Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite
Aufladen die Last hilf dem Träger, abwerfen hilf ihm nicht, d. i. stehe Niemand in der Trägheit bei, fördere ihn in der Bestrebsamkeit.
Trage Götterbilder nicht im Ringe, d. i. mache göttliches Wissen und Wort nicht gemein und theile es nicht dem grossen Haufen mit.1)
Du sollst nicht von dem Herzen zehren (dich nicht dem masslosen Kummer überlassen).

Auch war es eine solche, nach den Berichten von Pythagoras bei jeder Gelegenheit eingeschärfte allgemeine Vorschrift: Mit allen Mitteln, und selbst den strengsten, wie bei Krankheiten mit Brennen und Schneiden, müsse man vertilgen und ausrotten - aus der Seele die Unwissenheit, aus dem Bauche die Ueppigkeit, aus dem Staate den Bürgerzwist, aus der Familie die Uneinigkeit und aus allen endlich die Masslosigkeit. Mehr religiöse Vorschriften des Pythagoras waren:

Es ist ungereimt, das Gute anderswoher zu suchen als von den Göttern. Denn da ein Gott ist und dieser der Herr des Alls, so folgt von selbst, dass man von diesem das Gute erbitten muss.
Die Vorschrift, laut zu beten, nicht als ob nicht Gott auch das leise Gebet höre, sondern weil man nur Das erbitten dürfe, was Jedermann wissen könne.
Das Verbot für sich zu beten, weil man sein eigenes Beste nicht wissen könne und daher Gott zu überlassen habe.
Das Gebot des Morgens beim Aufstehen die Pflichten des Tages zu überdenken und Abends vor dem Schlafengehen sich Rechenschaft zu geben, wie sie erfüllt worden seien, was habe ich gefehlt, was recht gethan, was pflichtwidrig verfehlt? Die Parsen sollen gleichfalls, wie der Sad-der Bundehesh vorschreibt, am Abende, ehe sie einschlafen, nochmals sämmtliche Thaten, die sie den ganzen Tag über vollbracht haben, durchdenken und prüfen, ob sie gesündigt haben oder nicht.2) Besteht zwischen dieser Vorschrift Zoroasters und derjenigen des Pytha-
1) Creuzer, Symbolik, I. (stets zweite Ausgabe) S. 104 ff.
2) Spiegel, Avesta, Il. Einleitung, S. L.
Aufladen die Last hilf dem Träger, abwerfen hilf ihm nicht, d. i. stehe Niemand in der Trägheit bei, fördere ihn in der Bestrebsamkeit.
Trage Götterbilder nicht im Ringe, d. i. mache göttliches Wissen und Wort nicht gemein und theile es nicht dem grossen Haufen mit.1)
Du sollst nicht von dem Herzen zehren (dich nicht dem masslosen Kummer überlassen).

Auch war es eine solche, nach den Berichten von Pythagoras bei jeder Gelegenheit eingeschärfte allgemeine Vorschrift: Mit allen Mitteln, und selbst den strengsten, wie bei Krankheiten mit Brennen und Schneiden, müsse man vertilgen und ausrotten – aus der Seele die Unwissenheit, aus dem Bauche die Ueppigkeit, aus dem Staate den Bürgerzwist, aus der Familie die Uneinigkeit und aus allen endlich die Masslosigkeit. Mehr religiöse Vorschriften des Pythagoras waren:

