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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.

2. Besonders erwähnt wird der Fall, wenn der Gläu-
biger eines Minderjährigen Pfänder verkauft, die nicht der
Minderjährige selbst, sondern dessen Erblasser bestellt hatte.
Gegen diesen Verkauf soll der Minderjährige höchstens
Klagen gegen den Verkäufer oder gegen die Vormünder
haben können, wenn dazu die Umstände geeignet sind; eine
Restitution gegen den Käufer soll er nicht erhalten, und er
soll gegen diesen überhaupt nur klagen können, wenn derselbe an
einem unredlichen Verkauf wissentlich Theil genommen hat (e).
Man hat diese Regel mit Unrecht so aufgefaßt, als ob darin
eine positive Ausnahme von der Restitution der Minderjährigen
enthalten wäre, und zugleich eine Aenderung des früheren
Rechts (f). Eine positive Ausnahme ist es nicht, denn die Resti-
tution bezieht sich nur auf Geschäfte der Minderjährigen oder
ihrer Vertreter; der erwähnte Verkauf aber ist nicht ein Ge-
schäft des Minderjährigen, sondern des aus eigenem Rechte
handelnden Gläubigers. Auch läßt sich nicht behaupten, daß
hierin früher ein anderes Recht gegolten haben sollte (g).


Pandekten § 103 Note i und Vor-
lesungen S. 213. Daß er in Ju-
stinian's
Gesetz eine Modification
des älteren Rechts annimmt, steht
damit nicht im Widerspruch, denn
die in diesem Gesetz vorgeschriebene
Form war allerdings eine neue
und positive Maßregel zur Sicher-
heit.
(e) L. 2 C. si adv. vend.
pign.
(2. 37), L. 2 C. de praed.
fisc.
(5. 71).
(f) Burchardi S. 229. 249.
250.
(g) Man hat dafür folgende
Stelle des Paulus I. 9 § 8 geltend
machen wollen: "Minor adversus
distractiones eorum pignorum et
fiduciarum, quas pater obliga-
verat, si non ita, ut oportuit, a
creditore distractae sunt,
re-
stitui in integrum potest."

Allein es ist durchaus nicht nöthig,
diese Worte von einem materiell
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.

2. Beſonders erwähnt wird der Fall, wenn der Gläu-
biger eines Minderjährigen Pfänder verkauft, die nicht der
Minderjährige ſelbſt, ſondern deſſen Erblaſſer beſtellt hatte.
Gegen dieſen Verkauf ſoll der Minderjährige höchſtens
Klagen gegen den Verkäufer oder gegen die Vormünder
haben können, wenn dazu die Umſtände geeignet ſind; eine
Reſtitution gegen den Käufer ſoll er nicht erhalten, und er
ſoll gegen dieſen überhaupt nur klagen können, wenn derſelbe an
einem unredlichen Verkauf wiſſentlich Theil genommen hat (e).
Man hat dieſe Regel mit Unrecht ſo aufgefaßt, als ob darin
eine poſitive Ausnahme von der Reſtitution der Minderjährigen
enthalten wäre, und zugleich eine Aenderung des früheren
Rechts (f). Eine poſitive Ausnahme iſt es nicht, denn die Reſti-
tution bezieht ſich nur auf Geſchäfte der Minderjährigen oder
ihrer Vertreter; der erwähnte Verkauf aber iſt nicht ein Ge-
ſchäft des Minderjährigen, ſondern des aus eigenem Rechte
handelnden Gläubigers. Auch läßt ſich nicht behaupten, daß
hierin früher ein anderes Recht gegolten haben ſollte (g).


Pandekten § 103 Note i und Vor-
leſungen S. 213. Daß er in Ju-
ſtinian’s
Geſetz eine Modification
des älteren Rechts annimmt, ſteht
damit nicht im Widerſpruch, denn
die in dieſem Geſetz vorgeſchriebene
Form war allerdings eine neue
und poſitive Maßregel zur Sicher-
heit.
(e) L. 2 C. si adv. vend.
pign.
(2. 37), L. 2 C. de praed.
fisc.
(5. 71).
(f) Burchardi S. 229. 249.
250.
(g) Man hat dafür folgende
Stelle des Paulus I. 9 § 8 geltend
machen wollen: „Minor adversus
distractiones eorum pignorum et
fiduciarum, quas pater obliga-
verat, si non ita, ut oportuit, a
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stitui in integrum potest.“

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[152/0174] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. 2. Beſonders erwähnt wird der Fall, wenn der Gläu- biger eines Minderjährigen Pfänder verkauft, die nicht der Minderjährige ſelbſt, ſondern deſſen Erblaſſer beſtellt hatte. Gegen dieſen Verkauf ſoll der Minderjährige höchſtens Klagen gegen den Verkäufer oder gegen die Vormünder haben können, wenn dazu die Umſtände geeignet ſind; eine Reſtitution gegen den Käufer ſoll er nicht erhalten, und er ſoll gegen dieſen überhaupt nur klagen können, wenn derſelbe an einem unredlichen Verkauf wiſſentlich Theil genommen hat (e). Man hat dieſe Regel mit Unrecht ſo aufgefaßt, als ob darin eine poſitive Ausnahme von der Reſtitution der Minderjährigen enthalten wäre, und zugleich eine Aenderung des früheren Rechts (f). Eine poſitive Ausnahme iſt es nicht, denn die Reſti- tution bezieht ſich nur auf Geſchäfte der Minderjährigen oder ihrer Vertreter; der erwähnte Verkauf aber iſt nicht ein Ge- ſchäft des Minderjährigen, ſondern des aus eigenem Rechte handelnden Gläubigers. Auch läßt ſich nicht behaupten, daß hierin früher ein anderes Recht gegolten haben ſollte (g). (d) (e) L. 2 C. si adv. vend. pign. (2. 37), L. 2 C. de praed. fisc. (5. 71). (f) Burchardi S. 229. 249. 250. (g) Man hat dafür folgende Stelle des Paulus I. 9 § 8 geltend machen wollen: „Minor adversus distractiones eorum pignorum et fiduciarum, quas pater obliga- verat, si non ita, ut oportuit, a creditore distractae sunt, re- stitui in integrum potest.“ Allein es iſt durchaus nicht nöthig, dieſe Worte von einem materiell (d) Pandekten § 103 Note i und Vor- leſungen S. 213. Daß er in Ju- ſtinian’s Geſetz eine Modification des älteren Rechts annimmt, ſteht damit nicht im Widerſpruch, denn die in dieſem Geſetz vorgeſchriebene Form war allerdings eine neue und poſitive Maßregel zur Sicher- heit.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/174>, abgerufen am 23.11.2024.