des Ulpian und des Paulus außer Zweifel gesetzt (§ 320).
Die Restitution wegen Betrugs wird in den Quellen abge- handelt unmittelbar hinter der Restitution wegen Zwangs, neben welcher sie in sehr früher Zeit eingeführt zu seyn scheint. So wie diese, ist sie größtentheils überflüssig gemacht worden durch ordentliche Rechtsmittel, die actio und exceptio doli, und aus dieser historischen Entwicklung ist großentheils ihre gegenwärtige etwas räthselhafte Natur zu erklären. Ver- gleichen wir diese ordentlichen Rechtsmittel mit denen, die für den Fall des Zwanges eingeführt waren, so müssen wir zwei Unterschiede anerkennen. Die Klage und Einrede aus dem Zwang gilt auch gegen dritte Besitzer (§ 330 Note a), die aus dem Betrug wirkt blos persönlich gegen den Be- trüger, und läßt daher öfter als jene, das Bedürfniß einer Restitution wahrnehmen. Ferner ist die actio doli für den Verurtheilten entehrend, und soll daher nicht gebraucht werden, wo sie durch andere, völlig gleich wirksame, Schutz- mittel ersetzt werden kann (a). Diese beschränkende Rücksicht gilt jedoch nur für die actio, nicht für die exceptio doli; für das heutige Recht aber ist sie völlig verschwunden, weil es hier allgemein anerkannt ist, daß keine Klage aus Privatdelicten die Ehrlosigkeit mit sich führt (b).
Um nun die für die Restitution wegen Betrugs noch übrig bleibenden Fälle zu ermitteln, will ich vorläufig und
(a)L. 1 § 4 de dolo (4. 3).
(b) S. o. B. 2 S. 227.
§. 332. Einzelne Reſtitutionsgründe. V. Betrug.
des Ulpian und des Paulus außer Zweifel geſetzt (§ 320).
Die Reſtitution wegen Betrugs wird in den Quellen abge- handelt unmittelbar hinter der Reſtitution wegen Zwangs, neben welcher ſie in ſehr früher Zeit eingeführt zu ſeyn ſcheint. So wie dieſe, iſt ſie größtentheils überflüſſig gemacht worden durch ordentliche Rechtsmittel, die actio und exceptio doli, und aus dieſer hiſtoriſchen Entwicklung iſt großentheils ihre gegenwärtige etwas räthſelhafte Natur zu erklären. Ver- gleichen wir dieſe ordentlichen Rechtsmittel mit denen, die für den Fall des Zwanges eingeführt waren, ſo müſſen wir zwei Unterſchiede anerkennen. Die Klage und Einrede aus dem Zwang gilt auch gegen dritte Beſitzer (§ 330 Note a), die aus dem Betrug wirkt blos perſönlich gegen den Be- trüger, und läßt daher öfter als jene, das Bedürfniß einer Reſtitution wahrnehmen. Ferner iſt die actio doli für den Verurtheilten entehrend, und ſoll daher nicht gebraucht werden, wo ſie durch andere, völlig gleich wirkſame, Schutz- mittel erſetzt werden kann (a). Dieſe beſchränkende Rückſicht gilt jedoch nur für die actio, nicht für die exceptio doli; für das heutige Recht aber iſt ſie völlig verſchwunden, weil es hier allgemein anerkannt iſt, daß keine Klage aus Privatdelicten die Ehrloſigkeit mit ſich führt (b).
Um nun die für die Reſtitution wegen Betrugs noch übrig bleibenden Fälle zu ermitteln, will ich vorläufig und
(a)L. 1 § 4 de dolo (4. 3).
(b) S. o. B. 2 S. 227.
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§. 332. Einzelne Reſtitutionsgründe. V. Betrug.
des Ulpian und des Paulus außer Zweifel geſetzt
(§ 320).
Die Reſtitution wegen Betrugs wird in den Quellen abge-
handelt unmittelbar hinter der Reſtitution wegen Zwangs,
neben welcher ſie in ſehr früher Zeit eingeführt zu ſeyn ſcheint.
So wie dieſe, iſt ſie größtentheils überflüſſig gemacht worden
durch ordentliche Rechtsmittel, die actio und exceptio doli,
und aus dieſer hiſtoriſchen Entwicklung iſt großentheils ihre
gegenwärtige etwas räthſelhafte Natur zu erklären. Ver-
gleichen wir dieſe ordentlichen Rechtsmittel mit denen, die
für den Fall des Zwanges eingeführt waren, ſo müſſen wir
zwei Unterſchiede anerkennen. Die Klage und Einrede aus
dem Zwang gilt auch gegen dritte Beſitzer (§ 330 Note a),
die aus dem Betrug wirkt blos perſönlich gegen den Be-
trüger, und läßt daher öfter als jene, das Bedürfniß einer
Reſtitution wahrnehmen. Ferner iſt die actio doli für den
Verurtheilten entehrend, und ſoll daher nicht gebraucht
werden, wo ſie durch andere, völlig gleich wirkſame, Schutz-
mittel erſetzt werden kann (a). Dieſe beſchränkende Rückſicht
gilt jedoch nur für die actio, nicht für die exceptio doli;
für das heutige Recht aber iſt ſie völlig verſchwunden, weil
es hier allgemein anerkannt iſt, daß keine Klage aus
Privatdelicten die Ehrloſigkeit mit ſich führt (b).
Um nun die für die Reſtitution wegen Betrugs noch
übrig bleibenden Fälle zu ermitteln, will ich vorläufig und
(a) L. 1 § 4 de dolo (4. 3).
(b) S. o. B. 2 S. 227.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/221>, abgerufen am 24.07.2024.
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