Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung. d. h. die Fiction der Wahrheit, auch selbst des ungerechtenUrtheils, in seiner allgemeinen durchgreifenden Natur be- sonders deutlich ausgesprochen wird. L. 25 de statu hom. (1. 5) (Ulpian.) Ingenuum accipere debemus etiam eum, de quo sen- tentia lata est quamvis fuerit libertinus: quia res ju- dicata pro veritate accipitur(d). L. 3 pr. de agnosc. (25. 3) (Ulpian.) verbunden mit L. 1 § 16 eod. Plane si denuntiante muliere negaverit ex se esse praegnantem .. non evitabit quo minus quaeratur, an ex eo mulier praegnans sit. Quae causa si fuerit acta apud judicem, et pronuntiaverit ... in ea causa est, ut agnosci debeat, sive filius non fuit, sive fuit, esse suum ... Sive contra pronuntiaverit, non fore (d) Der letzte Satz dieser Stelle,
welcher die Fiction der Wahrheit unmittelbar ausdrückt (res judi- cata pro veritate accipitur), ist als Doppelstelle noch an einem anderen Ort in die Digesten auf- genommen. L. 207 de R. J. (50. 17). -- Es muß jedoch bemerkt werden, daß Ulpian in dieser ganzen Stelle ursprünglich gar nicht von der Rechtskraft in unse- rem Sinne (von der exceptio rei judicatae), d. h. von einem wie- derholten Rechtsstreit über die jetzt abgeurtheilte Frage, sprechen wollte. Die Lex Julia hatte die Ehe der freigebornen Männer mit ehrlosen Frauen verboten. Hierauf bezieht sich der Ausspruch des Ulpian, daß eine solche Ehe auch dem frei- gelassenen Manne unmöglich sey, wenn derselbe durch ein irriges, aber rechtskräftiges Urtheil für einen Freigebornen erklärt worden war. Im Zusammenhang des Justinianischen Rechts indessen muß die Stelle von der eigentlichen Rechtskraft verstanden werden, worauf auch ihr energischer Aus- druck sehr gut paßt. Besonders die in einen anderen Theil der Digesten eingerückte Doppelstelle macht diese Deutung unzweifel- haft. -- Vgl. über diese Stelle § 301 n. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. d. h. die Fiction der Wahrheit, auch ſelbſt des ungerechtenUrtheils, in ſeiner allgemeinen durchgreifenden Natur be- ſonders deutlich ausgeſprochen wird. L. 25 de statu hom. (1. 5) (Ulpian.) Ingenuum accipere debemus etiam eum, de quo sen- tentia lata est quamvis fuerit libertinus: quia res ju- dicata pro veritate accipitur(d). L. 3 pr. de agnosc. (25. 3) (Ulpian.) verbunden mit L. 1 § 16 eod. Plane si denuntiante muliere negaverit ex se esse praegnantem .. non evitabit quo minus quaeratur, an ex eo mulier praegnans sit. Quae causa si fuerit acta apud judicem, et pronuntiaverit … in ea causa est, ut agnosci debeat, sive filius non fuit, sive fuit, esse suum … Sive contra pronuntiaverit, non fore (d) Der letzte Satz dieſer Stelle,
welcher die Fiction der Wahrheit unmittelbar ausdrückt (res judi- cata pro veritate accipitur), iſt als Doppelſtelle noch an einem anderen Ort in die Digeſten auf- genommen. L. 207 de R. J. (50. 17). — Es muß jedoch bemerkt werden, daß Ulpian in dieſer ganzen Stelle urſprünglich gar nicht von der Rechtskraft in unſe- rem Sinne (von der exceptio rei judicatae), d. h. von einem wie- derholten Rechtsſtreit über die jetzt abgeurtheilte Frage, ſprechen wollte. Die Lex Julia hatte die Ehe der freigebornen Männer mit ehrloſen Frauen verboten. Hierauf bezieht ſich der Ausſpruch des Ulpian, daß eine ſolche Ehe auch dem frei- gelaſſenen Manne unmöglich ſey, wenn derſelbe durch ein irriges, aber rechtskräftiges Urtheil für einen Freigebornen erklärt worden war. Im Zuſammenhang des Juſtinianiſchen Rechts indeſſen muß die Stelle von der eigentlichen Rechtskraft verſtanden werden, worauf auch ihr energiſcher Aus- druck ſehr gut paßt. Beſonders die in einen anderen Theil der Digeſten eingerückte Doppelſtelle macht dieſe Deutung unzweifel- haft. — Vgl. über dieſe Stelle § 301 n. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0292" n="274"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/> d. h. die Fiction der Wahrheit, auch ſelbſt des ungerechten<lb/> Urtheils, in ſeiner allgemeinen durchgreifenden Natur be-<lb/> ſonders deutlich ausgeſprochen wird.</p><lb/> <list> <item><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 25 <hi rendition="#i">de statu hom.</hi> (1. 5) (<hi rendition="#k">Ulpian</hi>.)