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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
Grunde liegen können, unter andern die Absicht, zu schenken
(§ 303). Ferner können nur durch diesen Beweis die oben
aufgestellten Bedingungen festgestellt werden, daß nämlich
der Irrthum blos factisch seyn und nicht auf grober Nach-
lässigkeit beruhen muß.

Diese Grundsätze sind gleichmäßig anzuwenden auf die
confessio und auf die interrogatio (Note a). Bei dieser
letzten also wird durch die Restitution der Quasicontract
(§ 305. v) entkräftet. Was aber die Strafverpflichtung
wegen wissentlicher Unwahrheit betrifft (§ 305. x), so ist
selbst der Begriff einer solchen Unwahrheit durch den Be-
weis des Irrthums ausgeschlossen (e).

Dabei ist noch besonders aufmerksam zu machen auf die
innere Verwandtschaft des Widerrufs eines irrigen Geständ-
nisses mit der condictio indebiti. Hier, wie dort, muß der
Irrthum bewiesen werden, welcher ein factischer seyn und
nicht auf grober Nachlässigkeit beruhen muß. Von dieser
Verwandtschaft wird sogleich noch weiterer Gebrauch ge-
macht werden.

3. Die förmliche Restitution wird aber nicht in allen
Fällen erfordert.

Wenn der Geständige noch vor dem Prätor seine Er-
klärung zurück nehmen oder verbessern wollte, bevor dadurch
dem Gegner ein Schade entstanden seyn konnte, so war
ihm Dieses gestattet, ohne daß es dazu eines Beweises und
einer Restitution bedurfte. Nach der Litiscontestation, also

(e) L. 11 §. 3. 10. 11. de interr. (11. 1).

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
Grunde liegen können, unter andern die Abſicht, zu ſchenken
(§ 303). Ferner können nur durch dieſen Beweis die oben
aufgeſtellten Bedingungen feſtgeſtellt werden, daß nämlich
der Irrthum blos factiſch ſeyn und nicht auf grober Nach-
läſſigkeit beruhen muß.

Dieſe Grundſätze ſind gleichmäßig anzuwenden auf die
confessio und auf die interrogatio (Note a). Bei dieſer
letzten alſo wird durch die Reſtitution der Quaſicontract
(§ 305. v) entkräftet. Was aber die Strafverpflichtung
wegen wiſſentlicher Unwahrheit betrifft (§ 305. x), ſo iſt
ſelbſt der Begriff einer ſolchen Unwahrheit durch den Be-
weis des Irrthums ausgeſchloſſen (e).

Dabei iſt noch beſonders aufmerkſam zu machen auf die
innere Verwandtſchaft des Widerrufs eines irrigen Geſtänd-
niſſes mit der condictio indebiti. Hier, wie dort, muß der
Irrthum bewieſen werden, welcher ein factiſcher ſeyn und
nicht auf grober Nachläſſigkeit beruhen muß. Von dieſer
Verwandtſchaft wird ſogleich noch weiterer Gebrauch ge-
macht werden.

3. Die förmliche Reſtitution wird aber nicht in allen
Fällen erfordert.

Wenn der Geſtändige noch vor dem Prätor ſeine Er-
klärung zurück nehmen oder verbeſſern wollte, bevor dadurch
dem Gegner ein Schade entſtanden ſeyn konnte, ſo war
ihm Dieſes geſtattet, ohne daß es dazu eines Beweiſes und
einer Reſtitution bedurfte. Nach der Litisconteſtation, alſo

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[32/0054] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Grunde liegen können, unter andern die Abſicht, zu ſchenken (§ 303). Ferner können nur durch dieſen Beweis die oben aufgeſtellten Bedingungen feſtgeſtellt werden, daß nämlich der Irrthum blos factiſch ſeyn und nicht auf grober Nach- läſſigkeit beruhen muß. Dieſe Grundſätze ſind gleichmäßig anzuwenden auf die confessio und auf die interrogatio (Note a). Bei dieſer letzten alſo wird durch die Reſtitution der Quaſicontract (§ 305. v) entkräftet. Was aber die Strafverpflichtung wegen wiſſentlicher Unwahrheit betrifft (§ 305. x), ſo iſt ſelbſt der Begriff einer ſolchen Unwahrheit durch den Be- weis des Irrthums ausgeſchloſſen (e). Dabei iſt noch beſonders aufmerkſam zu machen auf die innere Verwandtſchaft des Widerrufs eines irrigen Geſtänd- niſſes mit der condictio indebiti. Hier, wie dort, muß der Irrthum bewieſen werden, welcher ein factiſcher ſeyn und nicht auf grober Nachläſſigkeit beruhen muß. Von dieſer Verwandtſchaft wird ſogleich noch weiterer Gebrauch ge- macht werden. 3. Die förmliche Reſtitution wird aber nicht in allen Fällen erfordert. Wenn der Geſtändige noch vor dem Prätor ſeine Er- klärung zurück nehmen oder verbeſſern wollte, bevor dadurch dem Gegner ein Schade entſtanden ſeyn konnte, ſo war ihm Dieſes geſtattet, ohne daß es dazu eines Beweiſes und einer Reſtitution bedurfte. Nach der Litisconteſtation, alſo (e) L. 11 §. 3. 10. 11. de interr. (11. 1).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/54>, abgerufen am 25.04.2024.