§. 389. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. I. Person an sich.
Eine gleichlautende Bestimmung enthalten die übrigen transitorischen Gesetze der nachfolgenden Jahre (§ 383), und eben so eine besondere für Erfurt und Wandersleben über die Volljährigkeit im J. 1817 erlassene Verordnung (d).
Eine abweichende Ansicht über diese Frage vertheidigt ein Schriftsteller des Französischen Rechts, indem er be- hauptet, daß in einem solchen Fall der bereits volljährig Gewordene, in Folge des neuen Gesetzes, wieder als min- derjährig behandelt werden müsse, und zur Bestätigung dieser Behauptung übereinstimmende Urtheile der Gerichts- höfe von Nismes und Turin anführt (e).
2. Aehnliche Fragen können in Ansehung des Ge- schlechts vorkommen, nur mit dem Unterschied, daß dabei der Fall eines persönlich erworbenen Rechts, wie bei der Minderjährigkeit, nicht eintreten kann.
Wenn in einem Lande, das bisher die Geschlechtsvor- mundschaft nicht kannte, eine solche in irgend einer ihrer vielen Abstufungen (f) durch neues Gesetz eingeführt wird, so sind derselben augenblicklich alle jetzt lebende Frauen un- terworfen. Eben so verhält es sich umgekehrt, wenn die bisher bestehende Geschlechtsvormundschaft durch neues Ge- setz abgeschafft wird (g).
Wenn da, wo die Frauen, gleich den Männern, gültige Bürgschaften übernehmen können, das Sc. Vellejanum ein-
(d) Gesetzsammlung 1817 S. 201.
(e)Meyer p. 97. 98.
(f)Eichhorn deutsches Recht § 324--326.
(g)Chabot T. 1 p. 29--36.
VIII. 27
§. 389. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. I. Perſon an ſich.
Eine gleichlautende Beſtimmung enthalten die übrigen tranſitoriſchen Geſetze der nachfolgenden Jahre (§ 383), und eben ſo eine beſondere für Erfurt und Wandersleben über die Volljährigkeit im J. 1817 erlaſſene Verordnung (d).
Eine abweichende Anſicht über dieſe Frage vertheidigt ein Schriftſteller des Franzöſiſchen Rechts, indem er be- hauptet, daß in einem ſolchen Fall der bereits volljährig Gewordene, in Folge des neuen Geſetzes, wieder als min- derjährig behandelt werden müſſe, und zur Beſtätigung dieſer Behauptung übereinſtimmende Urtheile der Gerichts- höfe von Nismes und Turin anführt (e).
2. Aehnliche Fragen können in Anſehung des Ge- ſchlechts vorkommen, nur mit dem Unterſchied, daß dabei der Fall eines perſönlich erworbenen Rechts, wie bei der Minderjährigkeit, nicht eintreten kann.
Wenn in einem Lande, das bisher die Geſchlechtsvor- mundſchaft nicht kannte, eine ſolche in irgend einer ihrer vielen Abſtufungen (f) durch neues Geſetz eingeführt wird, ſo ſind derſelben augenblicklich alle jetzt lebende Frauen un- terworfen. Eben ſo verhält es ſich umgekehrt, wenn die bisher beſtehende Geſchlechtsvormundſchaft durch neues Ge- ſetz abgeſchafft wird (g).
Wenn da, wo die Frauen, gleich den Männern, gültige Bürgſchaften übernehmen können, das Sc. Vellejanum ein-
(d) Geſetzſammlung 1817 S. 201.
(e)Meyer p. 97. 98.
(f)Eichhorn deutſches Recht § 324—326.
(g)Chabot T. 1 p. 29—36.
