Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
welchem also er beurtheilt werden muß (Nr. 3. 4. und 5).
Außerdem kommen noch zweierlei andere Aeußerungen der Römischen Juristen vor, die leicht als Regeln über die Beobachtung des örtlichen Rechts angesehen werden können, in der That aber nicht als solche zu betrachten sind, so daß noch besonders gegen die Anwendung derselben auf die hier vorliegende Untersuchung gewarnt werden muß.
Erstlich gehören dahin einige vereinzelte Stellen, welche bei der Auslegung und Anwendung von Rechtsgeschäften auf örtliche Gewohnheiten verweisen, die man aber fälschlich von örtlichen Rechtsregeln verstehen würde. -- So soll bei der Auslegung eines unbestimmten Vertrags als die wahrscheinliche Absicht der Parteien unter Anderen Das angenommen werden, welches in dieser Gegend vor- zugsweise üblich ist (l). Dieses ist nun offenbar nicht eine Rechtsregel dieser Gegend, sondern vielmehr das, woran man dort thatsächlich gewöhnt ist, welches man häufig zu thun pflegt. Eine einzelne wichtige Anwen- dung dieser allgemeinen Auslegungsregel findet sich bei den Cautionen, die der Verkäufer werthvoller Sachen zu leisten hat; auch diese sollen sich nach der Sitte der Gegend rich-
(l)L. 34 de R. J. (50. 17). ".. id sequamur, quod in re- gione in qua actum est fre- quentatur".
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
welchem alſo er beurtheilt werden muß (Nr. 3. 4. und 5).
Außerdem kommen noch zweierlei andere Aeußerungen der Römiſchen Juriſten vor, die leicht als Regeln über die Beobachtung des örtlichen Rechts angeſehen werden können, in der That aber nicht als ſolche zu betrachten ſind, ſo daß noch beſonders gegen die Anwendung derſelben auf die hier vorliegende Unterſuchung gewarnt werden muß.
Erſtlich gehören dahin einige vereinzelte Stellen, welche bei der Auslegung und Anwendung von Rechtsgeſchäften auf örtliche Gewohnheiten verweiſen, die man aber fälſchlich von örtlichen Rechtsregeln verſtehen würde. — So ſoll bei der Auslegung eines unbeſtimmten Vertrags als die wahrſcheinliche Abſicht der Parteien unter Anderen Das angenommen werden, welches in dieſer Gegend vor- zugsweiſe üblich iſt (l). Dieſes iſt nun offenbar nicht eine Rechtsregel dieſer Gegend, ſondern vielmehr das, woran man dort thatſächlich gewöhnt iſt, welches man häufig zu thun pflegt. Eine einzelne wichtige Anwen- dung dieſer allgemeinen Auslegungsregel findet ſich bei den Cautionen, die der Verkäufer werthvoller Sachen zu leiſten hat; auch dieſe ſollen ſich nach der Sitte der Gegend rich-
(l)L. 34 de R. J. (50. 17). „.. id sequamur, quod in re- gione in qua actum est fre- quentatur“.
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Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
welchem alſo er beurtheilt werden muß (Nr. 3.
4. und 5).
Außerdem kommen noch zweierlei andere Aeußerungen
der Römiſchen Juriſten vor, die leicht als Regeln über die
Beobachtung des örtlichen Rechts angeſehen werden können,
in der That aber nicht als ſolche zu betrachten ſind, ſo daß
noch beſonders gegen die Anwendung derſelben auf die hier
vorliegende Unterſuchung gewarnt werden muß.
Erſtlich gehören dahin einige vereinzelte Stellen, welche
bei der Auslegung und Anwendung von Rechtsgeſchäften
auf örtliche Gewohnheiten verweiſen, die man aber
fälſchlich von örtlichen Rechtsregeln verſtehen würde.
— So ſoll bei der Auslegung eines unbeſtimmten Vertrags
als die wahrſcheinliche Abſicht der Parteien unter Anderen
Das angenommen werden, welches in dieſer Gegend vor-
zugsweiſe üblich iſt (l). Dieſes iſt nun offenbar nicht
eine Rechtsregel dieſer Gegend, ſondern vielmehr das,
woran man dort thatſächlich gewöhnt iſt, welches man
häufig zu thun pflegt. Eine einzelne wichtige Anwen-
dung dieſer allgemeinen Auslegungsregel findet ſich bei den
Cautionen, die der Verkäufer werthvoller Sachen zu leiſten
hat; auch dieſe ſollen ſich nach der Sitte der Gegend rich-
(l) L. 34 de R. J. (50. 17).
„.. id sequamur, quod in re-
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quentatur“.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/104>, abgerufen am 05.05.2024.
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