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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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L. 57 mandati (17. 1).
Usucapion. Auf eine Restitution hat er keinen Anspruch,
denn er war gar nicht abwesend gewesen. Von diesen
meisten Käufern ist nun nicht weiter die Rede; ihre Sache
ist abgethan mit den Worten: eos ab emtoribus (d. h. von
dem größten Theil der Käufer) usucaptos videri placuit.

Nur Einer dieser Käufer, ein Sklavenhändler, hatte ein
besonderes Schicksal, abweichend von dem seiner Mitkäufer.
Er war vor dem Ablauf seiner Usucapionszeit nach einer
Provinz gereist, und in seiner Abwesenheit war der auf
ihn gefallene Theil der erkauften Sklaven wieder in den
Besitz des alten Eigenthümers zurückgekehrt, der also dadurch
die Usucapion unterbrochen hatte. Der Sklavenhändler
wollte nach der Rückkehr gegen den alten Eigenthümer mit
der Publiciana klagen, und darüber wurde Papinian be-
fragt. Er antwortete, der Kläger müsse abgewiesen werden,
weil der Beklagte noch wahrer Eigenthümer sey, also die
exceptio dominii für sich geltend machen könne.

In dieser Erklärung wird nun eine umständliche Ge-
schichte erdichtet, ohne daß die Stelle auch nur die ent-
fernteste Hindeutung darauf enthielte. Alle Ausdrücke der
Stelle deuten vielmehr gerade auf das Gegentheil der hier
vorausgesetzten Thatsachen. Denn unter den emtores wird
doch gewiß jeder unbefangene Leser alle Käufer verstehen,
nicht blos die meisten; und unter dem den Käufern (durch
Sed) entgegengesetzten venaliciarius eher alles Andere, als
einen Collegen eben dieser Käufer. -- Ferner bleiben die
wichtigsten Bedenken bestehen, welche oben gegen eine

L. 57 mandati (17. 1).
Uſucapion. Auf eine Reſtitution hat er keinen Anſpruch,
denn er war gar nicht abweſend geweſen. Von dieſen
meiſten Käufern iſt nun nicht weiter die Rede; ihre Sache
iſt abgethan mit den Worten: eos ab emtoribus (d. h. von
dem größten Theil der Käufer) usucaptos videri placuit.

Nur Einer dieſer Käufer, ein Sklavenhändler, hatte ein
beſonderes Schickſal, abweichend von dem ſeiner Mitkäufer.
Er war vor dem Ablauf ſeiner Uſucapionszeit nach einer
Provinz gereiſt, und in ſeiner Abweſenheit war der auf
ihn gefallene Theil der erkauften Sklaven wieder in den
Beſitz des alten Eigenthümers zurückgekehrt, der alſo dadurch
die Uſucapion unterbrochen hatte. Der Sklavenhändler
wollte nach der Rückkehr gegen den alten Eigenthümer mit
der Publiciana klagen, und darüber wurde Papinian be-
fragt. Er antwortete, der Kläger müſſe abgewieſen werden,
weil der Beklagte noch wahrer Eigenthümer ſey, alſo die
exceptio dominii für ſich geltend machen könne.

In dieſer Erklärung wird nun eine umſtändliche Ge-
ſchichte erdichtet, ohne daß die Stelle auch nur die ent-
fernteſte Hindeutung darauf enthielte. Alle Ausdrücke der
Stelle deuten vielmehr gerade auf das Gegentheil der hier
vorausgeſetzten Thatſachen. Denn unter den emtores wird
doch gewiß jeder unbefangene Leſer alle Käufer verſtehen,
nicht blos die meiſten; und unter dem den Käufern (durch
Sed) entgegengeſetzten venaliciarius eher alles Andere, als
einen Collegen eben dieſer Käufer. — Ferner bleiben die
wichtigſten Bedenken beſtehen, welche oben gegen eine

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[297/0319] L. 57 mandati (17. 1). Uſucapion. Auf eine Reſtitution hat er keinen Anſpruch, denn er war gar nicht abweſend geweſen. Von dieſen meiſten Käufern iſt nun nicht weiter die Rede; ihre Sache iſt abgethan mit den Worten: eos ab emtoribus (d. h. von dem größten Theil der Käufer) usucaptos videri placuit. Nur Einer dieſer Käufer, ein Sklavenhändler, hatte ein beſonderes Schickſal, abweichend von dem ſeiner Mitkäufer. Er war vor dem Ablauf ſeiner Uſucapionszeit nach einer Provinz gereiſt, und in ſeiner Abweſenheit war der auf ihn gefallene Theil der erkauften Sklaven wieder in den Beſitz des alten Eigenthümers zurückgekehrt, der alſo dadurch die Uſucapion unterbrochen hatte. Der Sklavenhändler wollte nach der Rückkehr gegen den alten Eigenthümer mit der Publiciana klagen, und darüber wurde Papinian be- fragt. Er antwortete, der Kläger müſſe abgewieſen werden, weil der Beklagte noch wahrer Eigenthümer ſey, alſo die exceptio dominii für ſich geltend machen könne. In dieſer Erklärung wird nun eine umſtändliche Ge- ſchichte erdichtet, ohne daß die Stelle auch nur die ent- fernteſte Hindeutung darauf enthielte. Alle Ausdrücke der Stelle deuten vielmehr gerade auf das Gegentheil der hier vorausgeſetzten Thatſachen. Denn unter den emtores wird doch gewiß jeder unbefangene Leſer alle Käufer verſtehen, nicht blos die meiſten; und unter dem den Käufern (durch Sed) entgegengeſetzten venaliciarius eher alles Andere, als einen Collegen eben dieſer Käufer. — Ferner bleiben die wichtigſten Bedenken beſtehen, welche oben gegen eine

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/319>, abgerufen am 19.04.2024.