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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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§. 306. Surrogate. I. Geständniß. Widerruf.
dasselbe dem Gebiet des Streitigen unter den Parteien,
worüber allein von dem Richter ein Urtheil erwartet wird,
Mehr oder Weniger entzogen, also jenes Gebiet enger
begränzt.

2. Beruht das Geständniß auf Irrthum, so kann der
Geständige von den Folgen desselben Befreiung erlangen.
Diese Befreiung wird ertheilt durch Restitution (also im
alten Prozeß nur durch den Prätor) (a).

Die Restitution wird hier aber nur unter folgenden Be-
dingungen ertheilt. -- Der Irrthum muß ein factischer seyn,
kein Rechtsirrthum (b). -- Er darf nicht auf grober Nach-
lässigkeit beruhen (c). -- Er muß als Irrthum bewiesen
werden, so daß der bloße Beweis des Gegentheils der ein-
gestandenen Thatsachen nicht hinreicht (d). Dieser wichtige,
in unsern Rechtsquellen ausdrücklich anerkannte Satz ist die
nothwendige Folge davon, daß dem Geständniß ja auch ganz
andere Absichten, als die Anerkennung der Wahrheit, zum

(a) L. 7 de confessis (42. 2)
L. 11 § 8 de interr.
(11. 1).
Diese Restitution gehört unter die
zahlreichen Fälle, in welchen
überhaupt gegen Prozeßhand-
lungen
Restitution wegen Irr-
thums ertheilt wird. S. o. B. 3.
S. 386. 387.
(b) L. 2 de confessis (42. 2),
C. 3 X. de confess. (2. 18), C. 2
de restit. in VI.
(1. 21).
(c) L. 11 § 11 de interr.
(11. 1) "nisi culpa dolo proxi-
ma sit".
(d) C. 3 X. de confessis
(2. 18) "si de hujusmodi po-
tuerit errore docere".
-- Es
wird stets darauf ankommen, die
Entstehung der irrigen Meinung
aus scheinbaren äußeren Thatsachen
nachzuweisen. Beispiele eines solchen
Beweises finden sich in L. 11 § 8
de interr.
(11. 1).

§. 306. Surrogate. I. Geſtändniß. Widerruf.
daſſelbe dem Gebiet des Streitigen unter den Parteien,
worüber allein von dem Richter ein Urtheil erwartet wird,
Mehr oder Weniger entzogen, alſo jenes Gebiet enger
begränzt.

2. Beruht das Geſtändniß auf Irrthum, ſo kann der
Geſtändige von den Folgen deſſelben Befreiung erlangen.
Dieſe Befreiung wird ertheilt durch Reſtitution (alſo im
alten Prozeß nur durch den Prätor) (a).

Die Reſtitution wird hier aber nur unter folgenden Be-
dingungen ertheilt. — Der Irrthum muß ein factiſcher ſeyn,
kein Rechtsirrthum (b). — Er darf nicht auf grober Nach-
läſſigkeit beruhen (c). — Er muß als Irrthum bewieſen
werden, ſo daß der bloße Beweis des Gegentheils der ein-
geſtandenen Thatſachen nicht hinreicht (d). Dieſer wichtige,
in unſern Rechtsquellen ausdrücklich anerkannte Satz iſt die
nothwendige Folge davon, daß dem Geſtändniß ja auch ganz
andere Abſichten, als die Anerkennung der Wahrheit, zum

(a) L. 7 de confessis (42. 2)
L. 11 § 8 de interr.
(11. 1).
Dieſe Reſtitution gehört unter die
zahlreichen Fälle, in welchen
überhaupt gegen Prozeßhand-
lungen
Reſtitution wegen Irr-
thums ertheilt wird. S. o. B. 3.
S. 386. 387.
(b) L. 2 de confessis (42. 2),
C. 3 X. de confess. (2. 18), C. 2
de restit. in VI.
(1. 21).
(c) L. 11 § 11 de interr.
(11. 1) „nisi culpa dolo proxi-
ma sit“.
(d) C. 3 X. de confessis
(2. 18) „si de hujusmodi po-
tuerit errore docere“.
— Es
wird ſtets darauf ankommen, die
Entſtehung der irrigen Meinung
aus ſcheinbaren äußeren Thatſachen
nachzuweiſen. Beiſpiele eines ſolchen
Beweiſes finden ſich in L. 11 § 8
de interr.
(11. 1).
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[31/0053] §. 306. Surrogate. I. Geſtändniß. Widerruf. daſſelbe dem Gebiet des Streitigen unter den Parteien, worüber allein von dem Richter ein Urtheil erwartet wird, Mehr oder Weniger entzogen, alſo jenes Gebiet enger begränzt. 2. Beruht das Geſtändniß auf Irrthum, ſo kann der Geſtändige von den Folgen deſſelben Befreiung erlangen. Dieſe Befreiung wird ertheilt durch Reſtitution (alſo im alten Prozeß nur durch den Prätor) (a). Die Reſtitution wird hier aber nur unter folgenden Be- dingungen ertheilt. — Der Irrthum muß ein factiſcher ſeyn, kein Rechtsirrthum (b). — Er darf nicht auf grober Nach- läſſigkeit beruhen (c). — Er muß als Irrthum bewieſen werden, ſo daß der bloße Beweis des Gegentheils der ein- geſtandenen Thatſachen nicht hinreicht (d). Dieſer wichtige, in unſern Rechtsquellen ausdrücklich anerkannte Satz iſt die nothwendige Folge davon, daß dem Geſtändniß ja auch ganz andere Abſichten, als die Anerkennung der Wahrheit, zum (a) L. 7 de confessis (42. 2) L. 11 § 8 de interr. (11. 1). Dieſe Reſtitution gehört unter die zahlreichen Fälle, in welchen überhaupt gegen Prozeßhand- lungen Reſtitution wegen Irr- thums ertheilt wird. S. o. B. 3. S. 386. 387. (b) L. 2 de confessis (42. 2), C. 3 X. de confess. (2. 18), C. 2 de restit. in VI. (1. 21). (c) L. 11 § 11 de interr. (11. 1) „nisi culpa dolo proxi- ma sit“. (d) C. 3 X. de confessis (2. 18) „si de hujusmodi po- tuerit errore docere“. — Es wird ſtets darauf ankommen, die Entſtehung der irrigen Meinung aus ſcheinbaren äußeren Thatſachen nachzuweiſen. Beiſpiele eines ſolchen Beweiſes finden ſich in L. 11 § 8 de interr. (11. 1).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/53>, abgerufen am 28.03.2024.