Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
Lex Furia und Lex Voconia, auf die künftigen lediglich die Lex Falcidia, angewendet werden sollten.
2. Im J. 531 verordnete Justinian, jede Erbein- setzung solle nur gültig seyn, wenn der Testator den Namen des Erben mit eigener Hand schreibe oder vor den Zeugen mündlich ausspreche. Diese Vorschrift solle aber nur ange- wendet werden auf künftige Testamente, nicht auf schon errichtete (c). -- In dieser transitorischen Vorschrift lag eine reine Anwendung der oben aufgestellten Grundsätze, indem das neue Gesetz lediglich die Form des Testaments betraf (§ 393 Num. 5). Allein drei Jahre später (534) wurde jenes Gesetz in den neuesten Codex aufgenommen, und zwar mit dem so eben angeführten transitorischen Zu- satz. Darin lag also die Vorschrift, daß die in den ver- flossenen drei Jahren (zwischen 531 und 534) gemachten Testamente, auf die eigentlich das Gesetz schon anwendbar gewesen wäre, davon frei seyn sollten, also gewissermaßen eine Amnestie für die in diesen Testamenten etwa began- gene Vernachlässigung des Gesetzes. Man könnte diese auffallende Wiederholung der transitorischen Vorschrift viel- leicht für ein bloßes Versehen halten wollen; allein Justi- nian selbst hat dieselbe in einem späteren Gesetz für ab- sichtlich erklärt, gegründet auf die Wahrnehmung, daß das neue Gesetz ursprünglich nicht genug bekannt geworden sey,
(c)L. 29 C. de test. (6. 23). -- Diese ganze Bestimmung hat nur noch ein historisches Interesse, da sie nach wenigen Jahren wieder aufgehoben wurde. Nov. 119 C. 9 (von 544).
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
Lex Furia und Lex Voconia, auf die künftigen lediglich die Lex Falcidia, angewendet werden ſollten.
2. Im J. 531 verordnete Juſtinian, jede Erbein- ſetzung ſolle nur gültig ſeyn, wenn der Teſtator den Namen des Erben mit eigener Hand ſchreibe oder vor den Zeugen mündlich ausſpreche. Dieſe Vorſchrift ſolle aber nur ange- wendet werden auf künftige Teſtamente, nicht auf ſchon errichtete (c). — In dieſer tranſitoriſchen Vorſchrift lag eine reine Anwendung der oben aufgeſtellten Grundſätze, indem das neue Geſetz lediglich die Form des Teſtaments betraf (§ 393 Num. 5). Allein drei Jahre ſpäter (534) wurde jenes Geſetz in den neueſten Codex aufgenommen, und zwar mit dem ſo eben angeführten tranſitoriſchen Zu- ſatz. Darin lag alſo die Vorſchrift, daß die in den ver- floſſenen drei Jahren (zwiſchen 531 und 534) gemachten Teſtamente, auf die eigentlich das Geſetz ſchon anwendbar geweſen wäre, davon frei ſeyn ſollten, alſo gewiſſermaßen eine Amneſtie für die in dieſen Teſtamenten etwa began- gene Vernachläſſigung des Geſetzes. Man könnte dieſe auffallende Wiederholung der tranſitoriſchen Vorſchrift viel- leicht für ein bloßes Verſehen halten wollen; allein Juſti- nian ſelbſt hat dieſelbe in einem ſpäteren Geſetz für ab- ſichtlich erklärt, gegründet auf die Wahrnehmung, daß das neue Geſetz urſprünglich nicht genug bekannt geworden ſey,
(c)L. 29 C. de test. (6. 23). — Dieſe ganze Beſtimmung hat nur noch ein hiſtoriſches Intereſſe, da ſie nach wenigen Jahren wieder aufgehoben wurde. Nov. 119 C. 9 (von 544).
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Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
Lex Furia und Lex Voconia, auf die künftigen lediglich
die Lex Falcidia, angewendet werden ſollten.
2. Im J. 531 verordnete Juſtinian, jede Erbein-
ſetzung ſolle nur gültig ſeyn, wenn der Teſtator den Namen
des Erben mit eigener Hand ſchreibe oder vor den Zeugen
mündlich ausſpreche. Dieſe Vorſchrift ſolle aber nur ange-
wendet werden auf künftige Teſtamente, nicht auf ſchon
errichtete (c). — In dieſer tranſitoriſchen Vorſchrift lag
eine reine Anwendung der oben aufgeſtellten Grundſätze,
indem das neue Geſetz lediglich die Form des Teſtaments
betraf (§ 393 Num. 5). Allein drei Jahre ſpäter (534)
wurde jenes Geſetz in den neueſten Codex aufgenommen,
und zwar mit dem ſo eben angeführten tranſitoriſchen Zu-
ſatz. Darin lag alſo die Vorſchrift, daß die in den ver-
floſſenen drei Jahren (zwiſchen 531 und 534) gemachten
Teſtamente, auf die eigentlich das Geſetz ſchon anwendbar
geweſen wäre, davon frei ſeyn ſollten, alſo gewiſſermaßen
eine Amneſtie für die in dieſen Teſtamenten etwa began-
gene Vernachläſſigung des Geſetzes. Man könnte dieſe
auffallende Wiederholung der tranſitoriſchen Vorſchrift viel-
leicht für ein bloßes Verſehen halten wollen; allein Juſti-
nian ſelbſt hat dieſelbe in einem ſpäteren Geſetz für ab-
ſichtlich erklärt, gegründet auf die Wahrnehmung, daß das
neue Geſetz urſprünglich nicht genug bekannt geworden ſey,
(c) L. 29 C. de test. (6. 23). — Dieſe ganze Beſtimmung hat
nur noch ein hiſtoriſches Intereſſe, da ſie nach wenigen Jahren wieder
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/494>, abgerufen am 22.11.2024.
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