Puchta giebt dem an sich richtig aufgefaßten Gegensatz des judicium rescindens und rescissorium noch folgenden Zusatz. Er sagt, der Prätor habe auch noch das judicium rescindens gleichsam spalten können, indem er z. B. die Restitution wegen Zwanges in zwei Fragen zerlegte: eine rechtliche, über die Verletzung und deren Zusammenhang mit dem (angeblichen) Zwang, worüber er selbst (hypothe- tisch) entschied; eine factische, über das Daseyn des Zwan- ges, worüber er von einem Judex entscheiden ließ. Dieses sey die äußerste Gränze der Restitution gewesen, und so sey insbesondere die actio quod metus causa behandelt worden (z). -- Diese allzu subtile Annahme kann ich nur als einen nicht glücklichen. Vermittlungsversuch ansehen zwischen der strengen Scheidung der wahren Restitution von den sogenannten Restitutionsklagen auf der einen Seite, und der (ungehörigen) Vermengung dieser beiden Arten von Schutzmitteln auf der andern Seite Wenn der Prätor sich entschloß, eine Sache als Gegenstand der Re- stitution zu behandeln, so entschied er allein über die Resti- tution als solche vollständig, und gab höchstens nachher eine actio. Wir haben durchaus keinen Grund zu der Annahme, daß jemals im älteren Recht ein Theil der Restitutionsfrage an einen Judex gewiesen worden wäre.
(z)Puchta Pandekten § 105. Institutionen §. 177.
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
Puchta giebt dem an ſich richtig aufgefaßten Gegenſatz des judicium rescindens und rescissorium noch folgenden Zuſatz. Er ſagt, der Prätor habe auch noch das judicium rescindens gleichſam ſpalten können, indem er z. B. die Reſtitution wegen Zwanges in zwei Fragen zerlegte: eine rechtliche, über die Verletzung und deren Zuſammenhang mit dem (angeblichen) Zwang, worüber er ſelbſt (hypothe- tiſch) entſchied; eine factiſche, über das Daſeyn des Zwan- ges, worüber er von einem Judex entſcheiden ließ. Dieſes ſey die äußerſte Gränze der Reſtitution geweſen, und ſo ſey insbeſondere die actio quod metus causa behandelt worden (z). — Dieſe allzu ſubtile Annahme kann ich nur als einen nicht glücklichen. Vermittlungsverſuch anſehen zwiſchen der ſtrengen Scheidung der wahren Reſtitution von den ſogenannten Reſtitutionsklagen auf der einen Seite, und der (ungehörigen) Vermengung dieſer beiden Arten von Schutzmitteln auf der andern Seite Wenn der Prätor ſich entſchloß, eine Sache als Gegenſtand der Re- ſtitution zu behandeln, ſo entſchied er allein über die Reſti- tution als ſolche vollſtändig, und gab höchſtens nachher eine actio. Wir haben durchaus keinen Grund zu der Annahme, daß jemals im älteren Recht ein Theil der Reſtitutionsfrage an einen Judex gewieſen worden wäre.
(z)Puchta Pandekten § 105. Inſtitutionen §. 177.
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
Puchta giebt dem an ſich richtig aufgefaßten Gegenſatz
des judicium rescindens und rescissorium noch folgenden
Zuſatz. Er ſagt, der Prätor habe auch noch das judicium
rescindens gleichſam ſpalten können, indem er z. B. die
Reſtitution wegen Zwanges in zwei Fragen zerlegte: eine
rechtliche, über die Verletzung und deren Zuſammenhang
mit dem (angeblichen) Zwang, worüber er ſelbſt (hypothe-
tiſch) entſchied; eine factiſche, über das Daſeyn des Zwan-
ges, worüber er von einem Judex entſcheiden ließ. Dieſes
ſey die äußerſte Gränze der Reſtitution geweſen, und ſo
ſey insbeſondere die actio quod metus causa behandelt
worden (z). — Dieſe allzu ſubtile Annahme kann ich nur
als einen nicht glücklichen. Vermittlungsverſuch anſehen
zwiſchen der ſtrengen Scheidung der wahren Reſtitution
von den ſogenannten Reſtitutionsklagen auf der einen
Seite, und der (ungehörigen) Vermengung dieſer beiden
Arten von Schutzmitteln auf der andern Seite Wenn der
Prätor ſich entſchloß, eine Sache als Gegenſtand der Re-
ſtitution zu behandeln, ſo entſchied er allein über die Reſti-
tution als ſolche vollſtändig, und gab höchſtens nachher eine
actio. Wir haben durchaus keinen Grund zu der Annahme,
daß jemals im älteren Recht ein Theil der Reſtitutionsfrage
an einen Judex gewieſen worden wäre.
(z) Puchta Pandekten § 105. Inſtitutionen §. 177.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/260>, abgerufen am 16.07.2024.
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