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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
aus dem Urtheil selbst erhellt, sondern erst von uns hinter-
her als Anfechtungsgrund geltend gemacht wird, indem wir
eine andere Rechnung aufstellen, als die, welche den Rich-
ter, nach unsrer Voraussetzung, zu seiner Entscheidung be-
stimmt hat. Dieses ist der Gegenstand einer gewöhnlichen
Anfechtung des Urtheils durch Appellation (p), und hat
wiederum mit jener Regel Nichts gemein. Es müssen da-
her die verschiedenen Beziehungen, in welchen ein Rech-
nungsfehler vorkommen und Einfluß haben kann, genau
unterschieden werden.

In unmittelbarer Verbindung mit der Regel, nach
welcher der Rechnungsfehler niemals in Rechtskraft über-
gehen kann (Note i.), wird von Macer die andere Regel
aufgestellt, daß es auch dann gegen ein Urtheil keiner Appel-
lation bedürfe, wenn darin der Inhalt einer Kaiserconsti-
tution verletzt werde (q). Man möchte dadurch verleitet
werden, diesen Fall mit dem Fall des Rechnungsfehlers
auf gleiche Linie zu stellen, woraus wieder folgen würde,

(p) Darauf ist zu beziehen
L. 2 C. de re jud. (7. 52.) "Res
judicatae si sub praetextu com-
putationis instaurentur, nullus
erit litium finis,"
welche Stelle,
so verstanden, mit L. 1 § 1 quae
sent.
(Note i.) nicht im Wider-
spruch steht, da sie von einem ganz
anderen Falle spricht. Das ganze
Gewicht liegt auf den Worten sub
praetextu.
In dem, von Macer
in der angeführten Digestenstelle
aufgestellten Falle konnte von einem
praetextus nicht die Rede seyn,
da der bloße Augenschein entschied.
(q) L. 1 § 2 quae sent. (49. 8).
Vgl. L. 27. 32 de re jud. (42. 1),
L. 19 de appell.
(49. 1), woraus
zugleich erhellt, daß die Verletzung
einer Lex, oder eines Senatuscon-
sults hierin auf gleicher Linie stand
mit der Verletzung einer Kaiser-
constitution.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
aus dem Urtheil ſelbſt erhellt, ſondern erſt von uns hinter-
her als Anfechtungsgrund geltend gemacht wird, indem wir
eine andere Rechnung aufſtellen, als die, welche den Rich-
ter, nach unſrer Vorausſetzung, zu ſeiner Entſcheidung be-
ſtimmt hat. Dieſes iſt der Gegenſtand einer gewöhnlichen
Anfechtung des Urtheils durch Appellation (p), und hat
wiederum mit jener Regel Nichts gemein. Es müſſen da-
her die verſchiedenen Beziehungen, in welchen ein Rech-
nungsfehler vorkommen und Einfluß haben kann, genau
unterſchieden werden.

In unmittelbarer Verbindung mit der Regel, nach
welcher der Rechnungsfehler niemals in Rechtskraft über-
gehen kann (Note i.), wird von Macer die andere Regel
aufgeſtellt, daß es auch dann gegen ein Urtheil keiner Appel-
lation bedürfe, wenn darin der Inhalt einer Kaiſerconſti-
tution verletzt werde (q). Man möchte dadurch verleitet
werden, dieſen Fall mit dem Fall des Rechnungsfehlers
auf gleiche Linie zu ſtellen, woraus wieder folgen würde,

(p) Darauf iſt zu beziehen
L. 2 C. de re jud. (7. 52.) „Res
judicatae si sub praetextu com-
putationis instaurentur, nullus
erit litium finis,“
welche Stelle,
ſo verſtanden, mit L. 1 § 1 quae
sent.
(Note i.) nicht im Wider-
ſpruch ſteht, da ſie von einem ganz
anderen Falle ſpricht. Das ganze
Gewicht liegt auf den Worten sub
praetextu.
In dem, von Macer
in der angeführten Digeſtenſtelle
aufgeſtellten Falle konnte von einem
praetextus nicht die Rede ſeyn,
da der bloße Augenſchein entſchied.
(q) L. 1 § 2 quae sent. (49. 8).
Vgl. L. 27. 32 de re jud. (42. 1),
L. 19 de appell.
(49. 1), woraus
zugleich erhellt, daß die Verletzung
einer Lex, oder eines Senatuscon-
ſults hierin auf gleicher Linie ſtand
mit der Verletzung einer Kaiſer-
conſtitution.
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[382/0400] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. aus dem Urtheil ſelbſt erhellt, ſondern erſt von uns hinter- her als Anfechtungsgrund geltend gemacht wird, indem wir eine andere Rechnung aufſtellen, als die, welche den Rich- ter, nach unſrer Vorausſetzung, zu ſeiner Entſcheidung be- ſtimmt hat. Dieſes iſt der Gegenſtand einer gewöhnlichen Anfechtung des Urtheils durch Appellation (p), und hat wiederum mit jener Regel Nichts gemein. Es müſſen da- her die verſchiedenen Beziehungen, in welchen ein Rech- nungsfehler vorkommen und Einfluß haben kann, genau unterſchieden werden. In unmittelbarer Verbindung mit der Regel, nach welcher der Rechnungsfehler niemals in Rechtskraft über- gehen kann (Note i.), wird von Macer die andere Regel aufgeſtellt, daß es auch dann gegen ein Urtheil keiner Appel- lation bedürfe, wenn darin der Inhalt einer Kaiſerconſti- tution verletzt werde (q). Man möchte dadurch verleitet werden, dieſen Fall mit dem Fall des Rechnungsfehlers auf gleiche Linie zu ſtellen, woraus wieder folgen würde, (p) Darauf iſt zu beziehen L. 2 C. de re jud. (7. 52.) „Res judicatae si sub praetextu com- putationis instaurentur, nullus erit litium finis,“ welche Stelle, ſo verſtanden, mit L. 1 § 1 quae sent. (Note i.) nicht im Wider- ſpruch ſteht, da ſie von einem ganz anderen Falle ſpricht. Das ganze Gewicht liegt auf den Worten sub praetextu. In dem, von Macer in der angeführten Digeſtenſtelle aufgeſtellten Falle konnte von einem praetextus nicht die Rede ſeyn, da der bloße Augenſchein entſchied. (q) L. 1 § 2 quae sent. (49. 8). Vgl. L. 27. 32 de re jud. (42. 1), L. 19 de appell. (49. 1), woraus zugleich erhellt, daß die Verletzung einer Lex, oder eines Senatuscon- ſults hierin auf gleicher Linie ſtand mit der Verletzung einer Kaiſer- conſtitution.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/400>, abgerufen am 22.11.2024.