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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Beilage XVI.

Alle diese Ausleger sind also mit der vorliegenden Stelle
des Schriftstellers in hohem Grade unzufrieden, und
würden es sich ganz wohl gefallen lassen, wenn es gelänge,
durch eine neue Erklärung die Widersprüche zu beseitigen,
durch deren Annahme sie zu so harten Urtheilen über den
alten Juristen bestimmt wurden.

Hienach soll der folgende Versuch nicht dazu dienen,
in der Lehre von der Rechtskraft eine eigene neue Lehre
zu rechtfertigen, oder eine fremde Lehre zu bekämpfen. Er
ist vielmehr dazu bestimmt, erstlich für den Verfasser der
Stelle als Ehrenrettung zu dienen, zweitens das unheim-
liche Gefühl zu entfernen, welches unvermeidlich zurück
bleibt, wenn in der Mitte der klarsten und reichhaltigsten
Stelle über die Rechtskraft eine Reihe von Äußerungen
sich findet, die als unzusammenhangend, schwankend, oder
sogar als völlig widersprechend anerkannt werden müßten.

Nach dieser Vorbereitung lasse ich den Text unserer
Stelle mit den nöthigen Erklärungen folgen.

Princ. Si quis, cum totum petisset, partem petat:
exceptio rei judicatae nocet; nam pars in toto est: eadem
enim res accipitur, etsi pars petatur ejus, quod totum
petitum est. Nec interest, utrum in corpore hoc quae-
ratur, an in quantitate, vel in jure. Proinde si quis
fundum petierit, deinde partem petat, vel pro diviso, vel
pro indiviso: dicendum erit, exceptionem obstare. Proinde
etsi proponas mihi, certum locum me petere ex eo fundo,
quem petii, obstabit exceptio. Idem erit probandum, etsi

Beilage XVI.

Alle dieſe Ausleger ſind alſo mit der vorliegenden Stelle
des Schriftſtellers in hohem Grade unzufrieden, und
würden es ſich ganz wohl gefallen laſſen, wenn es gelänge,
durch eine neue Erklärung die Widerſprüche zu beſeitigen,
durch deren Annahme ſie zu ſo harten Urtheilen über den
alten Juriſten beſtimmt wurden.

Hienach ſoll der folgende Verſuch nicht dazu dienen,
in der Lehre von der Rechtskraft eine eigene neue Lehre
zu rechtfertigen, oder eine fremde Lehre zu bekämpfen. Er
iſt vielmehr dazu beſtimmt, erſtlich für den Verfaſſer der
Stelle als Ehrenrettung zu dienen, zweitens das unheim-
liche Gefühl zu entfernen, welches unvermeidlich zurück
bleibt, wenn in der Mitte der klarſten und reichhaltigſten
Stelle über die Rechtskraft eine Reihe von Äußerungen
ſich findet, die als unzuſammenhangend, ſchwankend, oder
ſogar als völlig widerſprechend anerkannt werden müßten.

Nach dieſer Vorbereitung laſſe ich den Text unſerer
Stelle mit den nöthigen Erklärungen folgen.

Princ. Si quis, cum totum petisset, partem petat:
exceptio rei judicatae nocet; nam pars in toto est: eadem
enim res accipitur, etsi pars petatur ejus, quod totum
petitum est. Nec interest, utrum in corpore hoc quae-
ratur, an in quantitate, vel in jure. Proinde si quis
fundum petierit, deinde partem petat, vel pro diviso, vel
pro indiviso: dicendum erit, exceptionem obstare. Proinde
etsi proponas mihi, certum locum me petere ex eo fundo,
quem petii, obstabit exceptio. Idem erit probandum, etsi

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[504/0522] Beilage XVI. Alle dieſe Ausleger ſind alſo mit der vorliegenden Stelle des Schriftſtellers in hohem Grade unzufrieden, und würden es ſich ganz wohl gefallen laſſen, wenn es gelänge, durch eine neue Erklärung die Widerſprüche zu beſeitigen, durch deren Annahme ſie zu ſo harten Urtheilen über den alten Juriſten beſtimmt wurden. Hienach ſoll der folgende Verſuch nicht dazu dienen, in der Lehre von der Rechtskraft eine eigene neue Lehre zu rechtfertigen, oder eine fremde Lehre zu bekämpfen. Er iſt vielmehr dazu beſtimmt, erſtlich für den Verfaſſer der Stelle als Ehrenrettung zu dienen, zweitens das unheim- liche Gefühl zu entfernen, welches unvermeidlich zurück bleibt, wenn in der Mitte der klarſten und reichhaltigſten Stelle über die Rechtskraft eine Reihe von Äußerungen ſich findet, die als unzuſammenhangend, ſchwankend, oder ſogar als völlig widerſprechend anerkannt werden müßten. Nach dieſer Vorbereitung laſſe ich den Text unſerer Stelle mit den nöthigen Erklärungen folgen. Princ. Si quis, cum totum petisset, partem petat: exceptio rei judicatae nocet; nam pars in toto est: eadem enim res accipitur, etsi pars petatur ejus, quod totum petitum est. Nec interest, utrum in corpore hoc quae- ratur, an in quantitate, vel in jure. Proinde si quis fundum petierit, deinde partem petat, vel pro diviso, vel pro indiviso: dicendum erit, exceptionem obstare. Proinde etsi proponas mihi, certum locum me petere ex eo fundo, quem petii, obstabit exceptio. Idem erit probandum, etsi

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/522>, abgerufen am 22.07.2024.