Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 394. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. IV. Erbrecht. (Forts.)
welchem Mangel erst die Aufnahme in den neuen Codex
abgeholfen habe (d).

3. Der Pflichttheil betrug nach altem Recht ein Vier-
theil der Intestatportion; Justinian erhöhte ihn nach
Verschiedenheit der Umstände auf ein Drittheil oder die
Hälfte (e). Da dieses Gesetz den Inhalt des Testaments
betraf, hätte es auch auf die schon errichteten Testamente
angewendet werden müssen. Justinian aber verordnete,
daß es erst auf künftige Testamente angewendet werden
sollte, worin also wieder eine schonende Ausnahme lag (f).

4. Durch Kaiserconstitutionen wurde die Befugniß eines
Vaters, seine Concubinenkinder durch letzten Willen zu
bedenken, auf mancherlei abwechselnde Weise beschränkt (g).
Eines dieser beschränkenden Gesetze geht dahin, daß solche
Kinder, wenn keine eheliche Kinder vorhanden wären, die
Hälfte des Vermögens bekommen dürften. Es wurde aber
hinzugefügt, diese Bestimmung solle nur angewendet werden
auf künftig zu errichtende Testamente (h). Darin lag
wieder eine Ausnahme, indem das Gesetz den Inhalt des
Testaments betraf, also eigentlich auf schwebende Testamente
anwendbar gewesen wäre.

5. Durch die L. Julia und die L. Papia Poppaea war
unter K. Augustus die sehr verwickelte Caducität der

(d) Nov. 66 C. 1 § 1.
(e) Nov. 18 (von 536).
(f) Nov. 66 C. 1 § 2--5 (von 538).
(g) Göschen Vorlesungen III. 2 § 793.
(h) L. 8 C. de natur. lib. (5. 27), von Justinian 528.

§. 394. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. IV. Erbrecht. (Fortſ.)
welchem Mangel erſt die Aufnahme in den neuen Codex
abgeholfen habe (d).

3. Der Pflichttheil betrug nach altem Recht ein Vier-
theil der Inteſtatportion; Juſtinian erhöhte ihn nach
Verſchiedenheit der Umſtände auf ein Drittheil oder die
Hälfte (e). Da dieſes Geſetz den Inhalt des Teſtaments
betraf, hätte es auch auf die ſchon errichteten Teſtamente
angewendet werden müſſen. Juſtinian aber verordnete,
daß es erſt auf künftige Teſtamente angewendet werden
ſollte, worin alſo wieder eine ſchonende Ausnahme lag (f).

4. Durch Kaiſerconſtitutionen wurde die Befugniß eines
Vaters, ſeine Concubinenkinder durch letzten Willen zu
bedenken, auf mancherlei abwechſelnde Weiſe beſchränkt (g).
Eines dieſer beſchränkenden Geſetze geht dahin, daß ſolche
Kinder, wenn keine eheliche Kinder vorhanden wären, die
Hälfte des Vermögens bekommen dürften. Es wurde aber
hinzugefügt, dieſe Beſtimmung ſolle nur angewendet werden
auf künftig zu errichtende Teſtamente (h). Darin lag
wieder eine Ausnahme, indem das Geſetz den Inhalt des
Teſtaments betraf, alſo eigentlich auf ſchwebende Teſtamente
anwendbar geweſen wäre.

