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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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§. 323. Einz. Restitutionsgründe I. Minderjährigkeit. (Forts.)
hervorzuheben, in welchen bei der Minderjährigkeit beson-
dere Bestimmungen nöthig gefunden worden sind.

1. Veranlassung zur Restitution kann unter Anderm der
Empfang einer Zahlung werden, wenn der Empfänger das
empfangene Geld verschwendet oder verliert, z. B. durch
Diebstahl (§ 310 Note i). Gegen diese Gefahr wurden bei
minderjährigen Gläubigern neben der Restitution mancher-
lei Schutzmittel angewendet, namentlich Zahlung an einen
Curator, worauf der Schuldner bestehen konnte, oder auch
Niederlegung des gezahlten Geldes in einem Tempel. Da-
durch wurde die Gefahr des Verlustes vermindert, also die
Restitution meist factisch ausgeschlossen; eine unbedingte
Ausschließung der Restitution lag darin nicht (a). Justinian
fügte als neues Schutzmittel die Vorschrift hinzu, daß
Kapitalzahlungen nur in Folge eines, dieselben gestattenden,
richterlichen Erkenntnisses geleistet werden sollten; unter
dieser Voraussetzung sollten sie recht sicher vorgenommen
werden können (b). Man hat diese Vorschrift gewöhnlich
als Aenderung des früheren Rechts, und als unbedingte
Ausschließung der Restitution aufgefaßt (c); es ist aber
dazu kein Grund vorhanden. Vielmehr sollte durch diese
neue Form nur noch mehr Schutz gegen die Gefahr des
Verlustes verschafft werden, wodurch dann das Bedürfniß
der Restitution von selbst wegfällt (d).


(a) L. 7 § 2 de min. (4. 4),
L. 1 C. si adv. solut.
(2. 33).
(b) L. 25 C. de admin. (5. 37),
§ 2 J. quibus alienare
(2. 8).
(c) Burchardi S. 248.
(d) Göschen Vorlesungen I.
S. 557. Eigentlich stimmt mit dieser
Ansicht auch Puchta überein,

§. 323. Einz. Reſtitutionsgründe I. Minderjährigkeit. (Fortſ.)
hervorzuheben, in welchen bei der Minderjährigkeit beſon-
dere Beſtimmungen nöthig gefunden worden ſind.

1. Veranlaſſung zur Reſtitution kann unter Anderm der
Empfang einer Zahlung werden, wenn der Empfänger das
empfangene Geld verſchwendet oder verliert, z. B. durch
Diebſtahl (§ 310 Note i). Gegen dieſe Gefahr wurden bei
minderjährigen Gläubigern neben der Reſtitution mancher-
lei Schutzmittel angewendet, namentlich Zahlung an einen
Curator, worauf der Schuldner beſtehen konnte, oder auch
Niederlegung des gezahlten Geldes in einem Tempel. Da-
durch wurde die Gefahr des Verluſtes vermindert, alſo die
Reſtitution meiſt factiſch ausgeſchloſſen; eine unbedingte
Ausſchließung der Reſtitution lag darin nicht (a). Juſtinian
fügte als neues Schutzmittel die Vorſchrift hinzu, daß
Kapitalzahlungen nur in Folge eines, dieſelben geſtattenden,
richterlichen Erkenntniſſes geleiſtet werden ſollten; unter
dieſer Vorausſetzung ſollten ſie recht ſicher vorgenommen
werden können (b). Man hat dieſe Vorſchrift gewöhnlich
als Aenderung des früheren Rechts, und als unbedingte
Ausſchließung der Reſtitution aufgefaßt (c); es iſt aber
dazu kein Grund vorhanden. Vielmehr ſollte durch dieſe
neue Form nur noch mehr Schutz gegen die Gefahr des
Verluſtes verſchafft werden, wodurch dann das Bedürfniß
der Reſtitution von ſelbſt wegfällt (d).


(a) L. 7 § 2 de min. (4. 4),
L. 1 C. si adv. solut.
(2. 33).
(b) L. 25 C. de admin. (5. 37),
§ 2 J. quibus alienare
(2. 8).
(c) Burchardi S. 248.
(d) Göſchen Vorleſungen I.
S. 557. Eigentlich ſtimmt mit dieſer
Anſicht auch Puchta überein,
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[151/0173] §. 323. Einz. Reſtitutionsgründe I. Minderjährigkeit. (Fortſ.) hervorzuheben, in welchen bei der Minderjährigkeit beſon- dere Beſtimmungen nöthig gefunden worden ſind. 1. Veranlaſſung zur Reſtitution kann unter Anderm der Empfang einer Zahlung werden, wenn der Empfänger das empfangene Geld verſchwendet oder verliert, z. B. durch Diebſtahl (§ 310 Note i). Gegen dieſe Gefahr wurden bei minderjährigen Gläubigern neben der Reſtitution mancher- lei Schutzmittel angewendet, namentlich Zahlung an einen Curator, worauf der Schuldner beſtehen konnte, oder auch Niederlegung des gezahlten Geldes in einem Tempel. Da- durch wurde die Gefahr des Verluſtes vermindert, alſo die Reſtitution meiſt factiſch ausgeſchloſſen; eine unbedingte Ausſchließung der Reſtitution lag darin nicht (a). Juſtinian fügte als neues Schutzmittel die Vorſchrift hinzu, daß Kapitalzahlungen nur in Folge eines, dieſelben geſtattenden, richterlichen Erkenntniſſes geleiſtet werden ſollten; unter dieſer Vorausſetzung ſollten ſie recht ſicher vorgenommen werden können (b). Man hat dieſe Vorſchrift gewöhnlich als Aenderung des früheren Rechts, und als unbedingte Ausſchließung der Reſtitution aufgefaßt (c); es iſt aber dazu kein Grund vorhanden. Vielmehr ſollte durch dieſe neue Form nur noch mehr Schutz gegen die Gefahr des Verluſtes verſchafft werden, wodurch dann das Bedürfniß der Reſtitution von ſelbſt wegfällt (d). (a) L. 7 § 2 de min. (4. 4), L. 1 C. si adv. solut. (2. 33). (b) L. 25 C. de admin. (5. 37), § 2 J. quibus alienare (2. 8). (c) Burchardi S. 248. (d) Göſchen Vorleſungen I. S. 557. Eigentlich ſtimmt mit dieſer Anſicht auch Puchta überein,

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/173>, abgerufen am 20.04.2024.