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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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Beilage XVIII.
meisten Gläubiger der Minderjährigen ungemein schlechte
Leute. Wenn sich nun einmal einer von so redlicher Ge-
sinnung fände, daß er nur mit der Genehmigung des
Vaters das Darlehen geben wolle, so verdiene dieser seltene
Redliche unter den vielen Unredlichen durch eine besondere
Ausnahme von den allgemeinen Rechtsregeln ausgezeichnet
und belohnt zu werden. Zur Unterstützung dieser letzten
Ansicht wird auch noch eine Stelle der heiligen Schrift
angeführt (f).

Diese Gründe sind so unhaltbar, ja so wunderlich, daß
sie sich nur aus der völligen Verzweiflung erklären lassen,
über den klaren Ausspruch unsrer Rechtsquellen nicht anders
hinweg kommen zu können. Nach allgemeinen Gründen
muß daher die für das Gelddarlehen behauptete Aus-
nahme schlechthin verworfen werden, und es kommt nun-
mehr Alles auf die Erklärung einzelner Stellen an, zu
welcher ich mich jetzt wende.

Die wichtigste Stelle ist folgende aus Ulpianus lib. XI.
ad Ed.,
die ich in ihrem ganzen Zusammenhang hierher
setze.

L. 3 § 4 de minor. (4. 4).

Sed utrum solis patribus familiarum, an etiam filiis-
familiarum succurri debeat, videndum. Movet dubita-
tionem, quod, si quis dixerit etiam filiisfamiliarum
in re peculiari subveniendum, efficiet, ut per eos etiam

(f) Ev. S. Lucä Kap. 15
V. 7 "Ich sage Euch: Also wird
auch Freude im Himmel seyn über
Einen Sünder, der Buße thut, vor
neun und neunzig Gerechten, die
der Buße nicht bedürfen.

Beilage XVIII.
meiſten Gläubiger der Minderjährigen ungemein ſchlechte
Leute. Wenn ſich nun einmal einer von ſo redlicher Ge-
ſinnung fände, daß er nur mit der Genehmigung des
Vaters das Darlehen geben wolle, ſo verdiene dieſer ſeltene
Redliche unter den vielen Unredlichen durch eine beſondere
Ausnahme von den allgemeinen Rechtsregeln ausgezeichnet
und belohnt zu werden. Zur Unterſtützung dieſer letzten
Anſicht wird auch noch eine Stelle der heiligen Schrift
angeführt (f).

Dieſe Gründe ſind ſo unhaltbar, ja ſo wunderlich, daß
ſie ſich nur aus der völligen Verzweiflung erklären laſſen,
über den klaren Ausſpruch unſrer Rechtsquellen nicht anders
hinweg kommen zu können. Nach allgemeinen Gründen
muß daher die für das Gelddarlehen behauptete Aus-
nahme ſchlechthin verworfen werden, und es kommt nun-
mehr Alles auf die Erklärung einzelner Stellen an, zu
welcher ich mich jetzt wende.

Die wichtigſte Stelle iſt folgende aus Ulpianus lib. XI.
ad Ed.,
die ich in ihrem ganzen Zuſammenhang hierher
ſetze.

L. 3 § 4 de minor. (4. 4).

Sed utrum solis patribus familiarum, an etiam filiis-
familiarum succurri debeat, videndum. Movet dubita-
tionem, quod, si quis dixerit etiam filiisfamiliarum
in re peculiari subveniendum, efficiet, ut per eos etiam

(f) Ev. S. Lucä Kap. 15
V. 7 „Ich ſage Euch: Alſo wird
auch Freude im Himmel ſeyn über
Einen Sünder, der Buße thut, vor
neun und neunzig Gerechten, die
der Buße nicht bedürfen.
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[280/0302] Beilage XVIII. meiſten Gläubiger der Minderjährigen ungemein ſchlechte Leute. Wenn ſich nun einmal einer von ſo redlicher Ge- ſinnung fände, daß er nur mit der Genehmigung des Vaters das Darlehen geben wolle, ſo verdiene dieſer ſeltene Redliche unter den vielen Unredlichen durch eine beſondere Ausnahme von den allgemeinen Rechtsregeln ausgezeichnet und belohnt zu werden. Zur Unterſtützung dieſer letzten Anſicht wird auch noch eine Stelle der heiligen Schrift angeführt (f). Dieſe Gründe ſind ſo unhaltbar, ja ſo wunderlich, daß ſie ſich nur aus der völligen Verzweiflung erklären laſſen, über den klaren Ausſpruch unſrer Rechtsquellen nicht anders hinweg kommen zu können. Nach allgemeinen Gründen muß daher die für das Gelddarlehen behauptete Aus- nahme ſchlechthin verworfen werden, und es kommt nun- mehr Alles auf die Erklärung einzelner Stellen an, zu welcher ich mich jetzt wende. Die wichtigſte Stelle iſt folgende aus Ulpianus lib. XI. ad Ed., die ich in ihrem ganzen Zuſammenhang hierher ſetze. L. 3 § 4 de minor. (4. 4). Sed utrum solis patribus familiarum, an etiam filiis- familiarum succurri debeat, videndum. Movet dubita- tionem, quod, si quis dixerit etiam filiisfamiliarum in re peculiari subveniendum, efficiet, ut per eos etiam (f) Ev. S. Lucä Kap. 15 V. 7 „Ich ſage Euch: Alſo wird auch Freude im Himmel ſeyn über Einen Sünder, der Buße thut, vor neun und neunzig Gerechten, die der Buße nicht bedürfen.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/302>, abgerufen am 28.03.2024.