Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
Diese Unterscheidung ist eigentlich entstanden auf dem Gebiete des Erbrechts, wo davon eine sehr wichtige, und zwar ganz irrige, Anwendung gemacht worden ist. Von da ist sie erst übertragen worden auf die Rechte an ein- zelnen Sachen, wozu sie aber großentheils so entschieden nicht paßt, daß ihre consequente Anwendung auf die ding- lichen Rechte oft ganz unhaltbar ist, und auch schwerlich Vertheidiger finden wird. Grundsätzlich ist diese Unterschei- dung in beiden hier erwähnten Gebieten der Anwendung zu verwerfen, so daß überall ein und dasselbe örtliche Recht auf bewegliche und unbewegliche Sachen anzuwenden ist. Jedoch muß gleich hier darauf aufmerksam gemacht werden, daß in diesen beiden Anwendungen die Parteimei- nungen auf ganz verschiedene, ja entgegengesetzte Weise ein- ander gegenüber stehen. -- Im Erbrecht ist, der richtigen Meinung nach, das örtliche Recht des Wohnsitzes auf Sachen aller Art anzuwenden. Die Gegner geben Dieses zu bei den beweglichen, wollen aber bei den unbeweglichen ein anderes Recht, das Recht der gelegenen Sache, zur Anwendung bringen. -- Umgekehrt ist im Sachenrecht, der richtigen Meinung nach, das örtliche Recht der gelegenen Sache, und zwar bei Sachen aller Art, anzuwenden. Die Gegner geben dieses zu bei den unbeweglichen Sachen,
Weise, daß man glauben möchte, diese Formel fände sich bei den älteren auf jeder Seite. So Story § 362. Schäffner § 65. Dieses ist aber nicht richtig, und ich weiß auch den Ursprung jener Formel nicht anzugeben.
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
Dieſe Unterſcheidung iſt eigentlich entſtanden auf dem Gebiete des Erbrechts, wo davon eine ſehr wichtige, und zwar ganz irrige, Anwendung gemacht worden iſt. Von da iſt ſie erſt übertragen worden auf die Rechte an ein- zelnen Sachen, wozu ſie aber großentheils ſo entſchieden nicht paßt, daß ihre conſequente Anwendung auf die ding- lichen Rechte oft ganz unhaltbar iſt, und auch ſchwerlich Vertheidiger finden wird. Grundſätzlich iſt dieſe Unterſchei- dung in beiden hier erwähnten Gebieten der Anwendung zu verwerfen, ſo daß überall ein und daſſelbe örtliche Recht auf bewegliche und unbewegliche Sachen anzuwenden iſt. Jedoch muß gleich hier darauf aufmerkſam gemacht werden, daß in dieſen beiden Anwendungen die Parteimei- nungen auf ganz verſchiedene, ja entgegengeſetzte Weiſe ein- ander gegenüber ſtehen. — Im Erbrecht iſt, der richtigen Meinung nach, das örtliche Recht des Wohnſitzes auf Sachen aller Art anzuwenden. Die Gegner geben Dieſes zu bei den beweglichen, wollen aber bei den unbeweglichen ein anderes Recht, das Recht der gelegenen Sache, zur Anwendung bringen. — Umgekehrt iſt im Sachenrecht, der richtigen Meinung nach, das örtliche Recht der gelegenen Sache, und zwar bei Sachen aller Art, anzuwenden. Die Gegner geben dieſes zu bei den unbeweglichen Sachen,
Weiſe, daß man glauben möchte, dieſe Formel fände ſich bei den älteren auf jeder Seite. So Story § 362. Schäffner § 65. Dieſes iſt aber nicht richtig, und ich weiß auch den Urſprung jener Formel nicht anzugeben.
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Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
Dieſe Unterſcheidung iſt eigentlich entſtanden auf dem
Gebiete des Erbrechts, wo davon eine ſehr wichtige, und
zwar ganz irrige, Anwendung gemacht worden iſt. Von
da iſt ſie erſt übertragen worden auf die Rechte an ein-
zelnen Sachen, wozu ſie aber großentheils ſo entſchieden
nicht paßt, daß ihre conſequente Anwendung auf die ding-
lichen Rechte oft ganz unhaltbar iſt, und auch ſchwerlich
Vertheidiger finden wird. Grundſätzlich iſt dieſe Unterſchei-
dung in beiden hier erwähnten Gebieten der Anwendung
zu verwerfen, ſo daß überall ein und daſſelbe örtliche
Recht auf bewegliche und unbewegliche Sachen anzuwenden
iſt. Jedoch muß gleich hier darauf aufmerkſam gemacht
werden, daß in dieſen beiden Anwendungen die Parteimei-
nungen auf ganz verſchiedene, ja entgegengeſetzte Weiſe ein-
ander gegenüber ſtehen. — Im Erbrecht iſt, der richtigen
Meinung nach, das örtliche Recht des Wohnſitzes auf
Sachen aller Art anzuwenden. Die Gegner geben Dieſes
zu bei den beweglichen, wollen aber bei den unbeweglichen
ein anderes Recht, das Recht der gelegenen Sache, zur
Anwendung bringen. — Umgekehrt iſt im Sachenrecht, der
richtigen Meinung nach, das örtliche Recht der gelegenen
Sache, und zwar bei Sachen aller Art, anzuwenden. Die
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(e) Weiſe, daß man glauben möchte,
dieſe Formel fände ſich bei den
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iſt aber nicht richtig, und ich weiß
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/194>, abgerufen am 23.11.2024.
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