Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung. geschickt werden, daß hier ein noch freieres richterliches Er-messen, als bei den meisten übrigen Restitutionsgründen, unentbehrlich ist. Denn bei diesen (wie bei Zwang, Betrug, Irrthum) geht schon aus ihrem Begriff die Mangelhaftig- keit des einzelnen Rechtsgeschäfts hervor, gegen welches Restitution gesucht wird. Nicht so bei der Minderjährigkeit, die nur die allgemeine Möglichkeit mangelhafter Eigen- schaften eines Rechtsgeschäfts begründet, während das wirkliche Daseyn derselben erst aus der Prüfung jedes ein- zelnen Herganges erkannt werden kann (§ 320 Note c). Allerdings muß, wenn eine Restitution wegen Zwang oder wegen Minderjährigkeit gesucht wird, die Thatsache des Zwanges eben sowohl bewiesen werden, als die Thatsache der Minderjährigkeit. Aus dem erwiesenen Zwang aber folgt dann die Mangelhaftigkeit des erzwungenen Geschäfts von selbst, anstatt daß aus der erwiesenen Minderjährigkeit noch gar nicht folgt, daß das Geschäft ein leichtsinniges, unüberlegtes, und deshalb mangelhaftes war, wenngleich es sich hinterher als nachtheilig in seinen Folgen darge- stellt hat. Die einzelnen Anwendungen aber auf Verhältnisse des Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. geſchickt werden, daß hier ein noch freieres richterliches Er-meſſen, als bei den meiſten übrigen Reſtitutionsgründen, unentbehrlich iſt. Denn bei dieſen (wie bei Zwang, Betrug, Irrthum) geht ſchon aus ihrem Begriff die Mangelhaftig- keit des einzelnen Rechtsgeſchäfts hervor, gegen welches Reſtitution geſucht wird. Nicht ſo bei der Minderjährigkeit, die nur die allgemeine Möglichkeit mangelhafter Eigen- ſchaften eines Rechtsgeſchäfts begründet, während das wirkliche Daſeyn derſelben erſt aus der Prüfung jedes ein- zelnen Herganges erkannt werden kann (§ 320 Note c). Allerdings muß, wenn eine Reſtitution wegen Zwang oder wegen Minderjährigkeit geſucht wird, die Thatſache des Zwanges eben ſowohl bewieſen werden, als die Thatſache der Minderjährigkeit. Aus dem erwieſenen Zwang aber folgt dann die Mangelhaftigkeit des erzwungenen Geſchäfts von ſelbſt, anſtatt daß aus der erwieſenen Minderjährigkeit noch gar nicht folgt, daß das Geſchäft ein leichtſinniges, unüberlegtes, und deshalb mangelhaftes war, wenngleich es ſich hinterher als nachtheilig in ſeinen Folgen darge- ſtellt hat. Die einzelnen Anwendungen aber auf Verhältniſſe des <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0172" n="150"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/> geſchickt werden, daß hier ein noch freieres richterliches Er-<lb/> meſſen, als bei den meiſten übrigen Reſtitutionsgründen,<lb/> unentbehrlich iſt. Denn bei dieſen (wie bei Zwang, Betrug,<lb/> Irrthum) geht ſchon aus ihrem Begriff die Mangelhaftig-<lb/> keit des einzelnen Rechtsgeſchäfts hervor, gegen welches<lb/> Reſtitution geſucht wird. Nicht ſo bei der Minderjährigkeit,<lb/> die nur die allgemeine Möglichkeit mangelhafter Eigen-<lb/> ſchaften eines Rechtsgeſchäfts begründet, während das<lb/> wirkliche Daſeyn derſelben erſt aus der Prüfung jedes ein-<lb/> zelnen Herganges erkannt werden kann (§ 320 Note <hi rendition="#aq">c</hi>).<lb/> Allerdings muß, wenn eine Reſtitution wegen Zwang oder<lb/> wegen Minderjährigkeit geſucht wird, die Thatſache des<lb/> Zwanges eben ſowohl bewieſen werden, als die Thatſache<lb/> der Minderjährigkeit. Aus dem erwieſenen Zwang aber<lb/> folgt dann die Mangelhaftigkeit des erzwungenen Geſchäfts<lb/> von ſelbſt, anſtatt daß aus der erwieſenen Minderjährigkeit<lb/> noch gar nicht folgt, daß das Geſchäft ein leichtſinniges,<lb/> unüberlegtes, und deshalb mangelhaftes war, wenngleich es<lb/> ſich hinterher als nachtheilig in ſeinen Folgen darge-<lb/> ſtellt hat.</p><lb/> <p>Die einzelnen Anwendungen aber auf Verhältniſſe des<lb/> Sachenrechts, des Obligationenrechts u. ſ. w. ſchließen ſich<lb/> ganz an die, ſchon oben (§ 319) zuſammen geſtellten, allge-<lb/> meinen Regeln an, welche gerade bei der Minderjährigkeit<lb/> vollſtändiger, als bei anderen Reſtitutionsgründen, vorkommen.<lb/> Hier ſind alſo nur noch diejenigen Fälle und Verhältniſſe<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [150/0172]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
geſchickt werden, daß hier ein noch freieres richterliches Er-
meſſen, als bei den meiſten übrigen Reſtitutionsgründen,
unentbehrlich iſt. Denn bei dieſen (wie bei Zwang, Betrug,
Irrthum) geht ſchon aus ihrem Begriff die Mangelhaftig-
keit des einzelnen Rechtsgeſchäfts hervor, gegen welches
Reſtitution geſucht wird. Nicht ſo bei der Minderjährigkeit,
die nur die allgemeine Möglichkeit mangelhafter Eigen-
ſchaften eines Rechtsgeſchäfts begründet, während das
wirkliche Daſeyn derſelben erſt aus der Prüfung jedes ein-
zelnen Herganges erkannt werden kann (§ 320 Note c).
Allerdings muß, wenn eine Reſtitution wegen Zwang oder
wegen Minderjährigkeit geſucht wird, die Thatſache des
Zwanges eben ſowohl bewieſen werden, als die Thatſache
der Minderjährigkeit. Aus dem erwieſenen Zwang aber
folgt dann die Mangelhaftigkeit des erzwungenen Geſchäfts
von ſelbſt, anſtatt daß aus der erwieſenen Minderjährigkeit
noch gar nicht folgt, daß das Geſchäft ein leichtſinniges,
unüberlegtes, und deshalb mangelhaftes war, wenngleich es
ſich hinterher als nachtheilig in ſeinen Folgen darge-
ſtellt hat.
Die einzelnen Anwendungen aber auf Verhältniſſe des
Sachenrechts, des Obligationenrechts u. ſ. w. ſchließen ſich
ganz an die, ſchon oben (§ 319) zuſammen geſtellten, allge-
meinen Regeln an, welche gerade bei der Minderjährigkeit
vollſtändiger, als bei anderen Reſtitutionsgründen, vorkommen.
Hier ſind alſo nur noch diejenigen Fälle und Verhältniſſe
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