Erwägt man nun das oben erörterte Verhältniß beider Einschränkungen zu einander, so ergiebt sich daraus das folgende practische Resultat.
1. Wenn die Ursache des Untergangs mit dem unrecht- mäßigen Besitz des Beklagten dergestalt zusammenhängt, daß ohne diesen Besitz der Untergang selbst gar nicht erfolgt wäre, so ist unbedingt Entschädigung zu leisten, und es kommt in diesem Fall nicht darauf an, ob der Kläger die Sache hätte verkaufen können (m).
2. Im entgegengesetzten Fall ist zwar auch in der Regel Entschädigung zu leisten, jedoch nur weil es dem Kläger möglich gewesen wäre, durch rechtzeitigen Ver- kauf den Verlust von sich abzuwenden. Eben deshalb fällt die Entschädigung hinweg, wenn der Beklagte beweist, daß ein Verkauf gewiß nicht Statt gefunden hätte.
Nimmt man dieses Verhältniß zwischen beiden Sätzen an, so erscheint dann das, welches als eine zweite Ein- schränkung oben aufgefaßt und geprüft wurde, vielmehr als eine Ausnahme der ersten, nunmehr einzigen, Ein- schränkung der strengen Verpflichtung des Beklagten. Beide Sätze lassen sich alsdann in die gemeinsame Formel zusammen fassen, deren Natürlichkeit und Billigkeit nicht zu verkennen ist: die strenge Verbindlichkeit des Beklagten zum Ersatz
(m) Die erläuternden Beispiele für diesen und den folgenden Fall sind aus der Note g zu entnehmen.
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
Erwägt man nun das oben erörterte Verhältniß beider Einſchränkungen zu einander, ſo ergiebt ſich daraus das folgende practiſche Reſultat.
1. Wenn die Urſache des Untergangs mit dem unrecht- mäßigen Beſitz des Beklagten dergeſtalt zuſammenhängt, daß ohne dieſen Beſitz der Untergang ſelbſt gar nicht erfolgt wäre, ſo iſt unbedingt Entſchädigung zu leiſten, und es kommt in dieſem Fall nicht darauf an, ob der Kläger die Sache hätte verkaufen können (m).
2. Im entgegengeſetzten Fall iſt zwar auch in der Regel Entſchädigung zu leiſten, jedoch nur weil es dem Kläger möglich geweſen wäre, durch rechtzeitigen Ver- kauf den Verluſt von ſich abzuwenden. Eben deshalb fällt die Entſchädigung hinweg, wenn der Beklagte beweiſt, daß ein Verkauf gewiß nicht Statt gefunden hätte.
Nimmt man dieſes Verhältniß zwiſchen beiden Sätzen an, ſo erſcheint dann das, welches als eine zweite Ein- ſchränkung oben aufgefaßt und geprüft wurde, vielmehr als eine Ausnahme der erſten, nunmehr einzigen, Ein- ſchränkung der ſtrengen Verpflichtung des Beklagten. Beide Sätze laſſen ſich alsdann in die gemeinſame Formel zuſammen faſſen, deren Natürlichkeit und Billigkeit nicht zu verkennen iſt: die ſtrenge Verbindlichkeit des Beklagten zum Erſatz
(m) Die erläuternden Beiſpiele für dieſen und den folgenden Fall ſind aus der Note g zu entnehmen.
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
Erwägt man nun das oben erörterte Verhältniß beider
Einſchränkungen zu einander, ſo ergiebt ſich daraus das
folgende practiſche Reſultat.
1. Wenn die Urſache des Untergangs mit dem unrecht-
mäßigen Beſitz des Beklagten dergeſtalt zuſammenhängt,
daß ohne dieſen Beſitz der Untergang ſelbſt gar nicht
erfolgt wäre, ſo iſt unbedingt Entſchädigung zu leiſten,
und es kommt in dieſem Fall nicht darauf an, ob der
Kläger die Sache hätte verkaufen können (m).
2. Im entgegengeſetzten Fall iſt zwar auch in der Regel
Entſchädigung zu leiſten, jedoch nur weil es dem
Kläger möglich geweſen wäre, durch rechtzeitigen Ver-
kauf den Verluſt von ſich abzuwenden. Eben deshalb
fällt die Entſchädigung hinweg, wenn der Beklagte
beweiſt, daß ein Verkauf gewiß nicht Statt gefunden
hätte.
Nimmt man dieſes Verhältniß zwiſchen beiden Sätzen
an, ſo erſcheint dann das, welches als eine zweite Ein-
ſchränkung oben aufgefaßt und geprüft wurde, vielmehr als
eine Ausnahme der erſten, nunmehr einzigen, Ein-
ſchränkung der ſtrengen Verpflichtung des Beklagten.
Beide Sätze laſſen ſich alsdann in die gemeinſame Formel
zuſammen faſſen, deren Natürlichkeit und Billigkeit nicht zu
verkennen iſt:
die ſtrenge Verbindlichkeit des Beklagten zum Erſatz
(m) Die erläuternden Beiſpiele für dieſen und den folgenden Fall
ſind aus der Note g zu entnehmen.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/214>, abgerufen am 17.02.2025.
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