<lb/><hi rendition="#et">Ingenuum accipere debemus etiam eum, de quo sen-<lb/> tentia lata est quamvis fuerit libertinus: quia <hi rendition="#i">res ju-<lb/> dicata pro veritate accipitur</hi></hi></hi><note place="foot" n="(d)">Der letzte Satz dieſer Stelle,<lb/> welcher die Fiction der Wahrheit<lb/> unmittelbar ausdrückt (<hi rendition="#aq">res judi-<lb/> cata pro veritate accipitur</hi>),<lb/> iſt als Doppelſtelle noch an einem<lb/> anderen Ort in die Digeſten auf-<lb/> genommen. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 207 <hi rendition="#i">de R. J.</hi></hi> (50.<lb/> 17). — Es muß jedoch bemerkt<lb/> werden, daß <hi rendition="#g">Ulpian</hi> in dieſer<lb/> ganzen Stelle urſprünglich gar<lb/> nicht von der Rechtskraft in unſe-<lb/> rem Sinne (von der <hi rendition="#aq">exceptio rei<lb/> judicatae</hi>), d. h. von einem wie-<lb/> derholten Rechtsſtreit über die jetzt<lb/> abgeurtheilte Frage, ſprechen wollte.<lb/> Die <hi rendition="#aq">Lex Julia</hi> hatte die Ehe der<lb/> freigebornen Männer mit ehrloſen<lb/> Frauen verboten. Hierauf bezieht<lb/> ſich der Ausſpruch des <hi rendition="#g">Ulpian</hi>,<lb/> daß eine ſolche Ehe auch dem frei-<lb/> gelaſſenen Manne unmöglich ſey,<lb/> wenn derſelbe durch ein irriges,<lb/> aber rechtskräftiges Urtheil für<lb/> einen Freigebornen erklärt worden<lb/> war. Im Zuſammenhang des<lb/> Juſtinianiſchen Rechts indeſſen muß<lb/> die Stelle von der eigentlichen<lb/> Rechtskraft verſtanden werden,<lb/> worauf auch ihr energiſcher Aus-<lb/> druck ſehr gut paßt. Beſonders<lb/> die in einen anderen Theil der<lb/> Digeſten eingerückte Doppelſtelle<lb/> macht dieſe Deutung unzweifel-<lb/> haft. — Vgl. über dieſe Stelle<lb/> § 301 <hi rendition="#aq">n.</hi></note>.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 3 <hi rendition="#i">pr. de agnosc.</hi> (25. 3) (<hi rendition="#k">Ulpian</hi>.)</hi> verbunden mit<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1 § 16 <hi rendition="#i">eod.</hi></hi></item><lb/> <item> <hi rendition="#aq">Plane si denuntiante muliere negaverit ex se esse<lb/> praegnantem .. non evitabit quo minus quaeratur,<lb/> an ex eo mulier praegnans sit. Quae causa si fuerit<lb/> acta apud judicem, et pronuntiaverit … in ea causa<lb/> est, ut agnosci debeat, sive filius non fuit, sive fuit,<lb/> esse suum … Sive contra pronuntiaverit, non fore</hi><lb/> </item> </list> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [274/0292]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
d. h. die Fiction der Wahrheit, auch ſelbſt des ungerechten
Urtheils, in ſeiner allgemeinen durchgreifenden Natur be-
ſonders deutlich ausgeſprochen wird.
L. 25 de statu hom. (1. 5) (Ulpian.)
Ingenuum accipere debemus etiam eum, de quo sen-
tentia lata est quamvis fuerit libertinus: quia res ju-
dicata pro veritate accipitur (d).
L. 3 pr. de agnosc. (25. 3) (Ulpian.) verbunden mit
L. 1 § 16 eod.
Plane si denuntiante muliere negaverit ex se esse
praegnantem .. non evitabit quo minus quaeratur,
an ex eo mulier praegnans sit. Quae causa si fuerit
acta apud judicem, et pronuntiaverit … in ea causa
est, ut agnosci debeat, sive filius non fuit, sive fuit,
esse suum … Sive contra pronuntiaverit, non fore
(d) Der letzte Satz dieſer Stelle,
welcher die Fiction der Wahrheit
unmittelbar ausdrückt (res judi-
cata pro veritate accipitur),
iſt als Doppelſtelle noch an einem
anderen Ort in die Digeſten auf-
genommen. L. 207 de R. J. (50.
17). — Es muß jedoch bemerkt
werden, daß Ulpian in dieſer
ganzen Stelle urſprünglich gar
nicht von der Rechtskraft in unſe-
rem Sinne (von der exceptio rei
judicatae), d. h. von einem wie-
derholten Rechtsſtreit über die jetzt
abgeurtheilte Frage, ſprechen wollte.
Die Lex Julia hatte die Ehe der
freigebornen Männer mit ehrloſen
Frauen verboten. Hierauf bezieht
ſich der Ausſpruch des Ulpian,
daß eine ſolche Ehe auch dem frei-
gelaſſenen Manne unmöglich ſey,
wenn derſelbe durch ein irriges,
aber rechtskräftiges Urtheil für
einen Freigebornen erklärt worden
war. Im Zuſammenhang des
Juſtinianiſchen Rechts indeſſen muß
die Stelle von der eigentlichen
Rechtskraft verſtanden werden,
worauf auch ihr energiſcher Aus-
druck ſehr gut paßt. Beſonders
die in einen anderen Theil der
Digeſten eingerückte Doppelſtelle
macht dieſe Deutung unzweifel-
haft. — Vgl. über dieſe Stelle
§ 301 n.
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