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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
so daß die Schulden vielleicht von sehr verschiedenen Perso-
nen zu tragen sind (a). -- Man kann diese Meinung nach
dem oben erklärten Kunstausdruck kurz so bezeichnen, daß
sie Gesetze über das Erbrecht für Realstatuten er-
klärt (§ 361) (b).

Ich werde diese drei Meinungen jetzt einzeln darstellen,
und zwar nach der Zeitfolge ihrer Entstehung und vorherr-
schenden Geltung.

A. Die älteste Meinung ist die, nach welcher die
Erbschaft in alle Sachen, bewegliche und unbewegliche, le-
diglich unter dem Gesetz des Landes stehen soll, in welchem
die Sache liegt (c); diese Meinung ist eine einzelne An-
wendung des strengen Rechts der Territorialität (§ 348).

Die älteste und schroffste Gestalt derselben ging dahin,
daß alle im Lande befindliche Erbschaftsstücke (bewegliche
und unbewegliche) an ausländische Erben gar nicht kom-
men, sondern an deren Stelle dem Landesherrn (oder Vog-

(a) Diese ungemeine Schwierig-
keit in der Ausführung wird auch
von den Schriftstellern nicht ver-
kannt, und es werden Vorschläge
zur Aushülfe gemacht, die sich
großentheils willkürlich und unzu-
reichend zeigen. Vgl. Hert. § 29.
Es liegt darin aber nur ein Kenn-
zeichen der inneren Unwahrheit
dieses ganzen Systems. Derselbe
Vorwurf trifft natürlich auch die
vorhergehende Meinung, nur noch
in weit höherem Grade.
(b) Diese Bezeichnung würde
noch in höherem Grade auf die
vorhergehende Meinung passen,
wenn es nicht üblich wäre, den
Ausdruck der Realstatuten auf
Immobilien zu beschränken.
(c) Schriftsteller für diese Mei-
nung sind in großer Zahl ange-
führt bei Wächter I. 275. 276.
II.
192.

Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
ſo daß die Schulden vielleicht von ſehr verſchiedenen Perſo-
nen zu tragen ſind (a). — Man kann dieſe Meinung nach
dem oben erklärten Kunſtausdruck kurz ſo bezeichnen, daß
ſie Geſetze über das Erbrecht für Realſtatuten er-
klärt (§ 361) (b).

Ich werde dieſe drei Meinungen jetzt einzeln darſtellen,
und zwar nach der Zeitfolge ihrer Entſtehung und vorherr-
ſchenden Geltung.

A. Die älteſte Meinung iſt die, nach welcher die
Erbſchaft in alle Sachen, bewegliche und unbewegliche, le-
diglich unter dem Geſetz des Landes ſtehen ſoll, in welchem
die Sache liegt (c); dieſe Meinung iſt eine einzelne An-
wendung des ſtrengen Rechts der Territorialität (§ 348).

Die älteſte und ſchroffſte Geſtalt derſelben ging dahin,
daß alle im Lande befindliche Erbſchaftsſtücke (bewegliche
und unbewegliche) an ausländiſche Erben gar nicht kom-
men, ſondern an deren Stelle dem Landesherrn (oder Vog-

(a) Dieſe ungemeine Schwierig-
keit in der Ausführung wird auch
von den Schriftſtellern nicht ver-
kannt, und es werden Vorſchläge
zur Aushülfe gemacht, die ſich
großentheils willkürlich und unzu-
reichend zeigen. Vgl. Hert. § 29.
Es liegt darin aber nur ein Kenn-
zeichen der inneren Unwahrheit
dieſes ganzen Syſtems. Derſelbe
Vorwurf trifft natürlich auch die
vorhergehende Meinung, nur noch
in weit höherem Grade.
(b) Dieſe Bezeichnung würde
noch in höherem Grade auf die
vorhergehende Meinung paſſen,
wenn es nicht üblich wäre, den
Ausdruck der Realſtatuten auf
Immobilien zu beſchränken.
(c) Schriftſteller für dieſe Mei-
nung ſind in großer Zahl ange-
führt bei Wächter I. 275. 276.
II.
192.
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[300/0322] Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. ſo daß die Schulden vielleicht von ſehr verſchiedenen Perſo- nen zu tragen ſind (a). — Man kann dieſe Meinung nach dem oben erklärten Kunſtausdruck kurz ſo bezeichnen, daß ſie Geſetze über das Erbrecht für Realſtatuten er- klärt (§ 361) (b). Ich werde dieſe drei Meinungen jetzt einzeln darſtellen, und zwar nach der Zeitfolge ihrer Entſtehung und vorherr- ſchenden Geltung. A. Die älteſte Meinung iſt die, nach welcher die Erbſchaft in alle Sachen, bewegliche und unbewegliche, le- diglich unter dem Geſetz des Landes ſtehen ſoll, in welchem die Sache liegt (c); dieſe Meinung iſt eine einzelne An- wendung des ſtrengen Rechts der Territorialität (§ 348). Die älteſte und ſchroffſte Geſtalt derſelben ging dahin, daß alle im Lande befindliche Erbſchaftsſtücke (bewegliche und unbewegliche) an ausländiſche Erben gar nicht kom- men, ſondern an deren Stelle dem Landesherrn (oder Vog- (a) Dieſe ungemeine Schwierig- keit in der Ausführung wird auch von den Schriftſtellern nicht ver- kannt, und es werden Vorſchläge zur Aushülfe gemacht, die ſich großentheils willkürlich und unzu- reichend zeigen. Vgl. Hert. § 29. Es liegt darin aber nur ein Kenn- zeichen der inneren Unwahrheit dieſes ganzen Syſtems. Derſelbe Vorwurf trifft natürlich auch die vorhergehende Meinung, nur noch in weit höherem Grade. (b) Dieſe Bezeichnung würde noch in höherem Grade auf die vorhergehende Meinung paſſen, wenn es nicht üblich wäre, den Ausdruck der Realſtatuten auf Immobilien zu beſchränken. (c) Schriftſteller für dieſe Mei- nung ſind in großer Zahl ange- führt bei Wächter I. 275. 276. II. 192.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/322>, abgerufen am 27.11.2024.