Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.§. 282. Rechtskraft. Geschichte. (Fortsetzung.) erwähnt. Man könnte Dieses so deuten, als ob dieser letzteGrundsatz überhaupt erst nach der Zeit des Gajus ent- standen, ihm selbst also unbekannt gewesen wäre. Diese Annahme jedoch wird durch die Wahrnehmung völlig wider- legt, daß die Einrede in ihrer positiven Function (als Auf- rechthaltung des Inhalts eines jeden Urtheils) ganz be- stimmt in einer Digestenstelle aus Gajus vorkommt (b), ja sogar schon von Julian anerkannt wird, in einem Zeugniß, das aus seinen Schriften Ulpian anführt (c). Dieser scheinbare Widerspruch löst sich auf befriedigende Weise, wenn man annimmt, daß neben der alten, längst ausgebildeten Consumtion auch schon die Fiction der Wahr- heit des Urtheils (d. h. die Einrede in ihrer positiven Function) lange vor Gajus in einzelnen Entscheidungen angewendet wurde, daß sie aber zu seiner Zeit noch nicht in der Rechtstheorie so ausgebildet und grundsätzlich aner- kannt war, daß er nöthig gefunden hätte, dieselbe in seinen Institutionen als ein besonderes Rechtsinstitut neben der Consumtion zu erwähnen. Für die Einrede in ihrer positiven Funktion bedarf es (b) L. 15 de exc. r. j. (44. 2.) (c) L. 40 § de proc. (3. 3). -- Vgl. Keller S. 230. 231. VI. 18
§. 282. Rechtskraft. Geſchichte. (Fortſetzung.) erwähnt. Man könnte Dieſes ſo deuten, als ob dieſer letzteGrundſatz überhaupt erſt nach der Zeit des Gajus ent- ſtanden, ihm ſelbſt alſo unbekannt geweſen wäre. Dieſe Annahme jedoch wird durch die Wahrnehmung völlig wider- legt, daß die Einrede in ihrer poſitiven Function (als Auf- rechthaltung des Inhalts eines jeden Urtheils) ganz be- ſtimmt in einer Digeſtenſtelle aus Gajus vorkommt (b), ja ſogar ſchon von Julian anerkannt wird, in einem Zeugniß, das aus ſeinen Schriften Ulpian anführt (c). Dieſer ſcheinbare Widerſpruch löſt ſich auf befriedigende Weiſe, wenn man annimmt, daß neben der alten, längſt ausgebildeten Conſumtion auch ſchon die Fiction der Wahr- heit des Urtheils (d. h. die Einrede in ihrer poſitiven Function) lange vor Gajus in einzelnen Entſcheidungen angewendet wurde, daß ſie aber zu ſeiner Zeit noch nicht in der Rechtstheorie ſo ausgebildet und grundſätzlich aner- kannt war, daß er nöthig gefunden hätte, dieſelbe in ſeinen Inſtitutionen als ein beſonderes Rechtsinſtitut neben der Conſumtion zu erwähnen. Für die Einrede in ihrer poſitiven Funktion bedarf es (b) L. 15 de exc. r. j. (44. 2.) (c) L. 40 § de proc. (3. 3). — Vgl. Keller S. 230. 231. VI. 18
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§. 282. Rechtskraft. Geſchichte. (Fortſetzung.)
erwähnt. Man könnte Dieſes ſo deuten, als ob dieſer letzte
Grundſatz überhaupt erſt nach der Zeit des Gajus ent-
ſtanden, ihm ſelbſt alſo unbekannt geweſen wäre. Dieſe
Annahme jedoch wird durch die Wahrnehmung völlig wider-
legt, daß die Einrede in ihrer poſitiven Function (als Auf-
rechthaltung des Inhalts eines jeden Urtheils) ganz be-
ſtimmt in einer Digeſtenſtelle aus Gajus vorkommt (b),
ja ſogar ſchon von Julian anerkannt wird, in einem
Zeugniß, das aus ſeinen Schriften Ulpian anführt (c).
Dieſer ſcheinbare Widerſpruch löſt ſich auf befriedigende
Weiſe, wenn man annimmt, daß neben der alten, längſt
ausgebildeten Conſumtion auch ſchon die Fiction der Wahr-
heit des Urtheils (d. h. die Einrede in ihrer poſitiven
Function) lange vor Gajus in einzelnen Entſcheidungen
angewendet wurde, daß ſie aber zu ſeiner Zeit noch nicht
in der Rechtstheorie ſo ausgebildet und grundſätzlich aner-
kannt war, daß er nöthig gefunden hätte, dieſelbe in ſeinen
Inſtitutionen als ein beſonderes Rechtsinſtitut neben der
Conſumtion zu erwähnen.
Für die Einrede in ihrer poſitiven Funktion bedarf es
beſonderer Beweiſe inſofern nicht, als die ganze folgende
Darſtellung nichts Anderes iſt, als die vollſtändige Ent-
wickelung gerade des Grundſatzes, der in ihr zur Geltung
gebracht wird. Ich will aber hier diejenigen Zeugniſſe der
alten Juriſten zuſammen ſtellen, worin jener Grundſatz,
(b) L. 15 de exc. r. j. (44. 2.)
(c) L. 40 § de proc. (3. 3). — Vgl. Keller S. 230. 231.
VI. 18
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