Es ist ungereimt, das Gute anderswoher zu suchen als von den Göttern. Denn da ein Gott ist und dieser der Herr des Alls, so folgt von selbst, dass man von diesem das Gute erbitten muss.
Die Vorschrift, laut zu beten, nicht als ob nicht Gott auch das leise Gebet höre, sondern weil man nur Das erbitten dürfe, was Jedermann wissen könne.
Das Verbot für sich zu beten, weil man sein eigenes Beste nicht wissen könne und daher Gott zu überlassen habe.
Das Gebot des Morgens beim Aufstehen die Pflichten des Tages zu überdenken und Abends vor dem Schlafengehen sich Rechenschaft zu geben, wie sie erfüllt worden seien, was habe ich gefehlt, was recht gethan, was pflichtwidrig verfehlt? Die Parsen sollen gleichfalls, wie der Sad-der Bundehesh vorschreibt, am Abende, ehe sie einschlafen, nochmals sämmtliche Thaten, die sie den ganzen Tag über vollbracht haben, durchdenken und prüfen, ob sie gesündigt haben oder nicht.2) Besteht zwischen dieser Vorschrift Zoroasters und derjenigen des Pytha-
1) Creuzer, Symbolik, I. (stets zweite Ausgabe) S. 104 ff.
2) Spiegel, Avesta, Il. Einleitung, S. L.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0188" n="172"/>
        <cit rendition="#et">
          <quote> Aufladen die Last hilf dem Träger, abwerfen hilf ihm nicht, d. i. stehe Niemand in der
 Trägheit bei, fördere ihn in der Bestrebsamkeit.<lb/>
Trage Götterbilder nicht im Ringe, d. i. mache
 göttliches Wissen und Wort nicht gemein und theile es nicht dem grossen Haufen mit.<note place="foot" n="1)">Creuzer, Symbolik, I. (stets zweite Ausgabe) S. 104 ff.</note><lb/>
Du sollst
 nicht von dem Herzen zehren (dich nicht dem masslosen Kummer überlassen).</quote>
        </cit>
        <p> Auch war es eine solche, nach den Berichten von Pythagoras bei jeder Gelegenheit eingeschärfte
 allgemeine Vorschrift: Mit allen Mitteln, und selbst den strengsten, wie bei Krankheiten mit Brennen
 und Schneiden, müsse man vertilgen und ausrotten &#x2013; aus der Seele die Unwissenheit, aus dem Bauche
 die Ueppigkeit, aus dem Staate den Bürgerzwist, aus der Familie die Uneinigkeit und aus allen
 endlich die Masslosigkeit. Mehr religiöse Vorschriften des Pythagoras waren:</p>
        <cit rendition="#et">
          <quote> Es ist ungereimt, das Gute anderswoher zu suchen als von den Göttern. Denn da ein Gott ist
 und dieser der Herr des Alls, so folgt von selbst, dass man von diesem das Gute erbitten muss.<lb/>
Die Vorschrift, laut zu beten, nicht als ob nicht Gott auch das leise Gebet höre, sondern weil man
 nur Das erbitten dürfe, was Jedermann wissen könne.<lb/>
Das Verbot für sich zu beten, weil man sein
 eigenes Beste nicht wissen könne und daher Gott zu überlassen habe.<lb/>
Das Gebot des Morgens beim
 Aufstehen die Pflichten des Tages zu überdenken und Abends vor dem Schlafengehen sich Rechenschaft
 zu geben, wie sie erfüllt worden seien, was habe ich gefehlt, was recht gethan, was pflichtwidrig
 verfehlt? Die Parsen sollen gleichfalls, wie der Sad-der Bundehesh vorschreibt, am Abende, ehe sie
 einschlafen, nochmals sämmtliche Thaten, die sie den ganzen Tag über vollbracht haben, durchdenken
 und prüfen, ob sie gesündigt haben oder nicht.<note place="foot" n="2)">Spiegel, Avesta, Il.
 Einleitung, S. L.</note> Besteht zwischen dieser Vorschrift Zoroasters und derjenigen des Pytha-
</quote>
        </cit>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[172/0188] Aufladen die Last hilf dem Träger, abwerfen hilf ihm nicht, d. i. stehe Niemand in der Trägheit bei, fördere ihn in der Bestrebsamkeit. Trage Götterbilder nicht im Ringe, d. i. mache göttliches Wissen und Wort nicht gemein und theile es nicht dem grossen Haufen mit. 1) Du sollst nicht von dem Herzen zehren (dich nicht dem masslosen Kummer überlassen). Auch war es eine solche, nach den Berichten von Pythagoras bei jeder Gelegenheit eingeschärfte allgemeine Vorschrift: Mit allen Mitteln, und selbst den strengsten, wie bei Krankheiten mit Brennen und Schneiden, müsse man vertilgen und ausrotten – aus der Seele die Unwissenheit, aus dem Bauche die Ueppigkeit, aus dem Staate den Bürgerzwist, aus der Familie die Uneinigkeit und aus allen endlich die Masslosigkeit. Mehr religiöse Vorschriften des Pythagoras waren: Es ist ungereimt, das Gute anderswoher zu suchen als von den Göttern. Denn da ein Gott ist und dieser der Herr des Alls, so folgt von selbst, dass man von diesem das Gute erbitten muss. Die Vorschrift, laut zu beten, nicht als ob nicht Gott auch das leise Gebet höre, sondern weil man nur Das erbitten dürfe, was Jedermann wissen könne. Das Verbot für sich zu beten, weil man sein eigenes Beste nicht wissen könne und daher Gott zu überlassen habe. Das Gebot des Morgens beim Aufstehen die Pflichten des Tages zu überdenken und Abends vor dem Schlafengehen sich Rechenschaft zu geben, wie sie erfüllt worden seien, was habe ich gefehlt, was recht gethan, was pflichtwidrig verfehlt? Die Parsen sollen gleichfalls, wie der Sad-der Bundehesh vorschreibt, am Abende, ehe sie einschlafen, nochmals sämmtliche Thaten, die sie den ganzen Tag über vollbracht haben, durchdenken und prüfen, ob sie gesündigt haben oder nicht. 2) Besteht zwischen dieser Vorschrift Zoroasters und derjenigen des Pytha- 1) Creuzer, Symbolik, I. (stets zweite Ausgabe) S. 104 ff. 2) Spiegel, Avesta, Il. Einleitung, S. L.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/188
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/188>, abgerufen am 06.05.2024.