Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung. quae specialem comitantur causam et necessario ad-esse debent, veluti locus et tempus et hujusmodi, quae sunt sollicite attendenda, et sine quibus causa vacua et invalida censeretur. Sed quum est in ge- nere absque alicujus causae declaratione petitum, non sic oportet accepti judicii tempus inspici, quia non requiruntur, nec sunt opportuna, nec attendi possunt hujusmodi comitantia in hoc casu." In diesen Worten ist genau und unzweideutig die Un- (q) Wächter H. 3 S. 122. 123.
faßt die Sache so auf, als sey die Benutzung des neuen Erwerbes auch in dem Fall zulässig, wo aus einem speciellen Erwerbsgrunde ge- klagt wird, wenn nur späterhin "gerade derjenige Erwer- bungsgrund, auf welchen die ding- liche Klage gestützt wird, durch ein späteres Ereigniß begründet wurde;" welches ohne Zweifel so viel heißen soll, als: der spätere wahre Er- werbungsgrund müsse mit dem frü- heren falschen gleichnamig seyn -- denn identisch ist er mit demselben niemals, wie es gerade in den Worten der Decretale sehr richtig anerkannt wird. Wächter beruft sich zum Beweise dieser Behaup- tung auf eine Stelle der Decretale, welche nicht zu der richterlichen und gesetzlichen Entscheidung, son- dern zu den Prozeßacten gehört, also an sich gar nichts beweisen kann. Diese Verwechslung ver- schuldet zunächst Glück, welcher S. 149. 150 gerade diese Stelle der Prozeßacten als das eigentliche Gesetz irrig abdrucken läßt. Aber auch selbst die allegirte Stelle der Prozeßacten hat, genauer angesehen, nicht den von Wächter angenom- menen Inhalt, sondern stimmt ei- gentlich ganz mit der nachfolgenden gesetzlichen Entscheidung überein. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. quae specialem comitantur causam et necessario ad-esse debent, veluti locus et tempus et hujusmodi, quae sunt sollicite attendenda, et sine quibus causa vacua et invalida censeretur. Sed quum est in ge- nere absque alicujus causae declaratione petitum, non sic oportet accepti judicii tempus inspici, quia non requiruntur, nec sunt opportuna, nec attendi possunt hujusmodi comitantia in hoc casu.“ In dieſen Worten iſt genau und unzweideutig die Un- (q) Wächter H. 3 S. 122. 123.
faßt die Sache ſo auf, als ſey die Benutzung des neuen Erwerbes auch in dem Fall zuläſſig, wo aus einem ſpeciellen Erwerbsgrunde ge- klagt wird, wenn nur ſpäterhin „gerade derjenige Erwer- bungsgrund, auf welchen die ding- liche Klage geſtützt wird, durch ein ſpäteres Ereigniß begründet wurde;“ welches ohne Zweifel ſo viel heißen ſoll, als: der ſpätere wahre Er- werbungsgrund müſſe mit dem frü- heren falſchen gleichnamig ſeyn — denn identiſch iſt er mit demſelben niemals, wie es gerade in den Worten der Decretale ſehr richtig anerkannt wird. Wächter beruft ſich zum Beweiſe dieſer Behaup- tung auf eine Stelle der Decretale, welche nicht zu der richterlichen und geſetzlichen Entſcheidung, ſon- dern zu den Prozeßacten gehört, alſo an ſich gar nichts beweiſen kann. Dieſe Verwechſlung ver- ſchuldet zunächſt Glück, welcher S. 149. 150 gerade dieſe Stelle der Prozeßacten als das eigentliche Geſetz irrig abdrucken läßt. Aber auch ſelbſt die allegirte Stelle der Prozeßacten hat, genauer angeſehen, nicht den von Wächter angenom- menen Inhalt, ſondern ſtimmt ei- gentlich ganz mit der nachfolgenden geſetzlichen Entſcheidung überein. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p> <pb facs="#f0090" n="72"/> <fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">quae specialem comitantur causam et necessario ad-<lb/> esse debent, veluti locus et tempus et hujusmodi,<lb/> quae sunt sollicite attendenda, et sine quibus causa<lb/> vacua et invalida censeretur. Sed quum est in ge-<lb/> nere absque alicujus causae declaratione petitum,<lb/> non sic oportet accepti judicii tempus inspici, quia<lb/> non requiruntur, nec sunt opportuna, nec attendi<lb/> possunt hujusmodi comitantia in hoc casu.