durch Fortbildung verschiedene, successive. Zum Zweck einer kurzen und gleichförmigen Beziehung will ich folgende Aus- drücke gebrauchen: Örtliche Gränzen der Herrschaft der Rechtsregeln. Zeitliche Gränzen der Herrschaft.
Der zweite dieser Kunstausdrücke ist für sich klar. Die Rechtfertigung des ersten ist nur im Laufe der folgenden Untersuchung möglich.
Das gegenwärtige Werk hat zum Gegenstand das Römische Recht. In welchem Verhältniß nun steht das Römische Recht zu den hier aufgeworfenen Fragen? Wir müssen dafür ein zwiefaches, an sich verschiedenes, Ver- hältniß anerkennen.
Zunächst müssen wir für die Anwendung des Römischen Rechts auf bestimmte Staaten und Völker, im Verhältniß zu anderen positiven Rechten, auf jene Fragen eingehen, wenn wir ihm irgend eine praktische Geltung sichern wollen. Dieses Bedürfniß würde unabweislich sein, selbst wenn die Römischen Juristen an jene Fragen nie gedacht, sich damit niemals beschäftigt hätten. -- Zweitens aber haben die Römer in der That diese Fragen behandelt, und wir müs- sen daher ihre Aussprüche über dieselben aufsuchen und feststellen. Obgleich nun diese Aussprüche zum Theil ein- seitig und mangelhaft sind, auch nicht überall auf unmit- telbare Anwendung Anspruch haben können, selbst da, wo wir die Geltung des Römischen Rechts im Allgemeinen anzunehmen berechtigt sind, so ist dennoch die Feststellung
§. 344. Einleitung.
durch Fortbildung verſchiedene, ſucceſſive. Zum Zweck einer kurzen und gleichförmigen Beziehung will ich folgende Aus- drücke gebrauchen: Örtliche Gränzen der Herrſchaft der Rechtsregeln. Zeitliche Gränzen der Herrſchaft.
Der zweite dieſer Kunſtausdrücke iſt für ſich klar. Die Rechtfertigung des erſten iſt nur im Laufe der folgenden Unterſuchung möglich.
Das gegenwärtige Werk hat zum Gegenſtand das Römiſche Recht. In welchem Verhältniß nun ſteht das Römiſche Recht zu den hier aufgeworfenen Fragen? Wir müſſen dafür ein zwiefaches, an ſich verſchiedenes, Ver- hältniß anerkennen.
Zunächſt müſſen wir für die Anwendung des Römiſchen Rechts auf beſtimmte Staaten und Völker, im Verhältniß zu anderen poſitiven Rechten, auf jene Fragen eingehen, wenn wir ihm irgend eine praktiſche Geltung ſichern wollen. Dieſes Bedürfniß würde unabweislich ſein, ſelbſt wenn die Römiſchen Juriſten an jene Fragen nie gedacht, ſich damit niemals beſchäftigt hätten. — Zweitens aber haben die Römer in der That dieſe Fragen behandelt, und wir müſ- ſen daher ihre Ausſprüche über dieſelben aufſuchen und feſtſtellen. Obgleich nun dieſe Ausſprüche zum Theil ein- ſeitig und mangelhaft ſind, auch nicht überall auf unmit- telbare Anwendung Anſpruch haben können, ſelbſt da, wo wir die Geltung des Römiſchen Rechts im Allgemeinen anzunehmen berechtigt ſind, ſo iſt dennoch die Feſtſtellung
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§. 344. Einleitung.
durch Fortbildung verſchiedene, ſucceſſive. Zum Zweck einer
kurzen und gleichförmigen Beziehung will ich folgende Aus-
drücke gebrauchen:
Örtliche Gränzen der Herrſchaft der Rechtsregeln.
Zeitliche Gränzen der Herrſchaft.
Der zweite dieſer Kunſtausdrücke iſt für ſich klar. Die
Rechtfertigung des erſten iſt nur im Laufe der folgenden
Unterſuchung möglich.
Das gegenwärtige Werk hat zum Gegenſtand das
Römiſche Recht. In welchem Verhältniß nun ſteht das
Römiſche Recht zu den hier aufgeworfenen Fragen? Wir
müſſen dafür ein zwiefaches, an ſich verſchiedenes, Ver-
hältniß anerkennen.
Zunächſt müſſen wir für die Anwendung des Römiſchen
Rechts auf beſtimmte Staaten und Völker, im Verhältniß
zu anderen poſitiven Rechten, auf jene Fragen eingehen,
wenn wir ihm irgend eine praktiſche Geltung ſichern wollen.
Dieſes Bedürfniß würde unabweislich ſein, ſelbſt wenn die
Römiſchen Juriſten an jene Fragen nie gedacht, ſich damit
niemals beſchäftigt hätten. — Zweitens aber haben die
Römer in der That dieſe Fragen behandelt, und wir müſ-
ſen daher ihre Ausſprüche über dieſelben aufſuchen und
feſtſtellen. Obgleich nun dieſe Ausſprüche zum Theil ein-
ſeitig und mangelhaft ſind, auch nicht überall auf unmit-
telbare Anwendung Anſpruch haben können, ſelbſt da, wo
wir die Geltung des Römiſchen Rechts im Allgemeinen
anzunehmen berechtigt ſind, ſo iſt dennoch die Feſtſtellung
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/27>, abgerufen am 22.11.2024.
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