Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

Bild:
<< vorherige Seite

Zur Restitution der Minderjährigen.
argumentum a contrario. Dasselbe besteht darin, daß aus
einer bedingungsweise aufgestellten Regel geschlossen werden
soll, das Gegentheil dieser Regel müsse gelten, sobald der
logische Gegensatz (die reine Verneinung) der aufgestellten
Bedingung vorhanden sey. Diese Auslegungsweise, die am
rechten Orte angewendet ihre relative Wahrheit hat, ist
nirgend bedenklicher, als bei den Rescripten im Codex. Denn
hier hat die bedingte Fassung eines Ausspruchs sehr oft gar
nicht den Sinn, daß der Ausspruch eben nur unter der
beigefügten Bedingung wahr seyn soll, sondern vielmehr nur
den Sinn einer kurzen Wiederholung der in der Anfrage
an den Kaiser enthaltenen Thatsachen (s). In der hier
vorliegenden Stelle also sind die zwei scheinbaren Be-
dingungen der für zulässig erklärten Restitution etwa so zu
verstehen:
Wenn es wahr ist, wie Du anführst, daß der Vater
zu dem aufgenommenen Gelddarlehen keinen Befehl
gegeben hat, und daß auch nicht eine Verletzung des
Senatusconsults jede Restitution überflüssig macht, so
ist die Restitution wohlbegründet.

Die Erwähnung des nicht vorhandenen väterlichen Be-
fehls in der Anfrage, so wie in der Wiederholung durch das
Rescript, hat nun nicht den Sinn, daß die Restitution
schlechthin ausgeschlossen wäre im Fall eines väterlichen
Befehls (wie man die Stelle gewöhnlich auslegt), sondern

(s) Vgl. oben B. 1 § 41 am Ende des §.
VII. 19

Zur Reſtitution der Minderjährigen.
argumentum a contrario. Daſſelbe beſteht darin, daß aus
einer bedingungsweiſe aufgeſtellten Regel geſchloſſen werden
ſoll, das Gegentheil dieſer Regel müſſe gelten, ſobald der
logiſche Gegenſatz (die reine Verneinung) der aufgeſtellten
Bedingung vorhanden ſey. Dieſe Auslegungsweiſe, die am
rechten Orte angewendet ihre relative Wahrheit hat, iſt
nirgend bedenklicher, als bei den Reſcripten im Codex. Denn
hier hat die bedingte Faſſung eines Ausſpruchs ſehr oft gar
nicht den Sinn, daß der Ausſpruch eben nur unter der
beigefügten Bedingung wahr ſeyn ſoll, ſondern vielmehr nur
den Sinn einer kurzen Wiederholung der in der Anfrage
an den Kaiſer enthaltenen Thatſachen (s). In der hier
vorliegenden Stelle alſo ſind die zwei ſcheinbaren Be-
dingungen der für zuläſſig erklärten Reſtitution etwa ſo zu
verſtehen:
Wenn es wahr iſt, wie Du anführſt, daß der Vater
zu dem aufgenommenen Gelddarlehen keinen Befehl
gegeben hat, und daß auch nicht eine Verletzung des
Senatusconſults jede Reſtitution überflüſſig macht, ſo
iſt die Reſtitution wohlbegründet.

Die Erwähnung des nicht vorhandenen väterlichen Be-
fehls in der Anfrage, ſo wie in der Wiederholung durch das
Reſcript, hat nun nicht den Sinn, daß die Reſtitution
ſchlechthin ausgeſchloſſen wäre im Fall eines väterlichen
Befehls (wie man die Stelle gewöhnlich auslegt), ſondern

