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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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§. 316. Begriff der Restitution.
eine sichere Einsicht in die Quellen des Römischen Rechts
gewonnen werden kann (d).

Die eben gerügte Vermischung wesentlich verschiedener
Rechtslehren ist theils veranlaßt, theils befördert oder be-
schönigt worden durch mehrere Stellen Römischer Juristen,
die sich von einem ungenauen Sprachgebrauch nicht ganz
frei gehalten, sondern den Namen der in integrum restitutio
auf Fälle angewendet haben, die diesem eigenthümlichen
Rechtsinstitut in der That nicht angehören. Indem dieser
ungenaue Sprachgebrauch der Quellen selbst hier anerkannt
und nachgewiesen werden soll, muß jedoch die Bemerkung
vorausgeschickt werden, daß man denselben weit übertrieben,
und oft auch da wahrzunehmen geglaubt hat, wo derselbe
in der That nicht zu finden ist.

So kann vor Allem ein ungenauer Sprachgebrauch
durchaus nicht behauptet werden von den sehr zahlreichen
Stellen, worin restituere die das Unrecht aufhebende, und
die gehemmte Ausübung des Rechts herstellende, Handlung
einer dem Berechtigten gegenüber stehenden Privatperson
bezeichnet (§ 315); es mag nun diese Handlung aus ganz
freiem Willen hervorgehen, oder durch eine Aufforderung des

(d) Burchardi § 1 stellt
einen ganz willkürlichen Begriff
von Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand auf, unter welchen
er dann, außer der wahren Re-
stitution, auch die Condictionen,
die actio doli und quod metus
causa,
so wie noch vieles Andere,
zusammenstellt. So nimmt er
nachher auch die zwei zuletzt ge-
nannten Klagen in sein System
der Restitution mit auf. Eine
ausführliche und überzeugende
Widerlegung dieses Verfahrens
findet sich bei Schröter S. 157
bis 169.

§. 316. Begriff der Reſtitution.
eine ſichere Einſicht in die Quellen des Römiſchen Rechts
gewonnen werden kann (d).

Die eben gerügte Vermiſchung weſentlich verſchiedener
Rechtslehren iſt theils veranlaßt, theils befördert oder be-
ſchönigt worden durch mehrere Stellen Römiſcher Juriſten,
die ſich von einem ungenauen Sprachgebrauch nicht ganz
frei gehalten, ſondern den Namen der in integrum restitutio
auf Fälle angewendet haben, die dieſem eigenthümlichen
Rechtsinſtitut in der That nicht angehören. Indem dieſer
ungenaue Sprachgebrauch der Quellen ſelbſt hier anerkannt
und nachgewieſen werden ſoll, muß jedoch die Bemerkung
vorausgeſchickt werden, daß man denſelben weit übertrieben,
und oft auch da wahrzunehmen geglaubt hat, wo derſelbe
in der That nicht zu finden iſt.

So kann vor Allem ein ungenauer Sprachgebrauch
durchaus nicht behauptet werden von den ſehr zahlreichen
Stellen, worin restituere die das Unrecht aufhebende, und
die gehemmte Ausübung des Rechts herſtellende, Handlung
einer dem Berechtigten gegenüber ſtehenden Privatperſon
bezeichnet (§ 315); es mag nun dieſe Handlung aus ganz
freiem Willen hervorgehen, oder durch eine Aufforderung des

(d) Burchardi § 1 ſtellt
einen ganz willkürlichen Begriff
von Wiedereinſetzung in den
vorigen Stand auf, unter welchen
er dann, außer der wahren Re-
ſtitution, auch die Condictionen,
die actio doli und quod metus
causa,
ſo wie noch vieles Andere,
zuſammenſtellt. So nimmt er
nachher auch die zwei zuletzt ge-
nannten Klagen in ſein Syſtem
der Reſtitution mit auf. Eine
ausführliche und überzeugende
Widerlegung dieſes Verfahrens
findet ſich bei Schröter S. 157
bis 169.
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[101/0123] §. 316. Begriff der Reſtitution. eine ſichere Einſicht in die Quellen des Römiſchen Rechts gewonnen werden kann (d). Die eben gerügte Vermiſchung weſentlich verſchiedener Rechtslehren iſt theils veranlaßt, theils befördert oder be- ſchönigt worden durch mehrere Stellen Römiſcher Juriſten, die ſich von einem ungenauen Sprachgebrauch nicht ganz frei gehalten, ſondern den Namen der in integrum restitutio auf Fälle angewendet haben, die dieſem eigenthümlichen Rechtsinſtitut in der That nicht angehören. Indem dieſer ungenaue Sprachgebrauch der Quellen ſelbſt hier anerkannt und nachgewieſen werden ſoll, muß jedoch die Bemerkung vorausgeſchickt werden, daß man denſelben weit übertrieben, und oft auch da wahrzunehmen geglaubt hat, wo derſelbe in der That nicht zu finden iſt. So kann vor Allem ein ungenauer Sprachgebrauch durchaus nicht behauptet werden von den ſehr zahlreichen Stellen, worin restituere die das Unrecht aufhebende, und die gehemmte Ausübung des Rechts herſtellende, Handlung einer dem Berechtigten gegenüber ſtehenden Privatperſon bezeichnet (§ 315); es mag nun dieſe Handlung aus ganz freiem Willen hervorgehen, oder durch eine Aufforderung des (d) Burchardi § 1 ſtellt einen ganz willkürlichen Begriff von Wiedereinſetzung in den vorigen Stand auf, unter welchen er dann, außer der wahren Re- ſtitution, auch die Condictionen, die actio doli und quod metus causa, ſo wie noch vieles Andere, zuſammenſtellt. So nimmt er nachher auch die zwei zuletzt ge- nannten Klagen in ſein Syſtem der Reſtitution mit auf. Eine ausführliche und überzeugende Widerlegung dieſes Verfahrens findet ſich bei Schröter S. 157 bis 169.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/123>, abgerufen am 28.03.2024.