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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
versuchsweise einige Sätze aufstellen, deren Wahrheit erst
im Laufe der folgenden Untersuchung dargethan werden kann.
Meist wird der Betrüger dieselbe Person seyn, welche aus
dem Schaden des Betrogenen Vortheil zieht (welche Person
ich den Gegner nennen will), zuweilen werden beide Per-
sonen verschieden seyn (c); in diesem letzten Fall ist es
natürlich, daß der Betrogene mit seiner Entschädigung an
den Betrüger gewiesen werde, nicht an den unschuldigen
Gegner, so daß dann die beschränkende Rücksicht auf die
entehrende Natur der actio doli in den Hintergrund tritt.
Jedoch darf es niemals dahin kommen, daß der Betrogene
ganz ohne Hülfe bleibe; wenn also in dem zuletzt erwähnten
Falle der Betrüger zahlungsunfähig ist, kann auch von dem
unschuldigen Gegner Abhülfe verlangt werden.

Die Fälle selbst, in welchen die Restitution wegen Be-
trugs anzuwenden ist, sind aus der zwiefachen Verwandt-
schaft abzuleiten, welche für diese Restitution unzweifelhaft
angenommen werden muß: auf der einen Seite mit dem
Zwang, auf der andern Seite mit dem Irrthum.

Zuerst also wird die Restitution wegen Betrugs in den-
selben beiden Fällen angewendet werden müssen, in welchen
die Restitution wegen Zwangs zur Anwendung kommt, damit
in keinem Fall der Betrogene ganz ohne Hülfe bleibe.

Der erste Fall gründet sich auf die Zahlungsunfähigkeit

(c) Es ist dieser Fall so zu
denken, daß der Gegner Nichts
von dem Betrug weiß, sonst ist er
selbst gleichfalls Betrüger; es kann
also hier nur von einem unschul-
digen Gegner die Rede seyn.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
verſuchsweiſe einige Sätze aufſtellen, deren Wahrheit erſt
im Laufe der folgenden Unterſuchung dargethan werden kann.
Meiſt wird der Betrüger dieſelbe Perſon ſeyn, welche aus
dem Schaden des Betrogenen Vortheil zieht (welche Perſon
ich den Gegner nennen will), zuweilen werden beide Per-
ſonen verſchieden ſeyn (c); in dieſem letzten Fall iſt es
natürlich, daß der Betrogene mit ſeiner Entſchädigung an
den Betrüger gewieſen werde, nicht an den unſchuldigen
Gegner, ſo daß dann die beſchränkende Rückſicht auf die
entehrende Natur der actio doli in den Hintergrund tritt.
Jedoch darf es niemals dahin kommen, daß der Betrogene
ganz ohne Hülfe bleibe; wenn alſo in dem zuletzt erwähnten
Falle der Betrüger zahlungsunfähig iſt, kann auch von dem
unſchuldigen Gegner Abhülfe verlangt werden.

Die Fälle ſelbſt, in welchen die Reſtitution wegen Be-
trugs anzuwenden iſt, ſind aus der zwiefachen Verwandt-
ſchaft abzuleiten, welche für dieſe Reſtitution unzweifelhaft
angenommen werden muß: auf der einen Seite mit dem
Zwang, auf der andern Seite mit dem Irrthum.

Zuerſt alſo wird die Reſtitution wegen Betrugs in den-
ſelben beiden Fällen angewendet werden müſſen, in welchen
die Reſtitution wegen Zwangs zur Anwendung kommt, damit
in keinem Fall der Betrogene ganz ohne Hülfe bleibe.

Der erſte Fall gründet ſich auf die Zahlungsunfähigkeit

(c) Es iſt dieſer Fall ſo zu
denken, daß der Gegner Nichts
von dem Betrug weiß, ſonſt iſt er
ſelbſt gleichfalls Betrüger; es kann
alſo hier nur von einem unſchul-
digen Gegner die Rede ſeyn.
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[200/0222] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. verſuchsweiſe einige Sätze aufſtellen, deren Wahrheit erſt im Laufe der folgenden Unterſuchung dargethan werden kann. Meiſt wird der Betrüger dieſelbe Perſon ſeyn, welche aus dem Schaden des Betrogenen Vortheil zieht (welche Perſon ich den Gegner nennen will), zuweilen werden beide Per- ſonen verſchieden ſeyn (c); in dieſem letzten Fall iſt es natürlich, daß der Betrogene mit ſeiner Entſchädigung an den Betrüger gewieſen werde, nicht an den unſchuldigen Gegner, ſo daß dann die beſchränkende Rückſicht auf die entehrende Natur der actio doli in den Hintergrund tritt. Jedoch darf es niemals dahin kommen, daß der Betrogene ganz ohne Hülfe bleibe; wenn alſo in dem zuletzt erwähnten Falle der Betrüger zahlungsunfähig iſt, kann auch von dem unſchuldigen Gegner Abhülfe verlangt werden. Die Fälle ſelbſt, in welchen die Reſtitution wegen Be- trugs anzuwenden iſt, ſind aus der zwiefachen Verwandt- ſchaft abzuleiten, welche für dieſe Reſtitution unzweifelhaft angenommen werden muß: auf der einen Seite mit dem Zwang, auf der andern Seite mit dem Irrthum. Zuerſt alſo wird die Reſtitution wegen Betrugs in den- ſelben beiden Fällen angewendet werden müſſen, in welchen die Reſtitution wegen Zwangs zur Anwendung kommt, damit in keinem Fall der Betrogene ganz ohne Hülfe bleibe. Der erſte Fall gründet ſich auf die Zahlungsunfähigkeit (c) Es iſt dieſer Fall ſo zu denken, daß der Gegner Nichts von dem Betrug weiß, ſonſt iſt er ſelbſt gleichfalls Betrüger; es kann alſo hier nur von einem unſchul- digen Gegner die Rede ſeyn.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/222>, abgerufen am 19.04.2024.