zum Zeichen der von den Jünglingen zu erstrebenden immer frischen Lebens- und Seelenkraft.

Indem der Maurerlehrling vor seinem ersten Eintritte in die Loge, in den Tempel Gottes gleichfalls symbolisch die Schuhe ablegen muss, soll er erinnert werden, dass er den heiligen Boden rein und demüthig zu betreten habe. Eben deshalb soll er auch seine Kleinodien, sein. Geld u. s. w. ablegen, um gleichsam nackt und arm vor Gott zu erscheinen und ermahnt zu werden, dass der Mensch alle äussere Güter und Gaben der Güte und Gnade Gottes verdanke. Schon Cieero hatte es eingeschärft,1) den Göttern nur nach Ablegung der Schätze, des Geldes und der Kleinodien zu nahen. Daher war es an dem vorerwähnten Hofe des mexikanischen Königs Montezuma auch nicht erlaubt, vor dem Fürsten in einem prächtigen Anzuge zu erscheinen. An die Naktheit undArmuth, in welcher der Maurerlehrling dem Tempel des ewigen Lichtes nahen soll, reihen sich die weissen Handschuhe und die weisse Schürze des Lehrlings, denn sie sind das Symbol, dass er allein mit reinen Händen, reinem Körper und reinen Kleidern dem Tempel und dem Altare Gottes nahen solle; diese körperliche Reinheit selbst bedeutet aber nur wieder die Seelenreinheit, – die Reinheit des Herzens, des Geistes und der That, durch welche einzig das Reich und der Himmel Gottes, das ewige Licht errungen werden kann. Die Weihe des Maurerlehrlings ist gleich den alten Weihen, namentlich den eleusinischen und den Mithraweihen,2) und

1) De legibus II, 8, 10: „Ad divos adeunto caste, pietatem adhibento, opes amovento: qui secus fascit, deus ipse vindex erit.“
2) Windischmann, Mithra, S. 70.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0469" n="453"/>
(wie bei den Parsen und den Indern) mit drei Zipfeln, die das Hauptzeichen
 der Mannheit und der Fähigkeit zu allen Aemtern und Würden im Kriege und Frieden war. Der Erbprinz
 allein erhielt noch eine rothe Kopfbinde umgebunden und ebenso einen Speer und eine Streitaxt mit
 den Worten: &#x201E;Für die Schlechten.&#x201C; Auch die atheniensischen Jünglinge wurden gleich den germanischen
 durch Ueberreichung von Schild und Speer wehrhaft gemacht. Die apollinische Jünglingsweihe erfolgte
 durch Aufstecken eines Zweiges immergrünen Lorbeers zum Zeichen der von den Jünglingen zu
 erstrebenden immer frischen Lebens- und Seelenkraft.</p>
        <p> Indem der Maurerlehrling vor seinem ersten Eintritte in die Loge, in den Tempel Gottes
 gleichfalls symbolisch die Schuhe ablegen muss, soll er erinnert werden, dass er den heiligen Boden
 rein und demüthig zu betreten habe. Eben deshalb soll er auch seine Kleinodien, sein. Geld u. s. w.
 ablegen, um gleichsam nackt und arm vor Gott zu erscheinen und ermahnt zu werden, dass der Mensch
 alle äussere Güter und Gaben der Güte und Gnade Gottes verdanke. Schon Cieero hatte es
 eingeschärft,<note place="foot" n="1)">De legibus II, 8, 10: &#x201E;Ad divos adeunto caste, pietatem
 adhibento, opes amovento: qui secus fascit, deus ipse vindex erit.&#x201C;</note> den Göttern nur nach
 Ablegung der Schätze, des Geldes und der Kleinodien zu nahen. Daher war es an dem vorerwähnten Hofe
 des mexikanischen Königs Montezuma auch nicht erlaubt, vor dem Fürsten in einem prächtigen Anzuge zu
 erscheinen. An die Naktheit undArmuth, in welcher der Maurerlehrling dem Tempel des ewigen Lichtes
 nahen soll, reihen sich die weissen Handschuhe und die weisse Schürze des Lehrlings, denn sie sind
 das Symbol, dass er allein mit reinen Händen, reinem Körper und reinen Kleidern dem Tempel und dem
 Altare Gottes nahen solle; diese körperliche Reinheit selbst bedeutet aber nur wieder die
 Seelenreinheit, &#x2013; die Reinheit des Herzens, des Geistes und der That, durch welche einzig das Reich
 und der Himmel Gottes, das ewige Licht errungen werden kann. Die Weihe des Maurerlehrlings ist
 gleich den alten Weihen, namentlich den eleusinischen und den Mithraweihen,<note place="foot" n="2)">Windischmann, Mithra, S. 70. </note> und
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[453/0469] (wie bei den Parsen und den Indern) mit drei Zipfeln, die das Hauptzeichen der Mannheit und der Fähigkeit zu allen Aemtern und Würden im Kriege und Frieden war. Der Erbprinz allein erhielt noch eine rothe Kopfbinde umgebunden und ebenso einen Speer und eine Streitaxt mit den Worten: „Für die Schlechten.“ Auch die atheniensischen Jünglinge wurden gleich den germanischen durch Ueberreichung von Schild und Speer wehrhaft gemacht. Die apollinische Jünglingsweihe erfolgte durch Aufstecken eines Zweiges immergrünen Lorbeers zum Zeichen der von den Jünglingen zu erstrebenden immer frischen Lebens- und Seelenkraft. Indem der Maurerlehrling vor seinem ersten Eintritte in die Loge, in den Tempel Gottes gleichfalls symbolisch die Schuhe ablegen muss, soll er erinnert werden, dass er den heiligen Boden rein und demüthig zu betreten habe. Eben deshalb soll er auch seine Kleinodien, sein. Geld u. s. w. ablegen, um gleichsam nackt und arm vor Gott zu erscheinen und ermahnt zu werden, dass der Mensch alle äussere Güter und Gaben der Güte und Gnade Gottes verdanke. Schon Cieero hatte es eingeschärft, 1) den Göttern nur nach Ablegung der Schätze, des Geldes und der Kleinodien zu nahen. Daher war es an dem vorerwähnten Hofe des mexikanischen Königs Montezuma auch nicht erlaubt, vor dem Fürsten in einem prächtigen Anzuge zu erscheinen. An die Naktheit undArmuth, in welcher der Maurerlehrling dem Tempel des ewigen Lichtes nahen soll, reihen sich die weissen Handschuhe und die weisse Schürze des Lehrlings, denn sie sind das Symbol, dass er allein mit reinen Händen, reinem Körper und reinen Kleidern dem Tempel und dem Altare Gottes nahen solle; diese körperliche Reinheit selbst bedeutet aber nur wieder die Seelenreinheit, – die Reinheit des Herzens, des Geistes und der That, durch welche einzig das Reich und der Himmel Gottes, das ewige Licht errungen werden kann. Die Weihe des Maurerlehrlings ist gleich den alten Weihen, namentlich den eleusinischen und den Mithraweihen, 2) und 1) De legibus II, 8, 10: „Ad divos adeunto caste, pietatem adhibento, opes amovento: qui secus fascit, deus ipse vindex erit.“ 2) Windischmann, Mithra, S. 70.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/469
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/469>, abgerufen am 18.05.2024.