Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.gedeutet und bezogen worden sind, wie das ganze Julfest und das Fest der Ostara. "Die Bubenschenkel" sind in dem Kantone Zürich und wohl auch in andern Kantonen der Schweiz die runden sogenannten Neujahrswecke, Neujahrskuchen, welche auf dem Lande besonders geschenkt werden und ursprünglich gewiss Symbole der Sonne, des Sonnenrades waren. Die Seelenwecke sind zu weit hergeholt und nicht volksthümlich; den volksthümlichen Symbolen, den Symbolen und Sitten des Volkslebens muss ein einfacher und allgemein verständlicher Gedanke inwohnen. Zwischen den germanischen Julgebräuchen und den römischen Saturnalien besteht gewiss kein Zusammenhang. Die Neujahrszöpfe, welche neben den Neujahrsrädern, - man dürfte sagen, neben den Julrädern oder vielmehr Rädern (denn Jul bezeichnet das Rad, die Wende) sowohl in Deutschland als in der Schweiz vorkommen, hatten ursprünglich wohl Bezug auf die Frau Gaude, Holla, Holla, Freyja, - auf die Gemahlin des Sonnengottes, mag nun unter diesem Wuotan, Odhin oder sein Sohn Fro, welcher ja nur wieder eine andere Gestalt des Odhin wäre, zu verstehen sein. In Hessen heisst die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr die Jahre und in diesen Jahren werden die Räder und Zöpfe, dort Kringel genannt, gebacken und gegessen.1) Die Benennung dieser Zeit als der Jahre beweiset, dass ursprünglich das Neujahr mit der Sonnenwende begann. Das Mythologischste ist das Neujahrswünschen selbst, denn Wunsch drückt hier das Göttliche, das Selige und Heilige, den allmächtigen Zauber, die Erfüllung und den Besitz aller Gaben und Wünsche aus und bezieht sich auf Wuotan oder Odhin, welchem ja auch die Wünschelruthe, das Wunschschwert, der Wunschpfeil, der Wunschwind, der Wunschmantel, der Wunschhut, das Wunschpferd, das Glücks- und Siegespferd, das Heilpferd, das Wunschschiff, das Seelenschiff, die Wunschgeige, das Wunschhorn, der Wunschseckel, das Wunschtüchlein, die drei Wünsche, das Wunschland,2) die Wunschmädchen 1) Mühlhause, a. a. O., S. 182 ff. 2) Menzel,
Odin, S. 146 ff.
gedeutet und bezogen worden sind, wie das ganze Julfest und das Fest der Ostara. „Die Bubenschenkel“ sind in dem Kantone Zürich und wohl auch in andern Kantonen der Schweiz die runden sogenannten Neujahrswecke, Neujahrskuchen, welche auf dem Lande besonders geschenkt werden und ursprünglich gewiss Symbole der Sonne, des Sonnenrades waren. Die Seelenwecke sind zu weit hergeholt und nicht volksthümlich; den volksthümlichen Symbolen, den Symbolen und Sitten des Volkslebens muss ein einfacher und allgemein verständlicher Gedanke inwohnen. Zwischen den germanischen Julgebräuchen und den römischen Saturnalien besteht gewiss kein Zusammenhang. Die Neujahrszöpfe, welche neben den Neujahrsrädern, – man dürfte sagen, neben den Julrädern oder vielmehr Rädern (denn Jul bezeichnet das Rad, die Wende) sowohl in Deutschland als in der Schweiz vorkommen, hatten ursprünglich wohl Bezug auf die Frau Gaude, Holla, Holla, Freyja, – auf die Gemahlin des Sonnengottes, mag nun unter diesem Wuotan, Odhin oder sein Sohn Frô, welcher ja nur wieder eine andere Gestalt des Odhin wäre, zu verstehen sein. In Hessen heisst die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr die Jahre und in diesen Jahren werden die Räder und Zöpfe, dort Kringel genannt, gebacken und gegessen.1) Die Benennung dieser Zeit als der Jahre beweiset, dass ursprünglich das Neujahr mit der Sonnenwende begann. Das Mythologischste ist das Neujahrswünschen selbst, denn Wunsch drückt hier das Göttliche, das Selige und Heilige, den allmächtigen Zauber, die Erfüllung und den Besitz aller Gaben und Wünsche aus und bezieht sich auf Wuotan oder Odhin, welchem ja auch die Wünschelruthe, das Wunschschwert, der Wunschpfeil, der Wunschwind, der Wunschmantel, der Wunschhut, das Wunschpferd, das Glücks- und Siegespferd, das Heilpferd, das Wunschschiff, das Seelenschiff, die Wunschgeige, das Wunschhorn, der Wunschseckel, das Wunschtüchlein, die drei Wünsche, das Wunschland,2) die Wunschmädchen 1) Mühlhause, a. a. O., S. 182 ff. 2) Menzel,
Odin, S. 146 ff.
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gedeutet und bezogen worden sind, wie das ganze Julfest und das Fest der Ostara. „Die Bubenschenkel“ sind in dem Kantone Zürich und wohl auch in andern Kantonen der Schweiz die runden sogenannten Neujahrswecke, Neujahrskuchen, welche auf dem Lande besonders geschenkt werden und ursprünglich gewiss Symbole der Sonne, des Sonnenrades waren. Die Seelenwecke sind zu weit hergeholt und nicht volksthümlich; den volksthümlichen Symbolen, den Symbolen und Sitten des Volkslebens muss ein einfacher und allgemein verständlicher Gedanke inwohnen. Zwischen den germanischen Julgebräuchen und den römischen Saturnalien besteht gewiss kein Zusammenhang. Die Neujahrszöpfe, welche neben den Neujahrsrädern, – man dürfte sagen, neben den Julrädern oder vielmehr Rädern (denn Jul bezeichnet das Rad, die Wende) sowohl in Deutschland als in der Schweiz vorkommen, hatten ursprünglich wohl Bezug auf die Frau Gaude, Holla, Holla, Freyja, – auf die Gemahlin des Sonnengottes, mag nun unter diesem Wuotan, Odhin oder sein Sohn Frô, welcher ja nur wieder eine andere Gestalt des Odhin wäre, zu verstehen sein. In Hessen heisst die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr die Jahre und in diesen Jahren werden die Räder und Zöpfe, dort Kringel genannt, gebacken und gegessen. 1) Die Benennung dieser Zeit als der Jahre beweiset, dass ursprünglich das Neujahr mit der Sonnenwende begann.
Das Mythologischste ist das Neujahrswünschen selbst, denn Wunsch drückt hier das Göttliche, das Selige und Heilige, den allmächtigen Zauber, die Erfüllung und den Besitz aller Gaben und Wünsche aus und bezieht sich auf Wuotan oder Odhin, welchem ja auch die Wünschelruthe, das Wunschschwert, der Wunschpfeil, der Wunschwind, der Wunschmantel, der Wunschhut, das Wunschpferd, das Glücks- und Siegespferd, das Heilpferd, das Wunschschiff, das Seelenschiff, die Wunschgeige, das Wunschhorn, der Wunschseckel, das Wunschtüchlein, die drei Wünsche, das Wunschland, 2) die Wunschmädchen
1) Mühlhause, a. a. O., S. 182 ff.
2) Menzel, Odin, S. 146 ff.
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Zitationshilfe: | Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/419>, abgerufen am 19.07.2024. |