Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

hervor. Die Priesterschaft aber als eine öffentliche oder als eine Staatseinrichtung entstand aus dem Bedürfnisse, das heilige Feuer brennend zu erhalten und nicht mehr erlöschen zu lassen,1) jedoch auch mit dem Feuer den Glauben und die Religionsgebräuche zu erhalten, welche letztern mit dem erstern unzertrennlich verbunden sind. Die ursprüngliche unendlich hohe und stets dauernde Aufgabe des Priesterthums ist die Bewahrung und Verbreitung des wirklichen und des geistigen Lichtes, des irdischen und des himmlischen Feuers, und diese Aufgabe haben die Freimaurer mit der Priesterschaft gemein, indem auch sie Lichtpriester, Lichtbewahrer und Lichtverbreiter sein sollten. Der parsische Priester Atarevakhsho ist wörtlich Derjenige, welcher das Feuer wachsen macht, d. h. den Feuerdienst besorgt.2) Der Zendavesta nennt die Priester stets Atharva, d. h. nach Dunker, a. a. O., II. S. 378 oben, mit Feuer versehen. Auch wurden die Priester caoskjanto's d. i. Feueranzünder, Feuerpriester genannt, wie ein solcher bei den Maurern auch der Meister vom Stuhl ist. Im Alterthume und selbst noch besonders bei den Griechen fiel die Gründung neuer Familien und Privatwohnungen, neuer Gemeinden und Staaten als gleichbedeutend zusammen mit der Errichtung neuer Privat- oder öffentlicher Feuerstätten. Bei den Deutschen wurde bei Heimführung der Braut das Feuer angemacht, ein neues Feuer als Symbol der neu gegründeten Familie angezündet, wie es noch heute an verschiedenen Orten der Gebrauch ist.3) Wie sein Feuer an einem Orte anzünden, eine Feuerstätte errichten, so viel heisst, als sich ansiedeln, sich niederlassen, den Wohnort und das Leben wählen, - ein Haus der Gottheit und sich selbst, eine Stätte des ewigen Feuers errichten,4) wird umgekehrt Jemand rechtlos gemacht, ausgetrieben und verbannt, verfemet, indem man ihm Wasser und Feuer entzieht indem man das Wasser

1) Vergl. über die Pflichten der parsischen Priester Spiegel, Avesta, II. Einleitung S. XVII.
2) Spiegel, Avesta, II S. XVII der Einleitung.
3) Grimm, Rechtsalterthümer, S. 195.
4) Simrok, deutsche Mythologie, S. 478.

hervor. Die Priesterschaft aber als eine öffentliche oder als eine Staatseinrichtung entstand aus dem Bedürfnisse, das heilige Feuer brennend zu erhalten und nicht mehr erlöschen zu lassen,1) jedoch auch mit dem Feuer den Glauben und die Religionsgebräuche zu erhalten, welche letztern mit dem erstern unzertrennlich verbunden sind. Die ursprüngliche unendlich hohe und stets dauernde Aufgabe des Priesterthums ist die Bewahrung und Verbreitung des wirklichen und des geistigen Lichtes, des irdischen und des himmlischen Feuers, und diese Aufgabe haben die Freimaurer mit der Priesterschaft gemein, indem auch sie Lichtpriester, Lichtbewahrer und Lichtverbreiter sein sollten. Der parsische Priester Atarevakhshô ist wörtlich Derjenige, welcher das Feuer wachsen macht, d. h. den Feuerdienst besorgt.2) Der Zendavesta nennt die Priester stets Atharva, d. h. nach Dunker, a. a. O., II. S. 378 oben, mit Feuer versehen. Auch wurden die Priester caoskjantô’s d. i. Feueranzünder, Feuerpriester genannt, wie ein solcher bei den Maurern auch der Meister vom Stuhl ist. Im Alterthume und selbst noch besonders bei den Griechen fiel die Gründung neuer Familien und Privatwohnungen, neuer Gemeinden und Staaten als gleichbedeutend zusammen mit der Errichtung neuer Privat- oder öffentlicher Feuerstätten. Bei den Deutschen wurde bei Heimführung der Braut das Feuer angemacht, ein neues Feuer als Symbol der neu gegründeten Familie angezündet, wie es noch heute an verschiedenen Orten der Gebrauch ist.3) Wie sein Feuer an einem Orte anzünden, eine Feuerstätte errichten, so viel heisst, als sich ansiedeln, sich niederlassen, den Wohnort und das Leben wählen, – ein Haus der Gottheit und sich selbst, eine Stätte des ewigen Feuers errichten,4) wird umgekehrt Jemand rechtlos gemacht, ausgetrieben und verbannt, verfemet, indem man ihm Wasser und Feuer entzieht indem man das Wasser