(s) Vgl. oben B. 1 § 41 am Ende des §.
VII. 19
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0311" n="289"/><fw place="top" type="header">Zur Re&#x017F;titution der Minderjährigen.</fw><lb/><hi rendition="#aq">argumentum a contrario.</hi> Da&#x017F;&#x017F;elbe be&#x017F;teht darin, daß aus<lb/>
einer bedingungswei&#x017F;e aufge&#x017F;tellten Regel ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden<lb/>
&#x017F;oll, das Gegentheil die&#x017F;er Regel mü&#x017F;&#x017F;e gelten, &#x017F;obald der<lb/>
logi&#x017F;che Gegen&#x017F;atz (die reine Verneinung) der aufge&#x017F;tellten<lb/>
Bedingung vorhanden &#x017F;ey. Die&#x017F;e Auslegungswei&#x017F;e, die am<lb/>
rechten Orte angewendet ihre relative Wahrheit hat, i&#x017F;t<lb/>
nirgend bedenklicher, als bei den Re&#x017F;cripten im Codex. Denn<lb/>
hier hat die bedingte Fa&#x017F;&#x017F;ung eines Aus&#x017F;pruchs &#x017F;ehr oft gar<lb/>
nicht den Sinn, daß der Aus&#x017F;pruch eben nur unter der<lb/>
beigefügten Bedingung wahr &#x017F;eyn &#x017F;oll, &#x017F;ondern vielmehr nur<lb/>
den Sinn einer kurzen Wiederholung der in der Anfrage<lb/>
an den Kai&#x017F;er enthaltenen That&#x017F;achen <note place="foot" n="(s)">Vgl. oben B. 1 § 41 am Ende des §.</note>. In der hier<lb/>
vorliegenden Stelle al&#x017F;o &#x017F;ind die zwei &#x017F;cheinbaren Be-<lb/>
dingungen der für zulä&#x017F;&#x017F;ig erklärten Re&#x017F;titution etwa &#x017F;o zu<lb/>
ver&#x017F;tehen:<lb/><hi rendition="#et">Wenn es wahr i&#x017F;t, wie Du anführ&#x017F;t, daß der Vater<lb/>
zu dem aufgenommenen Gelddarlehen keinen Befehl<lb/>
gegeben hat, und daß auch nicht eine Verletzung des<lb/>
Senatuscon&#x017F;ults jede Re&#x017F;titution überflü&#x017F;&#x017F;ig macht, &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t die Re&#x017F;titution wohlbegründet.</hi></p><lb/>
          <p>Die Erwähnung des nicht vorhandenen väterlichen Be-<lb/>
fehls in der Anfrage, &#x017F;o wie in der Wiederholung durch das<lb/>
Re&#x017F;cript, hat nun nicht den Sinn, daß die Re&#x017F;titution<lb/>
&#x017F;chlechthin ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en wäre im Fall eines väterlichen<lb/>
Befehls (wie man die Stelle gewöhnlich auslegt), &#x017F;ondern<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">VII.</hi> 19</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[289/0311] Zur Reſtitution der Minderjährigen. argumentum a contrario. Daſſelbe beſteht darin, daß aus einer bedingungsweiſe aufgeſtellten Regel geſchloſſen werden ſoll, das Gegentheil dieſer Regel müſſe gelten, ſobald der logiſche Gegenſatz (die reine Verneinung) der aufgeſtellten Bedingung vorhanden ſey. Dieſe Auslegungsweiſe, die am rechten Orte angewendet ihre relative Wahrheit hat, iſt nirgend bedenklicher, als bei den Reſcripten im Codex. Denn hier hat die bedingte Faſſung eines Ausſpruchs ſehr oft gar nicht den Sinn, daß der Ausſpruch eben nur unter der beigefügten Bedingung wahr ſeyn ſoll, ſondern vielmehr nur den Sinn einer kurzen Wiederholung der in der Anfrage an den Kaiſer enthaltenen Thatſachen (s). In der hier vorliegenden Stelle alſo ſind die zwei ſcheinbaren Be- dingungen der für zuläſſig erklärten Reſtitution etwa ſo zu verſtehen: Wenn es wahr iſt, wie Du anführſt, daß der Vater zu dem aufgenommenen Gelddarlehen keinen Befehl gegeben hat, und daß auch nicht eine Verletzung des Senatusconſults jede Reſtitution überflüſſig macht, ſo iſt die Reſtitution wohlbegründet. Die Erwähnung des nicht vorhandenen väterlichen Be- fehls in der Anfrage, ſo wie in der Wiederholung durch das Reſcript, hat nun nicht den Sinn, daß die Reſtitution ſchlechthin ausgeſchloſſen wäre im Fall eines väterlichen Befehls (wie man die Stelle gewöhnlich auslegt), ſondern (s) Vgl. oben B. 1 § 41 am Ende des §. VII. 19

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/311
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/311>, abgerufen am 23.11.2024.