VIII. 27
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0439"n="417"/><fwplace="top"type="header">§. 389. <hirendition="#aq">A.</hi> Erwerb der Rechte. Anwendungen. <hirendition="#aq">I.</hi> Perſon an ſich.</fw><lb/><p>Eine gleichlautende Beſtimmung enthalten die übrigen<lb/>
tranſitoriſchen Geſetze der nachfolgenden Jahre (§ 383),<lb/>
und eben ſo eine beſondere für Erfurt und Wandersleben<lb/>
über die Volljährigkeit im J. 1817 erlaſſene Verordnung <noteplace="foot"n="(d)">Geſetzſammlung 1817 S. 201.</note>.</p><lb/><p>Eine abweichende Anſicht über dieſe Frage vertheidigt<lb/>
ein Schriftſteller des Franzöſiſchen Rechts, indem er be-<lb/>
hauptet, daß in einem ſolchen Fall der bereits volljährig<lb/>
Gewordene, in Folge des neuen Geſetzes, wieder als min-<lb/>
derjährig behandelt werden müſſe, und zur Beſtätigung<lb/>
dieſer Behauptung übereinſtimmende Urtheile der Gerichts-<lb/>
höfe von Nismes und Turin anführt <noteplace="foot"n="(e)"><hirendition="#aq"><hirendition="#k">Meyer</hi> p.</hi> 97. 98.</note>.</p><lb/><p>2. Aehnliche Fragen können in Anſehung des <hirendition="#g">Ge-<lb/>ſchlechts</hi> vorkommen, nur mit dem Unterſchied, daß dabei<lb/>
der Fall eines perſönlich erworbenen Rechts, wie bei der<lb/>
Minderjährigkeit, nicht eintreten kann.</p><lb/><p>Wenn in einem Lande, das bisher die Geſchlechtsvor-<lb/>
mundſchaft nicht kannte, eine ſolche in irgend einer ihrer<lb/>
vielen Abſtufungen <noteplace="foot"n="(f)"><hirendition="#g">Eichhorn</hi> deutſches Recht § 324—326.</note> durch neues Geſetz eingeführt wird,<lb/>ſo ſind derſelben augenblicklich alle jetzt lebende Frauen un-<lb/>
terworfen. Eben ſo verhält es ſich umgekehrt, wenn die<lb/>
bisher beſtehende Geſchlechtsvormundſchaft durch neues Ge-<lb/>ſetz abgeſchafft wird <noteplace="foot"n="(g)"><hirendition="#aq"><hirendition="#k">Chabot</hi> T. 1<lb/>
p.</hi> 29—36.</note>.</p><lb/><p>Wenn da, wo die Frauen, gleich den Männern, gültige<lb/>
Bürgſchaften übernehmen können, das <hirendition="#aq">Sc. Vellejanum</hi> ein-<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">VIII.</hi> 27</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[417/0439]
§. 389. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. I. Perſon an ſich.
Eine gleichlautende Beſtimmung enthalten die übrigen
tranſitoriſchen Geſetze der nachfolgenden Jahre (§ 383),
und eben ſo eine beſondere für Erfurt und Wandersleben
über die Volljährigkeit im J. 1817 erlaſſene Verordnung (d).
Eine abweichende Anſicht über dieſe Frage vertheidigt
ein Schriftſteller des Franzöſiſchen Rechts, indem er be-
hauptet, daß in einem ſolchen Fall der bereits volljährig
Gewordene, in Folge des neuen Geſetzes, wieder als min-
derjährig behandelt werden müſſe, und zur Beſtätigung
dieſer Behauptung übereinſtimmende Urtheile der Gerichts-
höfe von Nismes und Turin anführt (e).
2. Aehnliche Fragen können in Anſehung des Ge-
ſchlechts vorkommen, nur mit dem Unterſchied, daß dabei
der Fall eines perſönlich erworbenen Rechts, wie bei der
Minderjährigkeit, nicht eintreten kann.
Wenn in einem Lande, das bisher die Geſchlechtsvor-
mundſchaft nicht kannte, eine ſolche in irgend einer ihrer
vielen Abſtufungen (f) durch neues Geſetz eingeführt wird,
ſo ſind derſelben augenblicklich alle jetzt lebende Frauen un-
terworfen. Eben ſo verhält es ſich umgekehrt, wenn die
bisher beſtehende Geſchlechtsvormundſchaft durch neues Ge-
ſetz abgeſchafft wird (g).
Wenn da, wo die Frauen, gleich den Männern, gültige
Bürgſchaften übernehmen können, das Sc. Vellejanum ein-
(d) Geſetzſammlung 1817 S. 201.
(e) Meyer p. 97. 98.
(f) Eichhorn deutſches Recht § 324—326.
(g) Chabot T. 1
p. 29—36.
VIII. 27
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/439>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.