Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.§. 292. Rechtskraft der Gründe. (Fortsetzung.) andere Fälle, die mit dem eben dargestellten Fall des imUrtheil enthaltenen Rechnungsfehlers mehr oder weniger verwandt sind, und daher irrigerweise von manchen Schrift- stellern auf gleiche Linie gestellt werden. Ein Rechnungsfehler nämlich kann auch außer einem (o) Von einem Fall solcher Art
handelt L. un. C. de err. cal- culi (2. 5). Zweifelhaft ist die Be- deutung von Paulus V. 5 A. § 11. "Ratio calculi saepius se pa- titur supputari, atque ideo potest quocunque tempore re- tractari, si non longo tempore evanescat." Die Anfangsworte sind ganz ähnlich gefaßt, wie die angeführte Stelle des Codex ("unde rationes etiam saepe computa- tas denuo tractari posse"), und können daher gleichfalls auf außer- gerichtliche Rechtsgeschäfte bezogen werden. Aber die Worte quocun- que tempore retractari scheinen die Nothwendigkeit der zu beob- achtenden Appellationsfrist vernei- nen zu wollen, und dann müßte Paulus den Fall des im Ur- theil enthaltenen Rechnungsfehlers (Note i.) vor Augen gehabt haben. §. 292. Rechtskraft der Gründe. (Fortſetzung.) andere Fälle, die mit dem eben dargeſtellten Fall des imUrtheil enthaltenen Rechnungsfehlers mehr oder weniger verwandt ſind, und daher irrigerweiſe von manchen Schrift- ſtellern auf gleiche Linie geſtellt werden. Ein Rechnungsfehler nämlich kann auch außer einem (o) Von einem Fall ſolcher Art
handelt L. un. C. de err. cal- culi (2. 5). Zweifelhaft iſt die Be- deutung von Paulus V. 5 A. § 11. „Ratio calculi saepius se pa- titur supputari, atque ideo potest quocunque tempore re- tractari, si non longo tempore evanescat.“ Die Anfangsworte ſind ganz ähnlich gefaßt, wie die angeführte Stelle des Codex („unde rationes etiam saepe computa- tas denuo tractari posse“), und können daher gleichfalls auf außer- gerichtliche Rechtsgeſchäfte bezogen werden. Aber die Worte quocun- que tempore retractari ſcheinen die Nothwendigkeit der zu beob- achtenden Appellationsfriſt vernei- nen zu wollen, und dann müßte Paulus den Fall des im Ur- theil enthaltenen Rechnungsfehlers (Note i.) vor Augen gehabt haben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0399" n="381"/><fw place="top" type="header">§. 292. Rechtskraft der Gründe. (Fortſetzung.)</fw><lb/> andere Fälle, die mit dem eben dargeſtellten Fall des im<lb/> Urtheil enthaltenen Rechnungsfehlers mehr oder weniger<lb/> verwandt ſind, und daher irrigerweiſe von manchen Schrift-<lb/> ſtellern auf gleiche Linie geſtellt werden.</p><lb/> <p>Ein Rechnungsfehler nämlich kann auch außer einem<lb/> Rechtsſtreit, in Rechtsgeſchäften verſchiedener Art vorkom-<lb/> men, und dann zu einer Anfechtung des Geſchäfts Anlaß<lb/> geben. Wenn z. B. eine aus mehreren Poſten beſtehende<lb/> Kaufmannsrechnung falſch ſummirt wird, und deshalb der<lb/> Käufer mehr bezahlt, als er ſchuldig iſt, ſo kann er die<lb/> Überzahlung mit einer <hi rendition="#aq">condictio indebiti</hi> zurückfordern.<lb/> Bei dieſem Rechtsſtreit kann ein Vergleich, ſo wie ein<lb/> rechtskräftiges Urtheil vorkommen <note place="foot" n="(o)">Von einem Fall ſolcher Art<lb/> handelt <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">L. un. C. de err. cal-<lb/> culi</hi></hi> (2. 