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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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§. 257. Wesen der L. C. -- I. R. R.

Lis enim tunc contestata videtur, cum judex per
narrationem negotii causam audire coeperit."

Aus dieser Stelle haben zuerst Manche beweisen wollen,
die L. C. sey nicht vor dem Prätor, sondern vor dem Judex
vollzogen worden (Note m), eine Meinung, die schon oben
widerlegt worden ist. Es kommt also darauf an, den
Schein zu entfernen, der allerdings in der Stelle für diese
Meinung enthalten ist, indem zu der Zeit, worin dieselbe
niedergeschrieben wurde, der Formularprozeß noch in voller
Kraft bestand.

Einige sagen, die Kaiser hätten die oben angegebene
Natur der vor dem Magistratus vollzogenen L. C. bezeich-
nen wollen, und unter dem judex den Magistratus ver-
standen (p). Diese Erklärung ist nicht anzunehmen, denn
obgleich der Ausdruck judex nicht selten diese Bedeutung
hat, so können ihn doch unmöglich die Kaiser, wenn ihnen
das ordinarium judicium vor Augen stand, in dieser ano-
malen Bedeutung (für den Magistratus) gebrauchen, wo-
durch sie fast unvermeidlich mißverstanden werden mußten.

Andere nehmen an, die Kaiser hätten wirklich den Ma-
gistratus genannt, und die Stelle habe nur durch eine
durchgreifende Interpolation ihre gegenwärtige Gestalt er-
halten (q). Zu einer solchen Interpolation kann ich ein

(p) So die bei Keller § 5
Note 5 angeführten Schriftsteller. --
Ganz unbefriedigend scheint mir die
Erklärung von Zimmern Rechts-
geschichte B. 3 § 119 Note 13:
"Die L. C. ist bereits eingetreten,
wenn das Judicium erst begonnen
hat." Ein solcher Schluß der
Stelle würde mit dem Anfang in
gar keinem Zusammenhang stehen.
(q) Keller § 5.
VI. 2

§. 257. Weſen der L. C. — I. R. R.

Lis enim tunc contestata videtur, cum judex per
narrationem negotii causam audire coeperit.“

Aus dieſer Stelle haben zuerſt Manche beweiſen wollen,
die L. C. ſey nicht vor dem Prätor, ſondern vor dem Judex
vollzogen worden (Note m), eine Meinung, die ſchon oben
widerlegt worden iſt. Es kommt alſo darauf an, den
Schein zu entfernen, der allerdings in der Stelle für dieſe
Meinung enthalten iſt, indem zu der Zeit, worin dieſelbe
niedergeſchrieben wurde, der Formularprozeß noch in voller
Kraft beſtand.

Einige ſagen, die Kaiſer hätten die oben angegebene
Natur der vor dem Magiſtratus vollzogenen L. C. bezeich-
nen wollen, und unter dem judex den Magiſtratus ver-
ſtanden (p). Dieſe Erklärung iſt nicht anzunehmen, denn
obgleich der Ausdruck judex nicht ſelten dieſe Bedeutung
hat, ſo können ihn doch unmöglich die Kaiſer, wenn ihnen
das ordinarium judicium vor Augen ſtand, in dieſer ano-
malen Bedeutung (für den Magiſtratus) gebrauchen, wo-
durch ſie faſt unvermeidlich mißverſtanden werden mußten.

Andere nehmen an, die Kaiſer hätten wirklich den Ma-
giſtratus genannt, und die Stelle habe nur durch eine
durchgreifende Interpolation ihre gegenwärtige Geſtalt er-
halten (q). Zu einer ſolchen Interpolation kann ich ein

(p) So die bei Keller § 5
Note 5 angeführten Schriftſteller. —
Ganz unbefriedigend ſcheint mir die
Erklärung von Zimmern Rechts-
geſchichte B. 3 § 119 Note 13:
„Die L. C. iſt bereits eingetreten,
wenn das Judicium erſt begonnen
hat.“ Ein ſolcher Schluß der
Stelle würde mit dem Anfang in
gar keinem Zuſammenhang ſtehen.
(q) Keller § 5.
VI. 2
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[17/0035] §. 257. Weſen der L. C. — I. R. R. Lis enim tunc contestata videtur, cum judex per narrationem negotii causam audire coeperit.“ Aus dieſer Stelle haben zuerſt Manche beweiſen wollen, die L. C. ſey nicht vor dem Prätor, ſondern vor dem Judex vollzogen worden (Note m), eine Meinung, die ſchon oben widerlegt worden iſt. Es kommt alſo darauf an, den Schein zu entfernen, der allerdings in der Stelle für dieſe Meinung enthalten iſt, indem zu der Zeit, worin dieſelbe niedergeſchrieben wurde, der Formularprozeß noch in voller Kraft beſtand. Einige ſagen, die Kaiſer hätten die oben angegebene Natur der vor dem Magiſtratus vollzogenen L. C. bezeich- nen wollen, und unter dem judex den Magiſtratus ver- ſtanden (p). Dieſe Erklärung iſt nicht anzunehmen, denn obgleich der Ausdruck judex nicht ſelten dieſe Bedeutung hat, ſo können ihn doch unmöglich die Kaiſer, wenn ihnen das ordinarium judicium vor Augen ſtand, in dieſer ano- malen Bedeutung (für den Magiſtratus) gebrauchen, wo- durch ſie faſt unvermeidlich mißverſtanden werden mußten. Andere nehmen an, die Kaiſer hätten wirklich den Ma- giſtratus genannt, und die Stelle habe nur durch eine durchgreifende Interpolation ihre gegenwärtige Geſtalt er- halten (q). Zu einer ſolchen Interpolation kann ich ein (p) So die bei Keller § 5 Note 5 angeführten Schriftſteller. — Ganz unbefriedigend ſcheint mir die Erklärung von Zimmern Rechts- geſchichte B. 3 § 119 Note 13: „Die L. C. iſt bereits eingetreten, wenn das Judicium erſt begonnen hat.“ Ein ſolcher Schluß der Stelle würde mit dem Anfang in gar keinem Zuſammenhang ſtehen. (q) Keller § 5. VI. 2

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/35>, abgerufen am 23.11.2024.