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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.

Dieser moderne Begriff läßt sich so darstellen:
Die L. C. ist eine einseitige Handlung des Beklagten,
bestehend in der Erklärung desselben auf die in der
Klage aufgestellten Thatsachen, also verschieden von
allen Einreden.

In zwei Stücken weicht diese Auffassung wesentlich ab
von dem R. R.

Erstlich indem sie die L. C. als eine einseitige Hand-
lung des Beklagten ansieht, anstatt daß das R. R. dabei
ein gemeinsames Handeln beider Parteien annimmt, und
sogar vorzugsweise die mitwirkende Thätigkeit des Klägers
mit jenem Namen bezeichnet (§ 257).

Diese Abweichung beruht weniger auf veränderten
Rechtsbegriffen, als auf der veränderten Form des Ver-
fahrens. Bei einem blos schriftlichen Verfahren ist ein ge-
meinsames und gleichzeitiges Handeln der Parteien nicht
möglich, so daß man dabei genöthigt ist, die L. C. von
einer Prozeßhandlung des Beklagten abhängig zu denken,
welche dann mit der vorhergehenden Handlung des Klägers,
dem Inhalt nach, ein Ganzes bildet, eben so wie im R. R.
die gleichzeitigen Reden und Gegenreden beider Parteien.
Daher ist denn auch diese Abweichung den Reichsgesetzen
fremd, welche stets noch ein mündliches Verfahren in Ter-
minen und Audienzen voraussetzen (e).


(e) Artikel des K. G. zu Lindan
etc. von 1500 Art. XIII. § 1. 2
(Neueste Sammlung der R. A.,
Th. 2 S. 75). Anfangs wird so
geredet, als sey die L. C. ein Ge-
schäft des Beklagten. Dann aber
heißt es: "Item, und so der Krieg
also von beyden Theilen be-
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.

Dieſer moderne Begriff läßt ſich ſo darſtellen:
Die L. C. iſt eine einſeitige Handlung des Beklagten,
beſtehend in der Erklärung deſſelben auf die in der
Klage aufgeſtellten Thatſachen, alſo verſchieden von
allen Einreden.

In zwei Stücken weicht dieſe Auffaſſung weſentlich ab
von dem R. R.

Erſtlich indem ſie die L. C. als eine einſeitige Hand-
lung des Beklagten anſieht, anſtatt daß das R. R. dabei
ein gemeinſames Handeln beider Parteien annimmt, und
ſogar vorzugsweiſe die mitwirkende Thätigkeit des Klägers
mit jenem Namen bezeichnet (§ 257).

Dieſe Abweichung beruht weniger auf veränderten
Rechtsbegriffen, als auf der veränderten Form des Ver-
fahrens. Bei einem blos ſchriftlichen Verfahren iſt ein ge-
meinſames und gleichzeitiges Handeln der Parteien nicht
möglich, ſo daß man dabei genöthigt iſt, die L. C. von
einer Prozeßhandlung des Beklagten abhängig zu denken,
welche dann mit der vorhergehenden Handlung des Klägers,
dem Inhalt nach, ein Ganzes bildet, eben ſo wie im R. R.
die gleichzeitigen Reden und Gegenreden beider Parteien.
Daher iſt denn auch dieſe Abweichung den Reichsgeſetzen
fremd, welche ſtets noch ein mündliches Verfahren in Ter-
minen und Audienzen vorausſetzen (e).


(e) Artikel des K. G. zu Lindan
ꝛc. von 1500 Art. XIII. § 1. 2
(Neueſte Sammlung der R. A.,
Th. 2 S. 75). Anfangs wird ſo
geredet, als ſey die L. C. ein Ge-
ſchäft des Beklagten. Dann aber
heißt es: „Item, und ſo der Krieg
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[40/0058] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Dieſer moderne Begriff läßt ſich ſo darſtellen: Die L. C. iſt eine einſeitige Handlung des Beklagten, beſtehend in der Erklärung deſſelben auf die in der Klage aufgeſtellten Thatſachen, alſo verſchieden von allen Einreden. In zwei Stücken weicht dieſe Auffaſſung weſentlich ab von dem R. R. Erſtlich indem ſie die L. C. als eine einſeitige Hand- lung des Beklagten anſieht, anſtatt daß das R. R. dabei ein gemeinſames Handeln beider Parteien annimmt, und ſogar vorzugsweiſe die mitwirkende Thätigkeit des Klägers mit jenem Namen bezeichnet (§ 257). Dieſe Abweichung beruht weniger auf veränderten Rechtsbegriffen, als auf der veränderten Form des Ver- fahrens. Bei einem blos ſchriftlichen Verfahren iſt ein ge- meinſames und gleichzeitiges Handeln der Parteien nicht möglich, ſo daß man dabei genöthigt iſt, die L. C. von einer Prozeßhandlung des Beklagten abhängig zu denken, welche dann mit der vorhergehenden Handlung des Klägers, dem Inhalt nach, ein Ganzes bildet, eben ſo wie im R. R. die gleichzeitigen Reden und Gegenreden beider Parteien. Daher iſt denn auch dieſe Abweichung den Reichsgeſetzen fremd, welche ſtets noch ein mündliches Verfahren in Ter- minen und Audienzen vorausſetzen (e). (e) Artikel des K. G. zu Lindan ꝛc. von 1500 Art. XIII. § 1. 2 (Neueſte Sammlung der R. A., Th. 2 S. 75). Anfangs wird ſo geredet, als ſey die L. C. ein Ge- ſchäft des Beklagten. Dann aber heißt es: „Item, und ſo der Krieg alſo von beyden Theilen be-

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/58>, abgerufen am 03.05.2024.