“</hi> </hi> </p><lb/> <p>In dieſen Worten iſt genau und unzweideutig die Un-<lb/> terſcheidung von zwei Fällen möglicher Abfaſſung der Klage<lb/> (nämlich mit oder ohne Angabe des Erwerbsgrundes für<lb/> das eingeklagte Recht) enthalten, welchen ich oben als In-<lb/> halt des Geſetzes angegeben habe <note place="foot" n="(q)"><hi rendition="#g">Wächter</hi> H. 3 S. 122. 123.<lb/> faßt die Sache ſo auf, als ſey die<lb/> Benutzung des neuen Erwerbes<lb/> auch in dem Fall zuläſſig, wo aus<lb/> einem ſpeciellen Erwerbsgrunde ge-<lb/> klagt wird, wenn nur ſpäterhin<lb/><hi rendition="#g">„gerade derjenige</hi> Erwer-<lb/> bungsgrund, auf welchen die ding-<lb/> liche Klage geſtützt wird, durch ein<lb/> ſpäteres Ereigniß begründet wurde;“<lb/> welches ohne Zweifel ſo viel heißen<lb/> ſoll, als: der ſpätere wahre Er-<lb/> werbungsgrund müſſe mit dem frü-<lb/> heren falſchen gleichnamig ſeyn —<lb/> denn identiſch iſt er mit demſelben<lb/> niemals, wie es gerade in den<lb/> Worten der Decretale ſehr richtig<lb/> anerkannt wird. Wächter beruft<lb/> ſich zum Beweiſe dieſer Behaup-<lb/> tung auf eine Stelle der Decretale,<lb/> welche nicht zu der richterlichen<lb/> und geſetzlichen Entſcheidung, ſon-<lb/> dern zu den Prozeßacten gehört,<lb/> alſo an ſich gar nichts beweiſen<lb/> kann. Dieſe Verwechſlung ver-<lb/> ſchuldet zunächſt <hi rendition="#g">Glück</hi>, welcher<lb/> S. 149. 150 gerade dieſe Stelle der<lb/> Prozeßacten als das eigentliche<lb/> Geſetz irrig abdrucken läßt. Aber<lb/> auch ſelbſt die allegirte Stelle der<lb/> Prozeßacten hat, genauer angeſehen,<lb/> nicht den von Wächter angenom-<lb/> menen Inhalt, ſondern ſtimmt ei-<lb/> gentlich ganz mit der nachfolgenden<lb/> geſetzlichen Entſcheidung überein.</note>. Und dieſe Unter-<lb/> ſcheidung muß daher auch für unſer heutiges gemeines<lb/> Recht maaßgebend ſeyb.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [72/0090]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
quae specialem comitantur causam et necessario ad-
esse debent, veluti locus et tempus et hujusmodi,
quae sunt sollicite attendenda, et sine quibus causa
vacua et invalida censeretur. Sed quum est in ge-
nere absque alicujus causae declaratione petitum,
non sic oportet accepti judicii tempus inspici, quia
non requiruntur, nec sunt opportuna, nec attendi
possunt hujusmodi comitantia in hoc casu.“
In dieſen Worten iſt genau und unzweideutig die Un-
terſcheidung von zwei Fällen möglicher Abfaſſung der Klage
(nämlich mit oder ohne Angabe des Erwerbsgrundes für
das eingeklagte Recht) enthalten, welchen ich oben als In-
halt des Geſetzes angegeben habe (q). Und dieſe Unter-
ſcheidung muß daher auch für unſer heutiges gemeines
Recht maaßgebend ſeyb.
(q) Wächter H. 3 S. 122. 123.
faßt die Sache ſo auf, als ſey die
Benutzung des neuen Erwerbes
auch in dem Fall zuläſſig, wo aus
einem ſpeciellen Erwerbsgrunde ge-
klagt wird, wenn nur ſpäterhin
„gerade derjenige Erwer-
bungsgrund, auf welchen die ding-
liche Klage geſtützt wird, durch ein
ſpäteres Ereigniß begründet wurde;“
welches ohne Zweifel ſo viel heißen
ſoll, als: der ſpätere wahre Er-
werbungsgrund müſſe mit dem frü-
heren falſchen gleichnamig ſeyn —
denn identiſch iſt er mit demſelben
niemals, wie es gerade in den
Worten der Decretale ſehr richtig
anerkannt wird. Wächter beruft
ſich zum Beweiſe dieſer Behaup-
tung auf eine Stelle der Decretale,
welche nicht zu der richterlichen
und geſetzlichen Entſcheidung, ſon-
dern zu den Prozeßacten gehört,
alſo an ſich gar nichts beweiſen
kann. Dieſe Verwechſlung ver-
ſchuldet zunächſt Glück, welcher
S. 149. 150 gerade dieſe Stelle der
Prozeßacten als das eigentliche
Geſetz irrig abdrucken läßt. Aber
auch ſelbſt die allegirte Stelle der
Prozeßacten hat, genauer angeſehen,
nicht den von Wächter angenom-
menen Inhalt, ſondern ſtimmt ei-
gentlich ganz mit der nachfolgenden
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