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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 344. Einleitung.
steht, nach welcher es zu beurtheilen ist. Indem wir hier
unter mehreren Rechtsregeln zu wählen haben, welche ver-
schiedenen positiven Rechten angehören, kommen wir wie-
derum auf die schon erwähnten Gränzen der Herrschaft
eines jeden positiven Rechts, und auf die von diesen Grän-
zen abhängigen Collisionen. Beide Arten, die Frage auf-
zufassen, sind nur im Ausgangspunkte verschieden. Die
Frage selbst ist hier und dort dieselbe, und die Entscheidung
kann in beiden Fällen nicht verschieden ausfallen.

Die meisten Schriftsteller über diesen Gegenstand gehen
aus von dem Begriff der Collisionen, und behandeln die
Entscheidung derselben als ihre wahre und einzige Aufgabe;
gewiß zum Nachtheil eines befriedigenden Erfolgs. Die
natürliche Folge der Gedanken ist vielmehr folgende. Für
die Rechtsregeln wird gefragt: Ueber welche Rechtsverhält-
nisse sollen sie herrschen? Für die Rechtsverhältnisse: Welchen
Rechtsregeln sind sie unterworfen, oder angehörig? Die
Frage nach den Gränzen der Herrschaft oder der Ange-
hörigkeit, und nach den an diesen Gränzen eintretenden
Gränzstreitigkeiten oder Collisionen, sind ihrer Natur
nach abgeleitete und untergeordnete Fragen (b).

Zu der bisher angedeuteten Frage nach den Gränzen,
in welchen die Regeln jedes positiven Rechts herrschen,

(b) Wächter II. S. 34 macht
die gute Bemerkung, daß manche
Schriftsteller, indem sie die Frage
nach der Anwendung der Gesetze
ganz absondern von der Frage
nach der Collision, dahin geführt
werden, auf beide an sich identische
Fragen widersprechende Antworten
zu geben.
1*

§. 344. Einleitung.
ſteht, nach welcher es zu beurtheilen iſt. Indem wir hier
unter mehreren Rechtsregeln zu wählen haben, welche ver-
ſchiedenen poſitiven Rechten angehören, kommen wir wie-
derum auf die ſchon erwähnten Gränzen der Herrſchaft
eines jeden poſitiven Rechts, und auf die von dieſen Grän-
zen abhängigen Colliſionen. Beide Arten, die Frage auf-
zufaſſen, ſind nur im Ausgangspunkte verſchieden. Die
Frage ſelbſt iſt hier und dort dieſelbe, und die Entſcheidung
kann in beiden Fällen nicht verſchieden ausfallen.

Die meiſten Schriftſteller über dieſen Gegenſtand gehen
aus von dem Begriff der Colliſionen, und behandeln die
Entſcheidung derſelben als ihre wahre und einzige Aufgabe;
gewiß zum Nachtheil eines befriedigenden Erfolgs. Die
natürliche Folge der Gedanken iſt vielmehr folgende. Für
die Rechtsregeln wird gefragt: Ueber welche Rechtsverhält-
niſſe ſollen ſie herrſchen? Für die Rechtsverhältniſſe: Welchen
Rechtsregeln ſind ſie unterworfen, oder angehörig? Die
Frage nach den Gränzen der Herrſchaft oder der Ange-
hörigkeit, und nach den an dieſen Gränzen eintretenden
Gränzſtreitigkeiten oder Colliſionen, ſind ihrer Natur
nach abgeleitete und untergeordnete Fragen (b).

Zu der bisher angedeuteten Frage nach den Gränzen,
in welchen die Regeln jedes poſitiven Rechts herrſchen,

(b) Wächter II. S. 34 macht
die gute Bemerkung, daß manche
Schriftſteller, indem ſie die Frage
nach der Anwendung der Geſetze
ganz abſondern von der Frage
nach der Colliſion, dahin geführt
werden, auf beide an ſich identiſche
Fragen widerſprechende Antworten
zu geben.
1*
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[3/0025] §. 344. Einleitung. ſteht, nach welcher es zu beurtheilen iſt. Indem wir hier unter mehreren Rechtsregeln zu wählen haben, welche ver- ſchiedenen poſitiven Rechten angehören, kommen wir wie- derum auf die ſchon erwähnten Gränzen der Herrſchaft eines jeden poſitiven Rechts, und auf die von dieſen Grän- zen abhängigen Colliſionen. Beide Arten, die Frage auf- zufaſſen, ſind nur im Ausgangspunkte verſchieden. Die Frage ſelbſt iſt hier und dort dieſelbe, und die Entſcheidung kann in beiden Fällen nicht verſchieden ausfallen. Die meiſten Schriftſteller über dieſen Gegenſtand gehen aus von dem Begriff der Colliſionen, und behandeln die Entſcheidung derſelben als ihre wahre und einzige Aufgabe; gewiß zum Nachtheil eines befriedigenden Erfolgs. Die natürliche Folge der Gedanken iſt vielmehr folgende. Für die Rechtsregeln wird gefragt: Ueber welche Rechtsverhält- niſſe ſollen ſie herrſchen? Für die Rechtsverhältniſſe: Welchen Rechtsregeln ſind ſie unterworfen, oder angehörig? Die Frage nach den Gränzen der Herrſchaft oder der Ange- hörigkeit, und nach den an dieſen Gränzen eintretenden Gränzſtreitigkeiten oder Colliſionen, ſind ihrer Natur nach abgeleitete und untergeordnete Fragen (b). Zu der bisher angedeuteten Frage nach den Gränzen, in welchen die Regeln jedes poſitiven Rechts herrſchen, (b) Wächter II. S. 34 macht die gute Bemerkung, daß manche Schriftſteller, indem ſie die Frage nach der Anwendung der Geſetze ganz abſondern von der Frage nach der Colliſion, dahin geführt werden, auf beide an ſich identiſche Fragen widerſprechende Antworten zu geben. 1*

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/25>, abgerufen am 22.11.2024.