§. 371. III. Obligationenrecht. Gerichtsstand etc. (Forts.)
Man hat die Frage aufgeworfen, ob der Gerichtsstand der Obligation blos begründet sey für die Klagen, die zur natürlichen Entwickelung der Obligation gehören, also zur Erfüllung derselben führen, oder vielmehr auch für die, welche die umgekehrte Richtung haben, indem sie die Auflösung der Obligation bezwecken, oder Das rückgängig machen wollen, welches in Erfüllung der Obligation schon geschehen ist. Hier muß nun in der Regel die erste, beschränktere Anwen- dung jenes Gerichtsstandes behauptet werden (p). Die zweite, ausgedehntere Anwendung des Gerichtsstandes kann nur ausnahmsweise in den seltneren Fällen eintreten, in welchen die Auflösung der Obligation mit der Entstehung derselben einen gemeinschaftlichen Ursprung hat, also wenn die Auflösung einer durch Vertrag gegründeten Obligation ab- geleitet wird aus einem diesem Vertrag hinzugefügten Nebenvertrag (q).
Der besondere Gerichtsstand der Obligation schließt den allgemeinen, aus dem Wohnsitz entspringenden, Gerichts- stand nicht aus, vielmehr hat der Kläger freie Wahl, an dem einen oder dem andern eine Klage anzustellen (r).
(p)L. 2 C. ubi et apud quem (2. 47).
(q)Glück B. 6 S. 301--303. Unbedingt wird diese Anwendung des Gerichtsstandes verneint von Linde Archiv B. 7 S. 67--69.
(r)L. 19 § 4 de jud. (5. 1), (wo gelesen werden muß: habeat
VIII. 16
§. 371. III. Obligationenrecht. Gerichtsſtand ꝛc. (Fortſ.)
Man hat die Frage aufgeworfen, ob der Gerichtsſtand der Obligation blos begründet ſey für die Klagen, die zur natürlichen Entwickelung der Obligation gehören, alſo zur Erfüllung derſelben führen, oder vielmehr auch für die, welche die umgekehrte Richtung haben, indem ſie die Auflöſung der Obligation bezwecken, oder Das rückgängig machen wollen, welches in Erfüllung der Obligation ſchon geſchehen iſt. Hier muß nun in der Regel die erſte, beſchränktere Anwen- dung jenes Gerichtsſtandes behauptet werden (p). Die zweite, ausgedehntere Anwendung des Gerichtsſtandes kann nur ausnahmsweiſe in den ſeltneren Fällen eintreten, in welchen die Auflöſung der Obligation mit der Entſtehung derſelben einen gemeinſchaftlichen Urſprung hat, alſo wenn die Auflöſung einer durch Vertrag gegründeten Obligation ab- geleitet wird aus einem dieſem Vertrag hinzugefügten Nebenvertrag (q).
Der beſondere Gerichtsſtand der Obligation ſchließt den allgemeinen, aus dem Wohnſitz entſpringenden, Gerichts- ſtand nicht aus, vielmehr hat der Kläger freie Wahl, an dem einen oder dem andern eine Klage anzuſtellen (r).
(p)L. 2 C. ubi et apud quem (2. 47).
(q)Glück B. 6 S. 301—303. Unbedingt wird dieſe Anwendung des Gerichtsſtandes verneint von Linde Archiv B. 7 S. 67—69.
(r)L. 19 § 4 de jud. (5. 1), (wo geleſen werden muß: habeat
VIII. 16
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§. 371. III. Obligationenrecht. Gerichtsſtand ꝛc. (Fortſ.)
Man hat die Frage aufgeworfen, ob der Gerichtsſtand
der Obligation blos begründet ſey für die Klagen, die zur
natürlichen Entwickelung der Obligation gehören, alſo zur
Erfüllung derſelben führen, oder vielmehr auch für die, welche
die umgekehrte Richtung haben, indem ſie die Auflöſung der
Obligation bezwecken, oder Das rückgängig machen wollen,
welches in Erfüllung der Obligation ſchon geſchehen iſt.
Hier muß nun in der Regel die erſte, beſchränktere Anwen-
dung jenes Gerichtsſtandes behauptet werden (p). Die
zweite, ausgedehntere Anwendung des Gerichtsſtandes kann
nur ausnahmsweiſe in den ſeltneren Fällen eintreten, in
welchen die Auflöſung der Obligation mit der Entſtehung
derſelben einen gemeinſchaftlichen Urſprung hat, alſo wenn die
Auflöſung einer durch Vertrag gegründeten Obligation ab-
geleitet wird aus einem dieſem Vertrag hinzugefügten
Nebenvertrag (q).
Der beſondere Gerichtsſtand der Obligation ſchließt den
allgemeinen, aus dem Wohnſitz entſpringenden, Gerichts-
ſtand nicht aus, vielmehr hat der Kläger freie Wahl, an
dem einen oder dem andern eine Klage anzuſtellen (r).
(p) L. 2 C. ubi et apud quem
(2. 47).
(q) Glück B. 6 S. 301—303.
Unbedingt wird dieſe Anwendung
des Gerichtsſtandes verneint von
Linde Archiv B. 7 S. 67—69.
(r) L. 19 § 4 de jud. (5. 1),
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/263>, abgerufen am 24.11.2024.
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