5). Zweifelhaft iſt die Be-<lb/> deutung von <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Paulus</hi> V. 5 A. § 11.<lb/> „Ratio calculi saepius se pa-<lb/> titur supputari, atque ideo<lb/> potest quocunque tempore re-<lb/> tractari, si non longo tempore<lb/> evanescat.“</hi> Die Anfangsworte<lb/> ſind ganz ähnlich gefaßt, wie die<lb/> angeführte Stelle des Codex (<hi rendition="#aq">„unde<lb/> rationes etiam saepe computa-<lb/> tas denuo tractari posse“),</hi> und<lb/> können daher gleichfalls auf außer-<lb/> gerichtliche Rechtsgeſchäfte bezogen<lb/> werden. Aber die Worte <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">quocun-<lb/> que tempore</hi> retractari</hi> ſcheinen<lb/> die Nothwendigkeit der zu beob-<lb/> achtenden Appellationsfriſt vernei-<lb/> nen zu wollen, und dann müßte<lb/><hi rendition="#g">Paulus</hi> den Fall des im Ur-<lb/> theil enthaltenen Rechnungsfehlers<lb/> (Note <hi rendition="#aq">i.</hi>) vor Augen gehabt haben.</note>; aber alle dieſe Fol-<lb/> gen, die ſich an einen urſprünglich außergerichtlichen Rech-<lb/> nungsfehler anknüpfen, haben mit der oben aufgeſtellten<lb/> Regel von dem im Urtheil enthaltenen Rechnungsfehler<lb/> Nichts gemein. — Ferner kann der Rechnungsfehler zwar<lb/> einem Urtheil zum Grunde liegen, jedoch ſo, daß er nicht<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [381/0399]
§. 292. Rechtskraft der Gründe. (Fortſetzung.)
andere Fälle, die mit dem eben dargeſtellten Fall des im
Urtheil enthaltenen Rechnungsfehlers mehr oder weniger
verwandt ſind, und daher irrigerweiſe von manchen Schrift-
ſtellern auf gleiche Linie geſtellt werden.
Ein Rechnungsfehler nämlich kann auch außer einem
Rechtsſtreit, in Rechtsgeſchäften verſchiedener Art vorkom-
men, und dann zu einer Anfechtung des Geſchäfts Anlaß
geben. Wenn z. B. eine aus mehreren Poſten beſtehende
Kaufmannsrechnung falſch ſummirt wird, und deshalb der
Käufer mehr bezahlt, als er ſchuldig iſt, ſo kann er die
Überzahlung mit einer condictio indebiti zurückfordern.
Bei dieſem Rechtsſtreit kann ein Vergleich, ſo wie ein
rechtskräftiges Urtheil vorkommen (o); aber alle dieſe Fol-
gen, die ſich an einen urſprünglich außergerichtlichen Rech-
nungsfehler anknüpfen, haben mit der oben aufgeſtellten
Regel von dem im Urtheil enthaltenen Rechnungsfehler
Nichts gemein. — Ferner kann der Rechnungsfehler zwar
einem Urtheil zum Grunde liegen, jedoch ſo, daß er nicht
(o) Von einem Fall ſolcher Art
handelt L. un. C. de err. cal-
culi (2. 5). Zweifelhaft iſt die Be-
deutung von Paulus V. 5 A. § 11.
„Ratio calculi saepius se pa-
titur supputari, atque ideo
potest quocunque tempore re-
tractari, si non longo tempore
evanescat.“ Die Anfangsworte
ſind ganz ähnlich gefaßt, wie die
angeführte Stelle des Codex („unde
rationes etiam saepe computa-
tas denuo tractari posse“), und
können daher gleichfalls auf außer-
gerichtliche Rechtsgeſchäfte bezogen
werden. Aber die Worte quocun-
que tempore retractari ſcheinen
die Nothwendigkeit der zu beob-
achtenden Appellationsfriſt vernei-
nen zu wollen, und dann müßte
Paulus den Fall des im Ur-
theil enthaltenen Rechnungsfehlers
(Note i.) vor Augen gehabt haben.
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