Allerdings finden sich in den Aussprüchen der alten Juristen über diese neuere Einrede der Rechtskraft einzelne Äußerungen eingemischt, die nur aus dem alten Institut der Klagenconsumtion zu erklären sind; diese zufällig erhal- tenen Spuren aber sind so einzeln und unzusammenhängend, daß wir sie erst verstehen gelernt haben, seitdem uns jenes Institut durch die Institutionen des Gajus bekannt ge- worden ist. Es gehört dahin hauptsächlich die Erwähnung einer replicatio rei judicatae, wodurch in manchen Fällen die exceptio gleiches Namens entkräftet werden soll (Note k). Hier ist allerdings die exceptio nur von dem alten Insti- tut der negativen Function zu verstehen, und die Auf- nahme solcher Stellen in die Digesten wäre besser unter- blieben, da die Schwierigkeit, zu deren Lösung sie bestimmt sind, ohnehin verschwunden war. Indessen war diese Auf- nahme praktisch ungefährlich, indem daraus kein Zweifel über die letzte Entscheidung irgend eines streitigen Rechts- verhältnisses abgeleitet werden kann.
§. 283. Rechtskraft des Urtheils. Geschichte. (Fortsetzung.)
Die Entdeckung der Einrede der Rechtskraft in ihren zwei verwandten, aber verschiedenen, Gestalten oder Functio- nen ist das glänzende Verdienst des Werks von Keller(a). Auch soll man nicht versuchen, dieses Verdienst durch die Bemerkung zu verkleinern, seit der Bekanntmachung der
(a)Keller § 28. 29. 30.
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
Allerdings finden ſich in den Ausſprüchen der alten Juriſten über dieſe neuere Einrede der Rechtskraft einzelne Äußerungen eingemiſcht, die nur aus dem alten Inſtitut der Klagenconſumtion zu erklären ſind; dieſe zufällig erhal- tenen Spuren aber ſind ſo einzeln und unzuſammenhängend, daß wir ſie erſt verſtehen gelernt haben, ſeitdem uns jenes Inſtitut durch die Inſtitutionen des Gajus bekannt ge- worden iſt. Es gehört dahin hauptſächlich die Erwähnung einer replicatio rei judicatae, wodurch in manchen Fällen die exceptio gleiches Namens entkräftet werden ſoll (Note k). Hier iſt allerdings die exceptio nur von dem alten Inſti- tut der negativen Function zu verſtehen, und die Auf- nahme ſolcher Stellen in die Digeſten wäre beſſer unter- blieben, da die Schwierigkeit, zu deren Löſung ſie beſtimmt ſind, ohnehin verſchwunden war. Indeſſen war dieſe Auf- nahme praktiſch ungefährlich, indem daraus kein Zweifel über die letzte Entſcheidung irgend eines ſtreitigen Rechts- verhältniſſes abgeleitet werden kann.
§. 283. Rechtskraft des Urtheils. Geſchichte. (Fortſetzung.)
Die Entdeckung der Einrede der Rechtskraft in ihren zwei verwandten, aber verſchiedenen, Geſtalten oder Functio- nen iſt das glänzende Verdienſt des Werks von Keller(a). Auch ſoll man nicht verſuchen, dieſes Verdienſt durch die Bemerkung zu verkleinern, ſeit der Bekanntmachung der
(a)Keller § 28. 29. 30.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0298"n="280"/><fwplace="top"type="header">Buch <hirendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hirendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/><p>Allerdings finden ſich in den Ausſprüchen der alten<lb/>
Juriſten über dieſe neuere Einrede der Rechtskraft einzelne<lb/>
Äußerungen eingemiſcht, die nur aus dem alten Inſtitut<lb/>
der Klagenconſumtion zu erklären ſind; dieſe zufällig erhal-<lb/>
tenen Spuren aber ſind ſo einzeln und unzuſammenhängend,<lb/>
daß wir ſie erſt verſtehen gelernt haben, ſeitdem uns jenes<lb/>
Inſtitut durch die Inſtitutionen des <hirendition="#g">Gajus</hi> bekannt ge-<lb/>
worden iſt. Es gehört dahin hauptſächlich die Erwähnung<lb/>
einer <hirendition="#aq">replicatio rei judicatae,</hi> wodurch in manchen Fällen<lb/>
die <hirendition="#aq">exceptio</hi> gleiches Namens entkräftet werden ſoll (Note <hirendition="#aq">k</hi>).<lb/>
Hier iſt allerdings die <hirendition="#aq">exceptio</hi> nur von dem alten Inſti-<lb/>
tut der negativen Function zu verſtehen, und die Auf-<lb/>
nahme ſolcher Stellen in die Digeſten wäre beſſer unter-<lb/>
blieben, da die Schwierigkeit, zu deren Löſung ſie beſtimmt<lb/>ſind, ohnehin verſchwunden war. Indeſſen war dieſe Auf-<lb/>
nahme praktiſch ungefährlich, indem daraus kein Zweifel<lb/>
über die letzte Entſcheidung irgend eines ſtreitigen Rechts-<lb/>
verhältniſſes abgeleitet werden kann.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 283.<lb/><hirendition="#g">Rechtskraft des Urtheils. Geſchichte. (Fortſetzung.)</hi></head><lb/><p>Die Entdeckung der Einrede der Rechtskraft in ihren<lb/>
zwei verwandten, aber verſchiedenen, Geſtalten oder Functio-<lb/>
nen iſt das glänzende Verdienſt des Werks von <hirendition="#g">Keller</hi><noteplace="foot"n="(a)"><hirendition="#g">Keller</hi> § 28. 29. 30.</note>.<lb/>
Auch ſoll man nicht verſuchen, dieſes Verdienſt durch die<lb/>
Bemerkung zu verkleinern, ſeit der Bekanntmachung der<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[280/0298]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
Allerdings finden ſich in den Ausſprüchen der alten
Juriſten über dieſe neuere Einrede der Rechtskraft einzelne
Äußerungen eingemiſcht, die nur aus dem alten Inſtitut
der Klagenconſumtion zu erklären ſind; dieſe zufällig erhal-
tenen Spuren aber ſind ſo einzeln und unzuſammenhängend,
daß wir ſie erſt verſtehen gelernt haben, ſeitdem uns jenes
Inſtitut durch die Inſtitutionen des Gajus bekannt ge-
worden iſt. Es gehört dahin hauptſächlich die Erwähnung
einer replicatio rei judicatae, wodurch in manchen Fällen
die exceptio gleiches Namens entkräftet werden ſoll (Note k).
Hier iſt allerdings die exceptio nur von dem alten Inſti-
tut der negativen Function zu verſtehen, und die Auf-
nahme ſolcher Stellen in die Digeſten wäre beſſer unter-
blieben, da die Schwierigkeit, zu deren Löſung ſie beſtimmt
ſind, ohnehin verſchwunden war. Indeſſen war dieſe Auf-
nahme praktiſch ungefährlich, indem daraus kein Zweifel
über die letzte Entſcheidung irgend eines ſtreitigen Rechts-
verhältniſſes abgeleitet werden kann.
§. 283.
Rechtskraft des Urtheils. Geſchichte. (Fortſetzung.)
Die Entdeckung der Einrede der Rechtskraft in ihren
zwei verwandten, aber verſchiedenen, Geſtalten oder Functio-
nen iſt das glänzende Verdienſt des Werks von Keller (a).
Auch ſoll man nicht verſuchen, dieſes Verdienſt durch die
Bemerkung zu verkleinern, ſeit der Bekanntmachung der
(a) Keller § 28. 29. 30.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/298>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.