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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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Zur Restitution der Minderjährigen.
fahr und kein Nachtheil vorhanden seyn (d). Man kann
Dieses für die meisten Fälle unbedenklich zugeben, und wenn
in der That kein Nachtheil, oder doch kein Nachtheil aus
Unbesonnenheit entstanden ist, so versteht es sich von selbst,
daß die Restitution wegfällt, weil ihre Grundbedingung
fehlt (§ 320 Note b). Aber es kann doch auch anders
kommen; der Vater kann eben so leichtsinnig seyn, wie der
Sohn, er kann durch den Sohn getäuscht werden, er kann
selbst in böser, eigennütziger Absicht den nachtheiligen Befehl
zum Darlehen geben. Auf keine Weise erklärt dieser Grund,
warum gerade nur bei dem Gelddarlehen der väterliche
Befehl diese Wirkung haben soll, da ja bei allen anderen
Rechtsgeschäften genau dieselben Rücksichten und Möglich-
keiten eintreten, um die Restitution für zulässig oder unzu-
lässig zu halten.

In dieser Verlegenheit nun haben ältere Schriftsteller
die seltsamsten Gründe geltend gemacht, um die erwähnte
Ausnahme bei dem Darlehen zu rechtfertigen (e). Das für
das Gelddarlehen erlassene Sc. Macedonianum, sagen sie,
sey für viele einzelne Fälle sehr hart, und für diese Härte
sollten die Gläubiger durch die erwähnte Ausnahme wenig-
stens eine kleine Entschädigung erhalten. Ferner seyen die

(d) Das ist die Wendung, die
Puchta § 103 Note i der Sache
giebt. Denn in den Vorlesungen
S. 213 sagt er, es sey keine eigent-
liche Ausnahme, sondern es werde
nur angenommen, daß in einem
solchen Fall kein Nachtheil aus
Unbesonnenheit entstanden sey.
(e) Azo in L. 2 C. de fil.
fam. min.,
Glossa in L. 3 § 4
D. de minor., Cujacius in L. 3
§ 4 D. de min., Opp. T. 1 p.
989

Zur Reſtitution der Minderjährigen.
fahr und kein Nachtheil vorhanden ſeyn (d). Man kann
Dieſes für die meiſten Fälle unbedenklich zugeben, und wenn
in der That kein Nachtheil, oder doch kein Nachtheil aus
Unbeſonnenheit entſtanden iſt, ſo verſteht es ſich von ſelbſt,
daß die Reſtitution wegfällt, weil ihre Grundbedingung
fehlt (§ 320 Note b). Aber es kann doch auch anders
kommen; der Vater kann eben ſo leichtſinnig ſeyn, wie der
Sohn, er kann durch den Sohn getäuſcht werden, er kann
ſelbſt in böſer, eigennütziger Abſicht den nachtheiligen Befehl
zum Darlehen geben. Auf keine Weiſe erklärt dieſer Grund,
warum gerade nur bei dem Gelddarlehen der väterliche
Befehl dieſe Wirkung haben ſoll, da ja bei allen anderen
Rechtsgeſchäften genau dieſelben Rückſichten und Möglich-
keiten eintreten, um die Reſtitution für zuläſſig oder unzu-
läſſig zu halten.

In dieſer Verlegenheit nun haben ältere Schriftſteller
die ſeltſamſten Gründe geltend gemacht, um die erwähnte
Ausnahme bei dem Darlehen zu rechtfertigen (e). Das für
das Gelddarlehen erlaſſene Sc. Macedonianum, ſagen ſie,
ſey für viele einzelne Fälle ſehr hart, und für dieſe Härte
ſollten die Gläubiger durch die erwähnte Ausnahme wenig-
ſtens eine kleine Entſchädigung erhalten. Ferner ſeyen die

(d) Das iſt die Wendung, die
Puchta § 103 Note i der Sache
giebt. Denn in den Vorleſungen
S. 213 ſagt er, es ſey keine eigent-
liche Ausnahme, ſondern es werde
nur angenommen, daß in einem
ſolchen Fall kein Nachtheil aus
Unbeſonnenheit entſtanden ſey.
(e) Azo in L. 2 C. de fil.
fam. min.,
Glossa in L. 3 § 4
D. de minor., Cujacius in L. 3
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[279/0301] Zur Reſtitution der Minderjährigen. fahr und kein Nachtheil vorhanden ſeyn (d). Man kann Dieſes für die meiſten Fälle unbedenklich zugeben, und wenn in der That kein Nachtheil, oder doch kein Nachtheil aus Unbeſonnenheit entſtanden iſt, ſo verſteht es ſich von ſelbſt, daß die Reſtitution wegfällt, weil ihre Grundbedingung fehlt (§ 320 Note b). Aber es kann doch auch anders kommen; der Vater kann eben ſo leichtſinnig ſeyn, wie der Sohn, er kann durch den Sohn getäuſcht werden, er kann ſelbſt in böſer, eigennütziger Abſicht den nachtheiligen Befehl zum Darlehen geben. Auf keine Weiſe erklärt dieſer Grund, warum gerade nur bei dem Gelddarlehen der väterliche Befehl dieſe Wirkung haben ſoll, da ja bei allen anderen Rechtsgeſchäften genau dieſelben Rückſichten und Möglich- keiten eintreten, um die Reſtitution für zuläſſig oder unzu- läſſig zu halten. In dieſer Verlegenheit nun haben ältere Schriftſteller die ſeltſamſten Gründe geltend gemacht, um die erwähnte Ausnahme bei dem Darlehen zu rechtfertigen (e). Das für das Gelddarlehen erlaſſene Sc. Macedonianum, ſagen ſie, ſey für viele einzelne Fälle ſehr hart, und für dieſe Härte ſollten die Gläubiger durch die erwähnte Ausnahme wenig- ſtens eine kleine Entſchädigung erhalten. Ferner ſeyen die (d) Das iſt die Wendung, die Puchta § 103 Note i der Sache giebt. Denn in den Vorleſungen S. 213 ſagt er, es ſey keine eigent- liche Ausnahme, ſondern es werde nur angenommen, daß in einem ſolchen Fall kein Nachtheil aus Unbeſonnenheit entſtanden ſey. (e) Azo in L. 2 C. de fil. fam. min., Glossa in L. 3 § 4 D. de minor., Cujacius in L. 3 § 4 D. de min., Opp. T. 1 p. 989

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/301>, abgerufen am 19.04.2024.