5. Durch die L. Julia und die L. Papia Poppaea war
unter K. Auguſtus die ſehr verwickelte Caducität der

(d) Nov. 66 C. 1 § 1.
(e) Nov. 18 (von 536).
(f) Nov. 66 C. 1 § 2—5 (von 538).
(g) Göſchen Vorleſungen III. 2 § 793.
(h) L. 8 C. de natur. lib. (5. 27), von Juſtinian 528.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0495" n="473"/><fw place="top" type="header">§. 394. <hi rendition="#aq">A.</hi> Erwerb der Rechte. Anwendungen. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Erbrecht. (Fort&#x017F;.)</fw><lb/>
welchem Mangel er&#x017F;t die Aufnahme in den neuen Codex<lb/>
abgeholfen habe <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Nov.</hi> 66 <hi rendition="#i">C.</hi></hi> 1 § 1.</note>.</p><lb/>
            <p>3. Der Pflichttheil betrug nach altem Recht ein Vier-<lb/>
theil der Inte&#x017F;tatportion; <hi rendition="#g">Ju&#x017F;tinian</hi> erhöhte ihn nach<lb/>
Ver&#x017F;chiedenheit der Um&#x017F;tände auf ein Drittheil oder die<lb/>
Hälfte <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Nov.</hi></hi> 18 (von 536).</note>. Da die&#x017F;es Ge&#x017F;etz den Inhalt des Te&#x017F;taments<lb/>
betraf, hätte es auch auf die &#x017F;chon errichteten Te&#x017F;tamente<lb/>
angewendet werden mü&#x017F;&#x017F;en. <hi rendition="#g">Ju&#x017F;tinian</hi> aber verordnete,<lb/>
daß es er&#x017F;t auf künftige Te&#x017F;tamente angewendet werden<lb/>
&#x017F;ollte, worin al&#x017F;o wieder eine &#x017F;chonende Ausnahme lag <note place="foot" n="(f)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Nov.</hi> 66 <hi rendition="#i">C.</hi></hi> 1 § 2&#x2014;5 (von 538).</note>.</p><lb/>
            <p>4. Durch Kai&#x017F;ercon&#x017F;titutionen wurde die Befugniß eines<lb/>
Vaters, &#x017F;eine Concubinenkinder durch letzten Willen zu<lb/>
bedenken, auf mancherlei abwech&#x017F;elnde Wei&#x017F;e be&#x017F;chränkt <note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#g">&#x017F;chen</hi> Vorle&#x017F;ungen <hi rendition="#aq">III.</hi> 2 § 793.</note>.<lb/>
Eines die&#x017F;er be&#x017F;chränkenden Ge&#x017F;etze geht dahin, daß &#x017F;olche<lb/>
Kinder, wenn keine eheliche Kinder vorhanden wären, die<lb/>
Hälfte des Vermögens bekommen dürften. Es wurde aber<lb/>
hinzugefügt, die&#x017F;e Be&#x017F;timmung &#x017F;olle nur angewendet werden<lb/>
auf künftig zu errichtende Te&#x017F;tamente <note place="foot" n="(h)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 8 <hi rendition="#i">C. de natur. lib.</hi></hi> (5. 27), von <hi rendition="#g">Ju&#x017F;tinian</hi> 528.</note>. Darin lag<lb/>
wieder eine Ausnahme, indem das Ge&#x017F;etz den Inhalt des<lb/>
Te&#x017F;taments betraf, al&#x017F;o eigentlich auf &#x017F;chwebende Te&#x017F;tamente<lb/>
anwendbar gewe&#x017F;en wäre.</p><lb/>
            <p>5. Durch die <hi rendition="#aq">L. Julia</hi> und die <hi rendition="#aq">L. Papia Poppaea</hi> war<lb/>
unter K. <hi rendition="#g">Augu&#x017F;tus</hi> die &#x017F;ehr verwickelte Caducität der<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[473/0495] §. 394. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. IV. Erbrecht. (Fortſ.) welchem Mangel erſt die Aufnahme in den neuen Codex abgeholfen habe (d). 3. Der Pflichttheil betrug nach altem Recht ein Vier- theil der Inteſtatportion; Juſtinian erhöhte ihn nach Verſchiedenheit der Umſtände auf ein Drittheil oder die Hälfte (e). Da dieſes Geſetz den Inhalt des Teſtaments betraf, hätte es auch auf die ſchon errichteten Teſtamente angewendet werden müſſen. Juſtinian aber verordnete, daß es erſt auf künftige Teſtamente angewendet werden ſollte, worin alſo wieder eine ſchonende Ausnahme lag (f). 4. Durch Kaiſerconſtitutionen wurde die Befugniß eines Vaters, ſeine Concubinenkinder durch letzten Willen zu bedenken, auf mancherlei abwechſelnde Weiſe beſchränkt (g). Eines dieſer beſchränkenden Geſetze geht dahin, daß ſolche Kinder, wenn keine eheliche Kinder vorhanden wären, die Hälfte des Vermögens bekommen dürften. Es wurde aber hinzugefügt, dieſe Beſtimmung ſolle nur angewendet werden auf künftig zu errichtende Teſtamente (h). Darin lag wieder eine Ausnahme, indem das Geſetz den Inhalt des Teſtaments betraf, alſo eigentlich auf ſchwebende Teſtamente anwendbar geweſen wäre. 5. Durch die L. Julia und die L. Papia Poppaea war unter K. Auguſtus die ſehr verwickelte Caducität der (d) Nov. 66 C. 1 § 1. (e) Nov. 18 (von 536). (f) Nov. 66 C. 1 § 2—5 (von 538). (g) Göſchen Vorleſungen III. 2 § 793. (h) L. 8 C. de natur. lib. (5. 27), von Juſtinian 528.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/495
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/495>, abgerufen am 17.05.2024.