1) Vergl. über die Pflichten der parsischen Priester Spiegel, Avesta, II. Einleitung S. XVII.
2) Spiegel, Avesta, II S. XVII der Einleitung.
3) Grimm, Rechtsalterthümer, S. 195.
4) Simrok, deutsche Mythologie, S. 478.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0445" n="429"/>
hervor. Die Priesterschaft aber als eine
 öffentliche oder als eine Staatseinrichtung entstand aus dem Bedürfnisse, das heilige Feuer brennend
 zu erhalten und nicht mehr erlöschen zu lassen,<note place="foot" n="1)">Vergl. über die Pflichten
 der parsischen Priester Spiegel, Avesta, II. Einleitung S. XVII. </note> jedoch auch mit dem Feuer
 den Glauben und die Religionsgebräuche zu erhalten, welche letztern mit dem erstern unzertrennlich
 verbunden sind. Die ursprüngliche unendlich hohe und stets dauernde Aufgabe des Priesterthums ist
 die Bewahrung und Verbreitung des wirklichen und des geistigen Lichtes, des irdischen und des
 himmlischen Feuers, und diese Aufgabe haben die Freimaurer mit der Priesterschaft gemein, indem auch
 sie Lichtpriester, Lichtbewahrer und Lichtverbreiter sein sollten. Der parsische Priester
 Atarevakhshô ist wörtlich Derjenige, welcher das Feuer wachsen macht, d. h. den Feuerdienst
 besorgt.<note place="foot" n="2)">Spiegel, Avesta, II S. XVII der Einleitung.</note> Der Zendavesta
 nennt die Priester stets Atharva, d. h. nach Dunker, a. a. O., II. S. 378 oben, mit Feuer versehen.
 Auch wurden die Priester caoskjantô&#x2019;s d. i. Feueranzünder, Feuerpriester genannt, wie ein solcher
 bei den Maurern auch der Meister vom Stuhl ist. Im Alterthume und selbst noch besonders bei den
 Griechen fiel die Gründung neuer Familien und Privatwohnungen, neuer Gemeinden und Staaten als
 gleichbedeutend zusammen mit der Errichtung neuer Privat- oder öffentlicher Feuerstätten. Bei den
 Deutschen wurde bei Heimführung der Braut das Feuer angemacht, ein neues Feuer als Symbol der neu
 gegründeten Familie angezündet, wie es noch heute an verschiedenen Orten der Gebrauch ist.<note place="foot" n="3)">Grimm, Rechtsalterthümer, S. 195.</note> Wie sein Feuer an einem Orte anzünden,
 eine Feuerstätte errichten, so viel heisst, als sich ansiedeln, sich niederlassen, den Wohnort und
 das Leben wählen, &#x2013; ein Haus der Gottheit und sich selbst, eine Stätte des ewigen Feuers
 errichten,<note place="foot" n="4)">Simrok, deutsche Mythologie, S. 478. </note> wird umgekehrt
 Jemand rechtlos gemacht, ausgetrieben und verbannt, verfemet, indem man ihm Wasser und Feuer
 entzieht indem man das Wasser
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[429/0445] hervor. Die Priesterschaft aber als eine öffentliche oder als eine Staatseinrichtung entstand aus dem Bedürfnisse, das heilige Feuer brennend zu erhalten und nicht mehr erlöschen zu lassen, 1) jedoch auch mit dem Feuer den Glauben und die Religionsgebräuche zu erhalten, welche letztern mit dem erstern unzertrennlich verbunden sind. Die ursprüngliche unendlich hohe und stets dauernde Aufgabe des Priesterthums ist die Bewahrung und Verbreitung des wirklichen und des geistigen Lichtes, des irdischen und des himmlischen Feuers, und diese Aufgabe haben die Freimaurer mit der Priesterschaft gemein, indem auch sie Lichtpriester, Lichtbewahrer und Lichtverbreiter sein sollten. Der parsische Priester Atarevakhshô ist wörtlich Derjenige, welcher das Feuer wachsen macht, d. h. den Feuerdienst besorgt. 2) Der Zendavesta nennt die Priester stets Atharva, d. h. nach Dunker, a. a. O., II. S. 378 oben, mit Feuer versehen. Auch wurden die Priester caoskjantô’s d. i. Feueranzünder, Feuerpriester genannt, wie ein solcher bei den Maurern auch der Meister vom Stuhl ist. Im Alterthume und selbst noch besonders bei den Griechen fiel die Gründung neuer Familien und Privatwohnungen, neuer Gemeinden und Staaten als gleichbedeutend zusammen mit der Errichtung neuer Privat- oder öffentlicher Feuerstätten. Bei den Deutschen wurde bei Heimführung der Braut das Feuer angemacht, ein neues Feuer als Symbol der neu gegründeten Familie angezündet, wie es noch heute an verschiedenen Orten der Gebrauch ist. 3) Wie sein Feuer an einem Orte anzünden, eine Feuerstätte errichten, so viel heisst, als sich ansiedeln, sich niederlassen, den Wohnort und das Leben wählen, – ein Haus der Gottheit und sich selbst, eine Stätte des ewigen Feuers errichten, 4) wird umgekehrt Jemand rechtlos gemacht, ausgetrieben und verbannt, verfemet, indem man ihm Wasser und Feuer entzieht indem man das Wasser 1) Vergl. über die Pflichten der parsischen Priester Spiegel, Avesta, II. Einleitung S. XVII. 2) Spiegel, Avesta, II S. XVII der Einleitung. 3) Grimm, Rechtsalterthümer, S. 195. 4) Simrok, deutsche Mythologie, S. 478.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/445
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/445>, abgerufen am 26.11.2024.