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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln.
tritt aber nun noch eine neue, von der bisher betrachteten
verschiedene, obgleich damit verwandte, hinzu. Wir betrach-
teten bisher die Rechtsregeln als feststehende, ohne Rücksicht
auf mögliche Veränderungen derselben in der Zeit. Nun
gehört es aber zu dem Wesen des positiven Rechts, daß
dasselbe nicht als ein ruhendes, sondern als ein in steter
Fortbildung und Entwickelung begriffenes, aufgefaßt werde (c),
und damit wird ihm die Eigenschaft der Wandelbarkeit in
der Zeit zugeschrieben. Ferner hat jedes unserer Beurthei-
lung vorliegende Rechtsverhältniß nothwendig seinen Ent-
stehungsgrund in juristischen Thatsachen (d), die stets in
einer, bald näher bald entfernter liegenden, Vergangenheit
gedacht werden müssen. Da aber in der Zwischenzeit, von
der Entstehung des Rechtsverhältnisses bis zur Gegenwart,
Veränderungen im positiven Recht eingetreten sein können,
so ist noch zu bestimmen, aus welchem Zeitpunkt wir die
das Rechtsverhältniß beherrschende Regel zu entnehmen
haben.

Aus dieser Betrachtung entsteht mithin eine neue Art
von Gränzen für die Herrschaft der Rechtsregeln, und da-
mit eine neue Art möglicher Collisionen, nicht minder wich-
tig und schwierig, als die vorher betrachteten Gränzen und
Collisionen. In der früheren Betrachtung wurden die
Rechtsregeln gedacht als gleichzeitige, ruhende, feststehende;
in dieser späteren werden sie gedacht als ungleichzeitige,

(c) S. o. B. 1 § 7.
(d) S. o. B. 3 § 104.

Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln.
tritt aber nun noch eine neue, von der bisher betrachteten
verſchiedene, obgleich damit verwandte, hinzu. Wir betrach-
teten bisher die Rechtsregeln als feſtſtehende, ohne Rückſicht
auf mögliche Veränderungen derſelben in der Zeit. Nun
gehört es aber zu dem Weſen des poſitiven Rechts, daß
daſſelbe nicht als ein ruhendes, ſondern als ein in ſteter
Fortbildung und Entwickelung begriffenes, aufgefaßt werde (c),
und damit wird ihm die Eigenſchaft der Wandelbarkeit in
der Zeit zugeſchrieben. Ferner hat jedes unſerer Beurthei-
lung vorliegende Rechtsverhältniß nothwendig ſeinen Ent-
ſtehungsgrund in juriſtiſchen Thatſachen (d), die ſtets in
einer, bald näher bald entfernter liegenden, Vergangenheit
gedacht werden müſſen. Da aber in der Zwiſchenzeit, von
der Entſtehung des Rechtsverhältniſſes bis zur Gegenwart,
Veränderungen im poſitiven Recht eingetreten ſein können,
ſo iſt noch zu beſtimmen, aus welchem Zeitpunkt wir die
das Rechtsverhältniß beherrſchende Regel zu entnehmen
haben.

Aus dieſer Betrachtung entſteht mithin eine neue Art
von Gränzen für die Herrſchaft der Rechtsregeln, und da-
mit eine neue Art möglicher Colliſionen, nicht minder wich-
tig und ſchwierig, als die vorher betrachteten Gränzen und
Colliſionen. In der früheren Betrachtung wurden die
Rechtsregeln gedacht als gleichzeitige, ruhende, feſtſtehende;
in dieſer ſpäteren werden ſie gedacht als ungleichzeitige,

(c) S. o. B. 1 § 7.
(d) S. o. B. 3 § 104.
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[4/0026] Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. tritt aber nun noch eine neue, von der bisher betrachteten verſchiedene, obgleich damit verwandte, hinzu. Wir betrach- teten bisher die Rechtsregeln als feſtſtehende, ohne Rückſicht auf mögliche Veränderungen derſelben in der Zeit. Nun gehört es aber zu dem Weſen des poſitiven Rechts, daß daſſelbe nicht als ein ruhendes, ſondern als ein in ſteter Fortbildung und Entwickelung begriffenes, aufgefaßt werde (c), und damit wird ihm die Eigenſchaft der Wandelbarkeit in der Zeit zugeſchrieben. Ferner hat jedes unſerer Beurthei- lung vorliegende Rechtsverhältniß nothwendig ſeinen Ent- ſtehungsgrund in juriſtiſchen Thatſachen (d), die ſtets in einer, bald näher bald entfernter liegenden, Vergangenheit gedacht werden müſſen. Da aber in der Zwiſchenzeit, von der Entſtehung des Rechtsverhältniſſes bis zur Gegenwart, Veränderungen im poſitiven Recht eingetreten ſein können, ſo iſt noch zu beſtimmen, aus welchem Zeitpunkt wir die das Rechtsverhältniß beherrſchende Regel zu entnehmen haben. Aus dieſer Betrachtung entſteht mithin eine neue Art von Gränzen für die Herrſchaft der Rechtsregeln, und da- mit eine neue Art möglicher Colliſionen, nicht minder wich- tig und ſchwierig, als die vorher betrachteten Gränzen und Colliſionen. In der früheren Betrachtung wurden die Rechtsregeln gedacht als gleichzeitige, ruhende, feſtſtehende; in dieſer ſpäteren werden ſie gedacht als ungleichzeitige, (c) S. o. B. 1 § 7. (d) S. o. B. 3 § 104.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/26>, abgerufen am 22.11.2024.